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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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angegebene Adresse Bescheid. Bei der Pauschalreise 6A beginnt die Hinreise jeweils sonntags und dauert bis donnerstags, Abflug in Heathrow vormittags 10 Uhr 30, Ankunft in Moskau 15 Uhr. Dort wird ein Angestellter von Intourist Sie in Empfang nehmen und Ihnen sagen, in welchem Hotel Sie wohnen. Den genauen Abreisetermin können wir Ihnen leider erst dann mitteilen, wenn die Visa bewilligt sind. Danach können auch erst die Hotelzimmer gebucht werden. Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen — es wird alles bestens arrangiert.»
    Sie waren in Hochstimmung, als sie das Reisebüro verließen. Mrs. Harris hatte mit weit größeren bürokratischen Schwierigkeiten gerechnet, insbesondere, was die Fragebogen betraf, doch alles war so glatt und reibungslos vonstatten gegangen, daß die freudige Erregung sowohl über das Einverständnis ihrer Freundin wie auch über die mühelose Bewältigung der vielen Formulare jeden Argwohn bei ihr zerstreute. Dabei hätte es sie mißtrauisch machen müssen, daß alles so glattgelaufen war. Das Leben hatte sie gelehrt, daß man vor allem dann auf der Hut sein mußte, wenn die Dinge zu glattliefen, wenn Wünsche rasch erfüllt wurden oder ehrgeizige Pläne sich im Handumdrehen verwirklichten. Doch schließlich war sie keine Hellseherin und konnte infolgedessen nicht wissen, was mit den Schriftstücken geschah, die sie und Mrs. Butterfield bei Intourist abgegeben hatten.

6

    In einem Kapitel des demnächst erscheinenden Buches von Mr. Geoffrey Lockwood — einem Kapitel, das den Russen bestimmt nicht gefiel - hieß es, die UdSSR sei ein Staat, der partiell von einer Bürokratie lahmgelegt werde, die noch heute nach den gleichen rückständigen Methoden arbeite wie in den Tagen des Peter, der (großen) Katharina und anderer.
    Nicht nur die linke Hand wisse nicht, was die rechte tue, sondern auch der linke Fuß habe keine Ahnung davon, was der rechte täte. Ohne jedes Verantwortungsgefühl betrachte sich jeder Regierungsbezirk als ein kleines, unabhängiges Königreich, in dem die Beamten bis hinauf zum Minister schalteten und walteten, wie es ihnen gerade in den Sinn komme. Die Folge sei, daß jede vernünftige, vom hohen Olymp des Parteipräsidiums ausgehende Anregung zur Lösung irgendwelcher Schwierigkeiten verwässert, ins Gegenteil verkehrt oder boykottiert werde oder für immer im Sumpf der Bürokratie versinke, ehe auch nur die geringste Chance für eine Durchführung bestünde.
    Doch nicht nur das. Von einer kooperativen Zusammenarbeit könne, wie es Mr. Lockwood beißend formulierte, nirgendwo die Rede sein, und das durch Unwissenheit, Dummheit und mangelnde Ausbildung der Beamten bei den Behörden herrschende Chaos verdiene geradezu Bewunderung. Und dann zählte er einige der größeren Fehler auf, die schon wiederholt zu Mißernten oder Engpässen bei der Produktion von Konsumgütern geführt hatten.
    Als , und zwar als wichtigstes, diente der Sowjetunion ihr gigantisches Reisebüro Intourist, das besser funktionierte und leistungsfähiger war als andere derartige Institutionen; allerdings mußte sich Intourist im eigenen Lande mit Problemen abmühen, an denen das Reisebüro selbst keine Schuld trug, beispielsweise mußten die Reisenden feststellen, daß nichts klappte, sobald sie sich auf russischem Boden befanden, angefangen von Hotelzimmern, bestellten Taxis oder Theaterkarten. Auch die Sicherheitsorgane trugen bis zu einem gewissen Grade zu den erwähnten Schwierigkeiten bei. Es sah so aus, als könne jeder Rußland-Besucher bei seiner Rückkehr von irgendwelchen Unzulänglichkeiten berichten.
    Die beiden Frauen hatten das Reisebüro in der Upper Regent Street kaum verlassen, als die zuständigen Mitarbeiter von Intourist sich in dem hinteren abgeteilten und dem Publikum nicht zugänglichen Raum zusammenfanden und sich daranmachten, sich durch die Krakelfüße auf den von Mrs. Harris und Mrs. Butterfield ausgefüllten Formularen hindurchzuwühlen; anschließend wurden die Fragebogen fotokopiert, jeder einzelne Punkt genau geprüft und aus dem ganzen Auszüge hergestellt, die zur Weiterleitung und Erledigung an die verschiedenen zuständigen Stellen bestimmt waren. Mit den Fragebogen würden sich das sowjetische Konsulat und die sowjetische Botschaft in London, die Hauptzentrale von Intourist in Moskau sowie das allmächtige für die Staatssicherheit zuständige KGB befassen, das unverzüglich eine elektronisch übermittelte Fotokopie der

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