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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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aber zu wenig Gelegenheit, sie anzuwenden. Er war sicher, daß sie nicht die leiseste Ahnung von Politik oder Wahlen hatte oder gar davon, wie ein Parlament arbeitet. Sie glaubte wahrscheinlich, daß sie, wenn sie Mitglied des Unterhauses wurde, eine Plattform hätte.
    Bayswater war erfahren genug, zu wissen, daß es in der Politik oft nicht mit rechten Dingen zuging, wenn man das auch kaum als Schwindel bezeichnen konnte, dennoch würde das Ende von dem ein gebrochenes Herz sein — Adas Herz.
    Wie Sir Wilmot versprochen hatte, sie würde nicht gewinnen dürfen, und der Mann mit dem sauertöpfischen Gesicht, der, wie Sir Wilmot gesagt hatte, Smyce hieß, war da, um dafür zu sorgen, daß sie nicht gewann. Bayswater mußte irgendwie eine Möglichkeit finden, sie zu warnen, und sie aus dieser furchtbaren Falle herausholen, ehe sie unwiderruflich über ihr zuklappte und sie eine schwere Niederlage und Enttäuschung erlebte.
    Aber wie? Bei all dem Geschnatter und Lärm um ihn herum konnte er nicht mit ihr sprechen und schon gar nicht nachdenken, und so ging er in Adas Küche, um zu versuchen, seine Gedanken zu sammeln und so etwas wie einen Plan auszuhecken.
    Er war dort erst ein paar Minuten, als er hörte, wie die Tür sich öffnete, und als er aufblickte, sah er Mrs. Harris, eine neue und fremde Ada, der er noch nie begegnet war. Nicht nur weil ihre Apfelbäckchen vom Champagner glühten und der riesige Strauß purpurner Orchideen an ihrer Schulter steckte, sondern weil sie etwas seltsam Ängstliches hatte, das so gar nicht zu jemandem paßte, der sonst ohne jede Hemmung dort eingetreten wäre, wo sich nicht nur Engel, sondern auch Teufel einzutreten fürchteten. Sie stand einen Augenblick lang an der Tür, dann kam sie näher und sagte etwas, das er nicht in tausend Jahren von ihr zu hören erwartet hätte und das ihm tief ins Herz schnitt.
    Es war nichts weiter als die schlichte Frage: «Freuen Sie sich nicht für mich, John?»
    Da wußte John Bayswater so sicher, wie daß die Sonne am nächsten Tag wieder auf gehen würde, daß er sich lieber die Zunge abschnitte, als Ada Harris zu sagen, wie man sie als Werkzeug benutzte und sie zum Narren machte. Und dieser Schmerz würde viel schwerer zu ertragen sein als jede Wahlniederlage. Sie durfte es nie erfahren, und in dem Gefühl, sie schützen zu müssen, das ihn plötzlich überkam, wurde ihm zum erstenmal bewußt, wie gern er sie hatte und was er alles anstellen würde, um sie vor Leid und Unglück zu bewahren.
    «Nun ja, Ada», antwortete er. «Ich freue mich, und ich bin auch stolz auf Sie. Wir sind alle stolz auf Sie.»
    Die fremde Ada, die er eben gesehen hatte, war verschwunden, sie war wieder seine alte Freundin, Mrs. Harris, die ihm mit den Augen zuzwinkerte und sagte: «Ach, du lieber Gott. Stellen Sie sich vor, ich im Parlament, wie ich all diesen Blödianen sage, was ich denke. Kommen Sie, wir wollen etwas darauf trinken.»
    Er folgte ihr und bekam ein Glas Sekt in die Hand gedrückt, das er trank, und dann noch eins und ein drittes, um seinen Kummer zu betäuben oder vielleicht die Trauer in seinem Inneren zu ertränken. Plötzlich fiel sein Blick auf jenen von Sir Wilmot erwähnten Smyce, der abseits vom Komitee stand, und Mrs. Harris mit unversöhnlichem Haß und Ekel ansah. Das war also das kleine Schwein, das den Auftrag hatte, dafür zu sorgen, daß Ada nicht ins Parlament kam!
    Dies war der Augenblick, da der freie Geist, der in John Bayswater lebte, sich auf ein weißes Schlachtroß schwang, ein Banner entrollte, eine Trompete an die Lippen hob und zum Angriff blies. Wenn der verdammte Mr. Smyce dafür da war, zu sorgen, daß Mrs. Harris nicht ins Parlament kam, war er, John Bayswater, dafür da, zu sorgen, daß sie doch hineinkam.
    Spät an jenem Abend, als er in seine kleine Wohnung kam, schrieb er in seiner schönen, schwungvollen, altmodischen Handschrift, in der jeder Buchstabe wie gestochen war, zwei Briefe.
    Der erste war an Joel und Henrietta Schreiber in New York und lautete:

    Lieber Sir und verehrte Madam,
    ich nehme mir die Freiheit, Ihnen wegen unserer gemeinsamen Freundin, Mrs. Ada Harris, zu schreiben. Sie weiß nichts davon, und ich vertraue darauf, daß Sie ihr nichts davon verraten werden.
    Sie ist in einer sehr schwierigen Lage, denn Sie hat sich bereit gefunden, bei den bevorstehenden Wahlen für das Parlament zu kandidieren, und das Ganze ist ein Komplott einiger verderbter Politiker, von dem ich weiß. Aber was ich Ihnen

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