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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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doch sicher schwul, oder?«, sagte Anna, auf einmal nicht mehr so selbstbewusst.
    »Sie glauben, ich bin schwul? Weil ich Designer bin … halten Sie mich für schwul?« Sie konnte nicht sagen, ob das Funkeln in seinen Augen Wut oder Belustigung verriet.
    »Ich dachte …«
    Es war Belustigung. Er warf den Kopf zurück und lachte.
    » Nebunatico! Sie dummes Mädchen – o nein, nein, nein, Anna. Ich bin nicht schwul.«
    Anna sah hoch zu diesem großen, rumänischen Kerl, der auf einmal als nichtschwul völlig neu eingeordnet war, und zog ihren Morgenmantel etwas fester um sich. Gott, er hatte ihre Brüste angefasst. Wie peinlich!
    Vladimir Darq zog einen Mundwinkel hoch, während er sie musterte.
    »Glauben Sie mir, Anna, wenn ich Sie gewollt hätte, dann wären Sie nicht in Sicherheit. Ich bin ein sehr gefährlicher Hetero . Und jetzt hören Sie bitte auf zu lächeln und lassen Sie Maria Ihr Make-up machen.« Und dann stieß er selbst ein » la dracu « aus, während er sich entfernte, um Leonid von ihrem Gespräch zu berichten, der in diesem Augenblick ein paar große, schirmförmige Reflektoren aufbaute. Anna hörte die beiden zusammen lachen, und sie kochte innerlich vor Wut, während Maria ihr Gesicht in Angriff nahm. Jane kam mit einem Kaffee für sie, aber Maria wollte sie ihn nicht trinken lassen.
    »Ich muss mich entschuldigen, aber ich habe das eben mit angehört«, gestand Jane. »Wer ist denn Tony?«
    »Mein Verlobter«, antwortete Anna mit einem schweren Seufzer. »Na ja, zumindest denke ich, dass er noch immer mein Verlobter ist. Er ist am Tag nach dem Valentinstag mit seiner jungen Aushilfe durchgebrannt, die in seinem Friseursalon arbeitet.«
    »Ein tolles Timing suchen sich die Männer dafür immer aus, stimmt’s? Ich habe letztes Jahr an Weihnachten den Laufpass bekommen.«
    »Den Laufpass bekommen – Sie?«, fragte Anna ungläubig. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass jemand einer so umwerfenden Frau wie der, die hier vor ihr stand, den Laufpass gab.
    »Aber es ist schon okay so«, sagte Jane mit einem schiefen Grinsen. »Ich konnte mich an Bruce’ Schulter ausweinen, und, na ja, seitdem sind wir zusammen.«
    »Wirklich?« Anna stöhnte entzückt auf. »Dann sind Sie bei der Arbeit aber sehr professionell, denn darauf wäre ich nie gekommen.«
    »Genau das wollten wir ja auch«, sagte Jane augenzwinkernd. »Aber lassen Sie sich nicht täuschen. Zuhause ist er ein echter Tiger. Zufälligerweise ist mein Laufpass-Bursche an Silvester wie der sprichwörtliche falsche Fuffziger vor meiner Haustür aufgetaucht, und es hat mir richtig gutgetan, ihn in die Gosse zu treten.«
    »Eins a!«, lachte Anna. Sie fragte sich, ob ihr eigener »Laufpass-Bursche« vielleicht vor ihrer Haustür aufgetaucht war, während sie hier war.
    »Waren Sie sehr verletzt?«, fragte Jane leise.
    »Am Boden zerstört«, sagte Anna. »Lange Zeit wusste ich einfach nicht, wie ich mit diesem ganzen Schmerz fertigwerden sollte. Es hat höllisch wehgetan.«
    »Und wie geht es Ihnen jetzt? Heilt die Zeit wirklich alle Wunden, wie es so schön heißt?«
    »In den ersten Wochen nicht, nein«, antwortete Anna. Sie dachte zurück an dieses entsetzliche Meer des Schmerzes, in dem sie einfach kein Land sehen, geschweige denn darauf zuschwimmen konnte. »Aber jetzt habe ich wieder halbwegs festen Boden unter den Füßen, auch wenn ich ab und zu noch immer eine schlechte Phase durchmache. Mit diesen Dreharbeiten hier ziehen sich die Wochenenden nicht mehr so endlos und einsam hin, und die Frauen, mit denen ich tagsüber zusammenarbeite, sind fantastisch und wirklich eine große Hilfe. Es ist sehr seltsam, da wir alle unterschiedlich alt sind, aber wir verstehen uns trotzdem prächtig. Das Alter spielt gar keine Rolle.«
    »Ach, das ist ja interessant.« Jane schien auf einmal ganz Ohr. »Wo arbeiten Sie denn?«
    »In der Unternehmenszentrale der White Rose Stores im Industriegebiet Eastings. Ich bin dort in der Backwaren-Abteilung angestellt.«
    Maria nahm jetzt Annas Frisur in Angriff, bauschte sie zu einem riesigen, der Schwerkraft trotzenden Turm auf.
    »Meinen Sie, Sie würden ihn wieder nehmen?«, fragte Jane, halb gebannt von Marias Künsten.
    »Ja, ich glaube, das würde ich«, sagte Anna. Das Gehirn, das eigentlich all die Gemeinheiten ausspeien sollte, die er sich geleistet hatte – sich zum Beispiel einfach zu verpissen, als sie ihre Fehlgeburt hatte –, dachte ärgerlicherweise vielmehr an all seine positiven Seiten: seine

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