Ein Kerl macht noch keinen Sommer
einmal zeigen.«
Ben stellte sein Frühstück prompt weg und stürzte sich auf eine kreischende Raychel. Es gab eben doch Wichtigeres als ein warmes Frühstück am Sonntagmorgen.
Zehntes Kapitel
M orgen, Mädels!«, sagte eine fröhliche Christie zu ihrer Truppe von vier Frauen. Es war fünf vor neun am Montagmorgen, und sie blickten trotzdem verstohlen, als würden sie sich verspätet hereinschleichen. Sie brachten sie zum Lachen. Dieser Job war genau das, was sie brauchte. Sie war so froh, dass sie James McAskill gegenüber erwähnt hatte, sie sei auf der Suche nach einem Vollzeitjob. Aber die Damen interessierten sie, jede auf ihre eigene Art; sie schienen alle in ihrer eigenen kleinen Welt zu leben. Grace zum Beispiel. Wie viele Frauen in den Fünfzigern lehnten anständige Angebote zu einer Frühpensionierung denn ab – und das nicht nur einmal, sondern gleich zweimal? Wovor lief sie davon? Und die junge Dawn war eindeutig schizophren. Manchmal strahlte sie wie ein verliebtes junges Mädchen, und im nächsten Augenblick zeigten sich auf ihrem Gesicht alle Sorgen dieser Welt – was war denn bloß los mit ihr? Die kleine Ray war ein Schatz, aber so nervös. Hatte ständig die Fingernägel im Mund, und wenn sie keine Fingernägel mehr hatte, bluteten ihre Finger, wo sie die Haut an den Rändern abriss. Am allermeisten jedoch interessierte sie sich für Anna. War sie je in der Blüte ihrer Jahre gewesen?, fragte sich Christie. Sie sah nicht danach aus. Ein Jammer, wenn das stimmen sollte. Jede Frau sollte eine Zeit haben, in der sie in der Blüte ihrer Jahre war. Jede Frau sollte Tage haben, auf die sie zurückblicken und sagen konnte: »Damals war ich am schönsten.«
»Morgen allerseits.« Malcolm stolzierte durch das Büro. Die Damen erwiderten seinen Gruß höflich genug.
»Morgen, Christie.« Malcolm beugte sich über ihren Schreibtisch. Als Christie aufsah, stand ein Mann vor ihr, der eindeutig noch orangefarbener im Gesicht war als am letzten Freitag. Mahagonifarben sogar. Sie verspürte ein spontanes Bedürfnis, ihn mit ein bisschen Möbelpolitur einzusprühen. Der Ärmste, wusste er denn gar nicht, wie albern er aussah?
»Ich dachte, wir könnten vielleicht zusammen zu Mittag essen. Ich würde Ihnen gern ein paar meiner Ideen für die Abteilung erläutern, die ich nie umsetzen konnte.«
»Ja, natürlich.« Christie hielt eigentlich nicht viel von diesen Firmenmittagessen, aber der Mann gab sich Mühe, freundlich zu sein, und sie konnte ihn schlecht abblitzen lassen, ohne unhöflich zu sein. »Sagen wir, um zwölf in der Kantine?«
»Wir könnten auch zu dem Italiener um die Ecke gehen?«, versuchte er sein Glück.
»Die Kantine ist mir recht«, sagte Christie in einem Ton, der jede Diskussion im Keim erstickte.
»Oh … äh … na dann, in der Kantine.« Er wies mit einem spitzen Finger auf sie. »Schön. Na, dann sehe ich jetzt mal besser nach den Truppen. Bis später.« Er schnalzte mit der Zunge und schlenderte mit einem selbstgefälligen Grinsen zurück zu seinem Büro.
Christie vertiefte sich wieder in ihre Arbeit, sodass sie die vier grinsenden Gesichter der Damen nicht sah, die sich ausmalten, wie ihr Mittagessen mit Orangen-Malcolm wohl verlaufen würde.
Um Punkt zwölf Uhr entdeckte Christie Malcolm an einem Tisch in der Kantine, wo er bereits vor einer großzügigen Portion Hackfleischauflauf mit Salat saß. Sie nahm sich einen Teller Ravioli, bestreute ihn mit Parmesan und setzte sich zu ihm. Er stand höflich auf, während sie Platz nahm.
»Das Essen hier ist gar nicht so übel«, sagte er, ohne etwas von dem Tomatenklecks auf seinem Kinn zu bemerken.
»Ja, sehr gut«, sagte Christie, während sie eine Teigtasche aufspießte.
»Mr. McAskill isst oft hier unten. Das ist ein gutes Zeichen.«
»Ein sehr gutes Zeichen«, pflichtete sie bei.
»Aber ich nehme an, das wissen Sie bereits.«
Christie lenkte das Gespräch von der Richtung ab, in die es Malcolm, so ihr Verdacht, gern steuern wollte. Ihr war durchaus bewusst, dass die Leute nur zu gern erfahren wollten, welcher Art ihre Beziehung zu James war, aber sie hatte nicht die Absicht, ihr Privatleben vor Fremden offenzulegen. Das hier war ein Arbeitsessen, kein Geplauder unter Bekannten.
»Sie sagten, Sie hätten ein paar Ideen«, wechselte sie rasch das Thema.
»Allerdings. Nun ja, James McAskill hält, wie Sie sicher wissen , sehr viel von einem Anreizsystem für die Mitarbeiter. Ich dachte, vielleicht würden Sie ihm das
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