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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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irgendetwas zugestoßen sein, war verflogen und zu etwas geworden, was er selbst nicht einordnen konnte. Sein eigener Vater . Er konnte das alles noch gar nicht fassen. Im Augenblick wollte er sich nur um seine Mum kümmern. Er wollte nicht über seinen Vater nachdenken.
    »Nein, Paul, ich will nicht ins …«
    »Doch, Mum, du fährst. Keine Diskussion.«
    »Ich komme mit und helfe dir«, sagte Christie.
    Grace zog ihre Kleidung fester um sich, als sie sah, dass sie völlig verrutscht war.
    Paul schüttelte den Kopf. Es war, als sei er aus dieser Welt gehoben und in eine völlig andere versetzt worden, in der nichts mehr Sinn ergab.
    »Der Krankenwagen ist da«, rief Niki aus der Diele. Er konnte die lächelnde, elegante Dame, die ihren fröhlichen kleinen Enkel an der Hand hielt, in diesem armen, bemitleidenswerten, nur halb bekleideten Geschöpf, das er dort eben gesehen hatte, kaum wiedererkennen. Er wollte am liebsten mit der Faust gegen die tadellos verputzte weiße Wand hinter sich schlagen. Wie konnte ein Mann einer solch entzückenden Frau so etwas nur antun? Seiner eigenen Frau?
    Der Sanitäter und der Arzt begannen, Grace sanft aus dem Haus zu führen, aber ihre Beine waren so steif, dass sie sie schließlich doch in den Rollstuhl setzen mussten, den sie für sie mitgebracht hatten.
    Paul war dabei, die Fragen des jungen Constable zu beantworten, aber jetzt wollte er gern damit aufhören, um seine Mutter zu begleiten.
    »Bleib, Paul, hilf der Polizei«, sagte Grace.
    »Du kannst doch nicht allein ins Krankenhaus fahren, Mum.«
    »Christie, kommst du mit?« Es war reiner Instinkt. Sie wollte eine Frau dabeihaben. Eine Freundin. Sie wollte Christie Somers.
    »Soll ich mitkommen, Liebes?« Christie stürzte zu ihr hin.
    »Bitte«, sagte Grace.
    »Ich komme in meinem Wagen nach«, sagte Christie. »Niki, kannst du den Mädchen im Büro Bescheid geben, dass ich heute nicht mehr zurückkommen werde?«
    »Natürlich«, sagte Niki.
    »Ich werde nachkommen, sobald ich kann, sagen Sie das meiner Mum«, rief Paul Christie zu. Die Polizei würde noch eine Weile im Haus beschäftigt sein, und er würde die zertrümmerte Haustür richten müssen. Wenigstens konnte er diese praktischen Dinge für sie erledigen, damit sie eine Sorge weniger hatte. Er musste sich mit irgendetwas beschäftigen, bevor er völlig den Verstand verlor.
    Inzwischen war die Verstärkungseinheit eingetroffen, um Gordon aufs Revier zu bringen. Ein Kleintransporter mit einem vergitterten Laderaum, vor dem ihm graute, als er einsteigen musste. »Ich bin doch kein Tier«, empörte er sich.
    Aber zuerst fuhr der Krankenwagen langsam ab, gefolgt von Christie in ihrem Wagen. Selbst Niki zitterte, als er bei den Mädchen im Büro anrief.
    Im Krankenhaus ließ Grace zu, dass man ihr verletztes Gesicht fotografierte, obwohl sie immer wieder erklärte, sie wolle keine Anzeige erstatten. Aber diese Entscheidung würde vielleicht gar nicht bei ihr liegen, sagte der Polizist, der kam, um ihre Aussage aufzunehmen. Er erklärte ihr auf eine sehr freundliche und professionelle Weise, dass es sich hier nicht nur um einen häuslichen Zwischenfall gehandelt habe. Diktiert und ihr noch einmal vorgelesen, klang ihre Aussage auf einmal wie die Geschichte irgendeiner armen Seele aus einer billigen Zeitschrift, nicht wie ihre eigene. Sie schämte sich, dass Freunde, Nachbarn und Fremde sie in diesem Zustand gesehen hatten. Trotz allem hatte Grace nichts davon gesagt, dass sie auch mit Medikamenten betäubt worden war. Sie wollte Gordons Namen vor seinen Kindern nicht noch mehr beschmutzen, als er es selbst schon getan hatte, aber dann machte eine Schwester ein paar Blutuntersuchungen, und Grace begriff, dass das volle Ausmaß seines Tuns vermutlich ohnehin ans Licht kommen würde.
    Als Laura eintraf, brach sie beim Anblick der Verletzungen ihrer Mutter in Tränen aus. Wie bei Paul schwankten auch ihre Emotionen zwischen Wut und Erleichterung, Verwirrung und Hass.
    »Du kannst nicht mehr zurück in dieses Haus. Du musst jetzt erst einmal bei Joe und mir wohnen.«
    »Ich werde nicht mehr dorthin zurückkehren, keine Sorge«, sagte Grace. »Aber ich werde nicht zu euch ziehen. Ich werde für eine Weile bei Christie wohnen.«
    Ihr Sohn und ihre Tochter protestierten sanft, aber so sehr Grace sie auch liebte, wollte sie doch lieber die großzügige, unkomplizierte Gesellschaft von Christie Somers. Sie wusste nicht, warum sie sich an eine Frau um Hilfe wandte, die sie eigentlich

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