Ein Kerl macht noch keinen Sommer
vor dem Friseursalon fallen lassen oder was?«, knurrte Anna.
»Was spielt er bloß für ein Spiel?«, fragte Raychel.
»Wenn ich das wüsste. Aber am Samstagmorgen, als ich heimlich an seinem Salon vorbeigefahren bin, war er zu ihr so wie immer. Hat ihren Arsch begrapscht. Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll.«
Dawn wollte eben schon sagen, sie würde die Geschenke einpacken, damit in seinen Laden stürmen und der anderen Frau sagen, sie solle ihn besser an die Leine nehmen. Aber es war eben leicht, anderen Leuten Beziehungstipps zu geben, und weniger leicht, diese Ratschläge selbst zu beherzigen.
»Und wie geht es dir dabei? Bist du aufgebracht? Oder wütend?«, fragte Christie.
Anna versuchte, sich selbst zu analysieren.
»Ich weiß nicht. Ich glaube, zuerst war ich richtig aufgeregt – voller Vorfreude. Und jetzt bin ich einfach nur sauer, weil ich nicht weiß, was das alles soll.« Sie sagte nicht, dass Vladimir Darqs zärtliche Hand auf ihrem Herzen irgendetwas in ihr verändert und ihr die rosarote Brille, durch die sie diese angeblich ach so aufregende Entwicklung in ihrer und Tonys Beziehung betrachtet hatte, heruntergerissen hatte.
»Klingt für mich, als ob er versucht, mal vorzufühlen, welche Rolle er in deinem Leben noch spielt, nur für den Fall, dass du ihn vergessen hast«, sagte Christie. »Ich kann mich natürlich täuschen, aber es sieht doch alles danach aus, als ob er versucht, dich für seine Rückkehr in Stimmung zu bringen.«
»Wie, du meinst, er überlegt sich wirklich, ob er zu mir zurückkommen soll?«, fragte Anna. »Und dass er mir nicht bloß den Kopf verdrehen will?«
»Pass bloß auf«, warnte Christie sie. »Er schickt dir völlig offensichtliche Liebessymbole. Er führt eindeutig irgendetwas im Schilde.«
»Würdest du ihn denn wiederhaben wollen?«, fragte Grace. »Nach allem, was er dir angetan hat?«
»Jetzt hast du es schon so weit geschafft«, sagte Dawn leise. »Du bist eine völlig andere Frau als die, die auf der Toilette zusammengebrochen ist und sich auf Christies Rock übergeben hat. Würdest du ihn wirklich wiederhaben wollen?«
»Nie im Leben«, sagte Anna. Aber ihre Stimme schwankte eindeutig.
Seltsamerweise klingelte Annas Handy zur Mittagszeit und unterbrach sie in ihren Gedanken an Tony und seine Hand auf Lynette Bottoms Gesäß, während sie in der Kantine geistesabwesend auf einem Rindfleisch-Zwiebel-Sandwich kaute. Es war Vladimir Darq. Ihre Hände zitterten, als sie abnahm.
»Anna, mein Wagen wird Sie am Samstagabend um acht Uhr abholen«, sagte er. »Ich habe etwas für Sie, das ich Ihnen geben will – es wird nicht lange dauern. Es ist kein Teller«, fügte er spitz hinzu. Und dann legte er auf, bevor sie auch nur ein einziges Wort erwidern konnte.
Und als ob das alles für einen Tag nicht geheimnisvoll genug gewesen wäre, benahm sich Christie an diesem Nachmittag ebenfalls sehr seltsam.
»Ja, ich werde mich darum kümmern«, sagte sie leise ins Telefon. »Ich werde schweigen wie ein Grab.« Und dann, als sie Anna in die Abteilung kommen sah, schlug sie rasch einen fröhlichen, beschwingten Ton an. »Ja, wunderbar, Beryl . Wir werden da sein«, sagte sie, bevor sie rasch auflegte.
»Schöne Mittagspause gehabt?«, fragte Christie.
»Äh … ja … ich denke schon«, sagte Anna.
»Gut, gut.« Christie schien irgendetwas durch den Kopf zu gehen. Anna konnte fast hören, wie ihr Gehirn ratterte. »Anna, du könntest mir nicht zufällig einen Gefallen tun? Ich würde dich nicht darum bitten, aber ich habe im Moment einfach so viel um die Ohren.«
»Ja, natürlich, was denn?« Anna nahm an, dass sie sie bitten wollte, Wasser aufzusetzen.
»Könntest du heute Abend auf dem Nachhauseweg bei Boots vorbeischauen und mir … mir ein Boots-Magazin besorgen? Ich will … mir ansehen, was für Essen sie im Angebot haben. Sandwiches. Du kannst eine Stunde früher gehen, damit du deinen Zug nicht verpasst.«
»Ich muss doch deswegen nicht eine Stunde früher gehen …«
»Doch, das geht schon in Ordnung. Eine Stunde früher. Ich bestehe darauf«, sagte Christie entschieden.
»Okay«, sagte Anna völlig verwirrt. Sie nahm es hin, aber sie hatte das Gefühl, dass Christie ein Boots-Magazin ungefähr so dringend brauchte wie ein Bräunungsspray à la Malcolm Spatchcock.
Dawn hatte an diesem Abend um sieben Uhr eine Anprobe in der Weißen Hochzeit. Sie zog das Kleid an, aber sie spürte, dass es sie nicht ein bisschen vom Hocker riss.
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