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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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und wenn ich ehrlich bin, habe ich im Grunde gar nicht damit gerechnet, daß ich einen kriege. Wer glaubt, daß er bekommt, was man ihm versprochen hat, ist ein Dummkopf. Sieh mal, wir haben es geschafft, Liz aus Rußland herauszubringen, und wir beide sind mit heiler Haut davongekommen. Auf dem Polizeirevier war ich mir da gar nicht so sicher.»
    «Du warst fabelhaft», sagte Ada anerkennend. «Denen hast du’s vielleicht gegeben. Das hätte ich dir nie zugetraut.»
    «Ich war einfach wütend», sagte Vi. Sie unterhielten sich noch lange über ihre abenteuerliche Rußland-Reise. Endlich legten sie sich schlafen. Am nächsten Tag gingen beide wieder ihrer Arbeit nach.

    Vier Wochen später wurde bei Mrs. Harris um acht Uhr in der Frühe Sturm geklingelt, und als sie öffnete, stand, zitternd vor Aufregung, Mrs. Butterfield vor ihr, in der Hand einen großen Umschlag mit dem Amtssiegel der sowjetischen Botschaft darauf.
    «Ada», sagte Violet, «ich habe Angst. Diesen Brief hier habe ich durch Boten bekommen. Was meinst du, was sie von mir wollen?»
    «Dummchen», sagte Mrs. Harris, deren Neugier erwacht war, «warum machst du ihn nicht auf, dann werden wir ja sehen.»
    Gesagt, getan. Auf der imponierend aussehenden Karte, die dabei zum Vorschein kam, stand: «Seine Exzellenz Valeri Sornim, Botschafter der UdSSR in Großbritannien, bittet Mrs. Butterfield um einen Besuch heute nachmittag um 4 Uhr in der Botschaft.» Darunter ein handgeschriebener Zusatz: «Falls Mrs. Butterfield es wünscht, kann sie gern ihre Freundin Mrs. Harris mitbringen.» Es folgte die Adresse der Botschaft: Kensington Palace Gardens, London W. 8.
    Mrs. Butterfield zitterte am ganzen Leibe. «Siehst du, ich hab’s dir ja gesagt. Sie werden mich verhaften und mich wieder nach Moskau verfrachten.»
    Doch Mrs. Harris, die sich die Karte in Ruhe angesehen hatte, sagte: «Red keinen Unsinn, Vi. Wenn sie das vorhätten, würden sie nicht schreiben, daß ich mitkommen kann. Wir gehen hin.»
    Sir Harold Barry hatte sich damals Anatol Pawlowitsch gegenüber ausführlich über das für Ausländer so rätselhafte Verhalten der Russen geäußert, in dem ständig Gefühlsüberschwang und unverständliche Härte einander abzuwechseln schienen. Er hatte damit recht gehabt. Vermutlich gab es auf Erden keine seltsameren und zwiespältigeren Menschen.
    Neben einem alten, kostbaren Tisch mit einem großen Pappkarton darauf stand Seine Exzellenz der russische Botschafter. Er begrüßte seine Gäste mit den Worten: «Madame Butterfield, nach Ihrem Aufenthalt in Moskau, über den ich im einzelnen nicht näher orientiert bin, wurde mir mitgeteilt, daß Ihnen ein Versprechen gemacht wurde. Die russische Regierung und das russische Volk stehen zu ihren Versprechen, und so habe ich das Vergnügen...» An dieser Stelle nahm einer der anwesenden Sekretäre den Deckel des Pappkartons ab, ein zweiter entfernte mehrere Lagen Seidenpapier, und ein dritter entnahm der Schachtel etwas Weiches, Braunes, Samtiges, das sich als der prächtigste und kostbarste Zobelpelz erwies. «Erlauben Sie mir, Ihnen diesen Pelzmantel zu überreichen. Wegen des Zolls brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen — der Pelz ist als sowjetisches Diplomatengepäck zollfrei eingeführt worden.»
    Bleich und zitternd vor Aufregung wurde die völlig überraschte Mrs. Butterfield in den Pelz gehüllt, und da stand sie nun, noch unförmiger und ausladender als sonst und sah so unvorteilhaft aus, wie man in einem so erlesenen Kleidungsstück eigentlich nicht aussehen kann. Es war der schönste und herrlichste Pelz der Welt, doch leider nichts für Mrs. Butterfield. Ada Harris war so gerührt, daß die Russen ihr Versprechen mit solcher Grandezza erfüllt hatten, daß sie das Lachen unterdrückte. Der Pelz hatte die richtige Größe, daran lag es nicht, doch das langhaarige Fell machte Violet einfach zu voluminös.
    Der Botschafter lächelte huldvoll; er hatte sich seines Auftrags mit Anstand entledigt. Der eine Sekretär legte den Pelz wieder in den Karton zurück, überreichte diesen Mrs. Butterfield, und die Freundinnen verließen unversehrt und unbeschwert die sowjetische Botschaft.
    Unbeschwert? Kaum. Denn jetzt lastete auf den beiden die Frage:
    «Was ist er wert?» fragte Violet am Abend beim Tee.
    «Ich würde sagen, so seine zehntausend Pfund», erwiderte Ada.
    «O Gott, o Gott, bei uns wird noch eingebrochen werden, wir werden noch ermordet.»
    «Jedenfalls nicht, solange niemand etwas

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