Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau
Michailowitsch. Der Befehl lautete, daß sie vom Augenblick der Landung an keine Sekunde allein gelassen werden sollten, und die Berichte, die ich hier vor mir habe, sind durchaus vollständig, vom Aufstehen bis zum...
DUGLIEW: Moment mal. Was war das eben? (Genosse Dugliews Stimme hatte jene bedrohlich sonore Klangfarbe angenommen, die ein unmittelbar bevorstehendes Gewitter ankündigte.) Wollen Sie damit sagen, daß den beiden nicht ein einziges Mal die Möglichkeit gegeben wurde, allein auszugehen, natürlich nicht ohne Beschattung, daß wir sie hätten festnehmen und verhören können?
WORNOW: Aber Genosse, meine Anweisung lautete eindeutig, daß mit ihnen nach Vorschrift 12 verfahren werden sollte. Ihr Gepäck ist durchsucht worden. Es wurde kein Code oder sonst irgend etwas Verdächtiges gefunden. Alle Abhörgeräte im Zimmer sind intakt. Es wurde alles getan, was wir in solchen Fällen zu tun pflegen, damit sie sich eines Vergehens schuldig machen, beispielsweise das Angebot eines vorteilhafteren Wechselkurses, sich auf dem Schwarzen Markt Alkohol und Porno-Magazine zu kaufen oder von ihrer persönlichen Garderobe einiges zu verlockenden Preisen zu veräußern. Im Hinblick auf das... hm... vorgerückte Alter der beiden Personen haben wir von sexuellen Provokationen abgesehen, und so erschien auch der Einsatz von verborgenen Fernsehkameras überflüssig; allerdings haben wir natürlich Infrarotaufnahmen, aus denen hervorgeht, daß sie keine Konterbande, gleich welcher Art, in ihrer Kleidung versteckt hatten. All unsere Lockangebote wurden kurzerhand zurückgewiesen. Im übrigen ist über jeden ihrer Schritte Protokoll geführt worden.
DUGLIEW (der Sturm bricht los): Sie Schwachkopf! Sie Idiot! Sie Tölpel! (Hier folgte eine Reihe russischer Kraftausdrücke, die sich weniger für eine Übersetzung eignen.) Wissen Sie denn nicht, daß es zur Vorschrift 12 einen Anhang A gibt, in dem bestimmt wird, daß verdächtigen Gruppenreisenden ein halber Tag zur freien Verfügung bleiben soll, damit sie Gelegenheit haben, das auszuführen, wozu sie nach Moskau gekommen sind... Sie Kamel! Sie Esel!
WORNOW: Aber Genosse, ein solcher Anhang zur Vorschrift ist mir nicht auf den Schreibtisch gekommen.
DUGLIEW: Sie Stümper! Sie Pfuscher! Sie Einfaltspinsel! Als Beamter des KGB hätten Sie selbst auf den Gedanken kommen können!
WORNOW: Aber Genosse Gregor Michailowitsch, was hätte denn das genützt? Aus meinem Bericht geht hervor, daß die beiden Frauen entweder zu raffiniert sind für uns oder völlig unschuldig. Ich sagte Ihnen ja schon — sie haben jeder Versuchung widerstanden, wie sehr wir uns auch bemühten. Wozu sollte ein Einkaufsbummel gut sein, mit Geheimpolizei an jeder Ecke?
DUGLIEW: Sie Hohlkopf! Sie Kretin! Haben Sie denn noch nie etwas davon gehört, das es praktisch keinen Ausländer, ja, selbst keinen Sowjetbürger gibt, der sich auf dem Weg von der Gorki-Straße zum Roten Platz nicht mindestens dreimal irgendeines Vergehens schuldig macht und wenigstens viermal die Öffentliche Ordnung stört, ganz abgesehen von mehreren geplanten Verbrechen, die uns alle das Recht geben, ihn zu verhaften und drei Tage lang zu verhören? Stellen Sie fest, ob die beiden den Wunsch geäußert haben, ein paar Stunden zur freien Verfügung zu haben; wenn ja, sorgen Sie dafür, daß sie ihnen sofort bewilligt werden. Alarmieren Sie anschließend unverzüglich Abteilung 5, damit die entsprechenden Leute wie Miliz, Polizei, Geheimdienst etc. in Marsch gesetzt werden, die das Paar nicht aus den Augen lassen dürfen.
Und so kam es, daß an diesem sonnigen Nachmittag ihres letzten Tages in Moskau Praxewna Ljeljeschka um Viertel vor vier zu Ada Harris und Violet Butterfield sagte: «Meine Damen, Sie haben gefragt, ob Sie machen können zu zweit kleinen Einkaufsbummel. Ich habe mich um Erlaubnis bemüht, und Ihr Wunsch ist worden bewilligt. Verirren Sie sich nicht. Falls doch, sie sagen einfach Namen von Hotel. Man wird Sie dann weiterhelfen.» Kurz darauf standen sie mutterseelenallein im Herzen von Moskau.
«Wo gehen wir denn nun lang?» fragte Ada.
«Ich weiß nicht», entgegnete Mrs. Butterfield mit schwankender Stimme. Die unvermittelte Trennung von ihren Reisegefährten, die ihre Sprache sprachen und mit denen sie sich inzwischen ein wenig angefreundet hatte, ließ all ihre Befürchtungen und Ängste wieder aufleben. «Vielleicht hätten wir doch lieber mit ihnen zusammen bleiben sollen. Wenn wir uns nun verlaufen? Und
Weitere Kostenlose Bücher