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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Wiederaufstieg der Torys im Jahre 1922 nur kurz der Macht erfreuen können, aber ihr Aufschwung hatte damit begonnen, daß sie Fairford Cross erobert hatte.
    Es war geradezu ein Zaubername, doch wie konnte Sir Wilmot oder jemand anders hoffen, die Torypartei, die sich dort so stark verschanzt hatte, zu schlagen? Und was hatte die Kandidatur einer Londoner Putzfrau in East Battersea damit zu tun?
    Philip Aldershot bog von den Mews in die Lyell Street ein. Als ihm plötzlich ein neuer Gedanke kam, drehte sich ihm alles im Kopf, so daß er hinzuschlagen drohte, und er klammerte sich an ein Eisengeländer, um nicht zu fallen. East Battersea war ebenso eine Festung der Labourpartei wie Fairford Cross eine der Konservativen. Ein konservativer Sieg dort würde die Torypartei ungeheuer stärken, wenn sie in der kommenden Wahl Erfolg hätten. Was zum Teufel hatte Sir Wilmot vor? War es möglich, daß...? Und da ging ihm jäh ein Licht auf. Nicht umsonst hatte Sir Wilmot Aldershot zu seinem Vertreter gemacht. Er war vielleicht politisch noch etwas naiv, aber er hatte Verstand und konnte logisch denken und analysieren. Jetzt, da ihm klar wurde, was Sir Wilmot plante, war er nicht nur verblüfft über die Brillanz des Plans, sondern auch über die ferne, hauchdünne Möglichkeit, die seinen Chef so bestochen hatte, daß er das Ganze inszenierte. Und als er in Richtung Eaton Square ging, mit einem Auge nach einem Taxi ausspähend, fiel ihm ein anderer Name ein, der von Hugh Coates, dem Citybankier, der selber ein rücksichtsloser Politiker war und Königmacher von eigenen Gnaden in der konservativen Partei. Und lag sein Gut und Landsitz nicht in unmittelbarer Nähe von Fairford Cross? Aldershot fragte sich, wie bald Sir Wilmot Coates aufsuchen würde.

4

    «Ach, Ada», stöhnte Mrs. Butterfield, «hast du keine Angst? Bist du sicher, daß du das Richtige tust? Ich kann kaum glauben, daß das alles wirklich ist.»
    «Angst wovor?» fragte Mrs. Harris tapfer. «Sie sind doch nur Menschen wie du und ich.»
    Aber um die Wahrheit zu sagen, es war ihr nicht ganz wohl zumute. Sie war nervös und fragte sich, ob sie sich nicht in etwas eingelassen hatte, das ihr über den Kopf wachsen könnte, und das war ihr nur ganz selten in ihrem Leben passiert.
    Sie und ihre beste Freundin, Mrs. Butterfield, saßen im Fond eines eleganten schwarzen Jaguars, den kein anderer steuerte als Mr. Philip Aldershot, zweiter Vorsitzender des Präsidiums der Mittelpartei für Großlondon. Sie waren auf dem Wege zum Wahlkomitee im Parteibüro in East Battersea in der West Rowntree Street.
    Mrs. Harris wirkte schmuck und gesetzt in einem marineblauen Hatty-Carnegie-Kostüm, einem von Mrs. Henrietta Schreiber abgelegten, das sie als Abschiedsgeschenk in Amerika von ihr bekommen hatte. Sie trug auch einen jener kleinen amerikanischen Hüte mit Schleier und weiße Handschuhe. Philip Aldershot war entzückt zu sehen, das Mrs. Harris’ Garderobe eine ganze Reihe abgelegter Kleider enthielt, ein Zeichen dafür, daß ihre verschiedenen Kunden mit ihr sehr zufrieden und ihr gegenüber sehr großzügig waren. Wenn das mächtige Wahlkomitee in East Battersea erwartete, sich der schlecht gekleideten Karikatur einer durchschnittlichen Londoner Putzfrau gegenüberzusehen, die man nur auslachen konnte, dann würde es eine große Enttäuschung erleben. Weniger glücklich war Aldershot über die jammernde, mißmutige Mrs. Butterfield, aber Mrs. Harris hatte darauf bestanden, sie mitzubringen, und er hatte in dem Glauben, daß ihre Anwesenheit Mrs. Harris trösten würde, zugestimmt.
    Das wichtigste war jetzt, vor diesem Komitee und Charlie Smyce zu bestehen. Der Wahlfeldzugmanager hatte die Änderungen in Sir Wilmots Plänen und dessen Instruktionen nicht gerade freundlich aufgenommen. Aber Aldershot konnte auch sehen, daß der andere wußte, was auf dem Spiel stand, denn man merkte sehr deutlich, daß Smyce, so zuwider ihm die Kandidatur von Mrs. Harris sein mochte, nicht den Mut hatte, sich ihr zu widersetzen. Nun, und wenn es ihm, Aldershot, erst gelungen war, sie durch die strenge Prüfung des Wahlkomitees zu bringen, dann würde noch Zeit genug sein, Mrs. Harris der Öffentlichkeit in ihrem Kittel, dem Tuch um den Kopf, mit dem von schmutzigem Wasser überquellenden Eimer und dem Banner aus Staubwedel, Mop und Besenstiel zu präsentieren.
    Ehe er in die West Rowntree Street einbog, hielt Aldershot einen Augenblick, drehte sich um und sagte: «Machen Sie sich keine

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