Ein Kerl macht noch keinen Sommer
erklärte Anna.
»Vielleicht hat er seine Tage. Vollmond«, kicherte Bruce, bis Jane ihm zum Spaß einen Klaps gab.
»Aber Sie sehen wirklich anders aus.« Jane lächelte. »So aufrecht und kess. Und schlanker. Haben Sie abgenommen?«
»Kann nicht sein, oder?«, sagte Anna. »Er lässt mich ja nicht. Ich habe mich heute Morgen auf die Waage gestellt, und ich wiege genauso viel wie in jeder anderen Woche auch.«
»Dann sind diese Dinger ja wirklich fantastisch«, lächelte Jane. »Ich glaube, Sie wurden vom Darq-Zauber getroffen.«
»Wir wollen heute Abend noch ein paar Aufnahmen von Ihnen in diesem Bodyshaper und dann in ein paar Korsetts im gehobeneren Preissegment machen, liebe Anna«, sagte Mark. »Leonid muss hier irgendwo herumhängen, das heißt, wir könnten jetzt ein paar Standfotos machen.«
Anna schlüpfte aus ihren Kleidern und in ihren Morgenmantel. Inzwischen kam ihr das alles so natürlich vor. Die Crew hatte alles von ihr gesehen und war dennoch geistig gesund geblieben. Es war eigentlich nicht anders, als sich am Strand bis auf den Bikini auszuziehen, dachte sie. Nur dass hier ein Vampir in regelmäßigen Abständen ihren Schlüpfer zurechtrückte.
Maria entfaltete auf ihre mürrische, stille, aber wundervoll effiziente Art ihren Zauber auf Annas Gesicht. Dann kam Vladimir herein, um das »Endprodukt« in Augenschein zu nehmen.
»Sie haben Ihr Lächeln diese Woche gut im Griff«, bemerkte er. »Ich nehme an, Sie haben seit dem Teller nichts mehr von Tony gehört.«
Er war so herrlich hochnäsig, dass Anna am liebsten loskichern wollte, aber sie beherrschte sich.
»Ehrlich gesagt, hat er mir eine Rose dagelassen. Eine silberne. Auf meiner Türschwelle.«
Vladimir baute sich steif vor ihr auf, mit gespreizten Beinen und verschränkten Armen, das Haar eindrucksvoll nach hinten gebunden. Sein Tonfall war sehr säuerlich, als er sprach. »Das werde ich mir merken. Wenn ich das nächste Mal das Herz einer Frau wie ein Stück Dreck behandle, werde ich ihr einfach einen Teller und eine Rose schicken, und schon wird sie mir alles verzeihen.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich ihm verzeihen wür…«
»Vermutlich lebt er noch immer bei diesem anderen Mädchen. Geht noch immer jeden Abend zu ihr nachhause und betrügt sie dann einmal die Woche, indem er Geschenke für Sie vor Ihrer Tür ablegt.«
Autsch! Er versetzte Annas beschwingter Stimmung einen fachmännischen Stich. Mitten ins Herz ihres Egos. Anna spürte, wie ihr Körper in sich zusammensackte, als hätte ihr jemand das Rückgrat gebrochen.
Vladimir stellte Anna unsanft vor sich hin, und als sie den Blick hob, sah sie ihm genau in die Augen.
»Warum tun Leute so etwas?«, zischelte Vladimir auf einmal lautstark vor Leidenschaft. »Warum verkaufen sie sich so billig und fragen sich dann, warum sie sich so unterschätzt fühlen? Das verstehe ich nicht!« Dann fuhr er etwas sanfter fort: »Anna, dieser Tony strahlt Sie mit einem Licht an, und Sie blühen auf, und sobald er es ausschaltet, welken Sie dahin – Sie sind eine emotionale Marionette! Ich will, dass Sie hier fühlen, was Sie wert sind!« Er legte ihr eine Hand flach an die Brust, über ihrem Herzen, und doch war die Geste alles andere als sexuell.
Er hatte natürlich recht. Wenn Tony zurückkam, dann würde sie triumphieren – für kurze Zeit, solange er zwischen ihren Beinen war. Und am Morgen danach? Würde sie sich immer noch groß und stark fühlen, wenn er sich, nachdem er seinen Appetit gestillt hatte, anzog und zu Lynette Bottom und ihren der Schwerkraft trotzenden Brüsten zurückkehrte?
Vladimir nahm Annas Kinn in die Hand und hob es an. Er sah, dass seine Worte angekommen waren, und er war zufrieden – fürs Erste zumindest. Anna gab sich alle Mühe, aufrecht vor ihm zu stehen und das Beben ihrer Lippen zu unterdrücken, so gut sie konnte.
Vladimir rief Mark zu: »Wir können.«
Leonid machte ein paar Aufnahmen von Anna in unterschiedlichen Posen. Und dann schlüpfte Anna in ein paar absolut hinreißende Korsetts aus herrlichen Samt- und schweren Satinstoffen. Vladimir ging nicht sehr sanft mit ihr um, als er sie an diesem Abend zuschnürte, aber sie verschaffte ihm nicht die Befriedigung, sich zu beschweren. Künstlerlaune, vermutete sie, war seine Entschuldigung.
»Und, wie war es für Sie, diese Woche Ihre alten Schlüpfer liegen zu lassen und nur noch den ›Darqone‹ zu tragen?«, fragte Jane für die Kamera.
»Den Leuten ist es auf jeden Fall aufgefallen,
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