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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Schritte hallten hohl in den düsteren Räumen, und die einzigen Büros, in denen noch gearbeitet wurde, waren das der ständigen Sekretärin und das von Charlie Smyce. Dieser war aber nicht da, er hatte sich selber Urlaub gegeben, um sich von dem Schrecken zu erholen.
    Mrs. Harris hätte gern mit Philip Aldershot darüber gesprochen, was sie nun tun sollte, aber dieser Herr war merkwürdigerweise ebenso unerreichbar.
    Mrs. Harris ahnte da natürlich noch nichts von dem Scheitern des Komplotts und dem Schwefelrauch, der noch an manchen Orten aus dem Hexenkessel aufstieg. Nachdem Sir Wilmot sich feige aus dem Staub gemacht hatte, mußte Aldershot die Wut Hugh Coates ausbaden und alles ertragen, was der sich in seinem Rachedurst sonst noch an Üblem ausdachte. Darum wollte er seine neue Parlamentskollegin nicht sehen oder auch nur von ihr hören. Das unsanfte Herunterpurzeln aus höchsten Höhen hätte selbst jemanden, der stärkere Nerven und größeren Mut als Mrs. Harris hatte, zerschmettern können.
    «Was soll ich jetzt tun?» fragte sie die Sekretärin der Ortsgruppe Battersea der Mittelpartei, eine zweiundzwanzigjährige unterbezahlte Stenotypistin, die am Telefon zwar sagen konnte: «Hier Ortsgruppe East Battersea der Mittelpartei», aber wenn das Gespräch weiterging oder man ihr Fragen stellte, zu stottern begann.
    «Das weiß ich auch nicht», antwortete sie. «Es hat mir niemand etwas gesagt. Sie sollten einfach hingehen.» Ihr sonst so blödes Gesicht sah einen Augenblick fast intelligent aus, als sie sagte: «Nach all dem Trara müßten sie doch wissen, wer Sie sind.»
    «Aber wohin soll ich gehen?» fragte Mrs. Harris.
    «Das weiß ich auch nicht», antwortete die Sekretärin. «Mr. Smyce ist nicht da. Er weiß das alles. Ins Parlament wahrscheinlich.»
    «Kluges Mädchen», sagte Mrs. Harris. «Genau das ist es. Nun, denn mal ran.» Und sie ging.
    Aber ihre munteren Worte widersprachen ihren Gefühlen, denn ihr begann mulmig zu werden. Sie liebte es nicht, im dunkeln zu tappen. Sie wünschte, ihr Freund, der Marquis de Chassagne, wäre da, denn der hätte ihr vielleicht raten können, und wäre er in London gewesen, hätte sie nicht gezögert, zu ihm zu gehen. Keiner ihrer Kunden, mit Ausnahme des verschwundenen Sir Wilmot, hatte etwas mit Politik oder der Regierung zu tun, und so war von dieser Seite keine Hilfe zu erwarten.
    In den nächsten Tagen wurden diese sogar zu Exkunden. Sie waren stolz gewesen, eine so berühmte Putzfrau wie Mrs. Harris zu beschäftigen, doch als sie zu einem nach dem anderen kam, sagten sie alle dem Sinn nach: «Jetzt, da Sie Parlamentsmitglied sind, werden Sie natürlich nicht mehr bei uns arbeiten wollen. Aber vielleicht kennen Sie eine Frau, die Sie uns empfehlen können. Ich weiß nicht, wie wir ohne Sie fertig werden sollen.»
    Eine von ihnen, die Gräfin Wyszcinska, die als Ausländerin besser über alles in ihrer Wahlheimat orientiert war als die Engländer, fügte hinzu: «Soviel ich weiß, ist die Parlamentseröffnung am 23. Bis dahin ist es noch eine Woche. Wäre es furchtbar, wenn ich Sie bäte, solange noch bei mir zu arbeiten? Ich gehe dann für ein paar Monate nach Amerika.»
    Mrs. Harris willigte nur allzugern ein. Es gab immer noch ein Band zwischen ihrem bisherigen Leben und dem, das sie jetzt beginnen würde.
    Die Stunden und Tage standen nicht still; Ada Harris fand, daß sie sogar noch schneller abrollten als ein Film im Kino. Der 23. kam, und danach sollte sie die zeremonielle Majestät der britischen Regierungstradition kennenlernen, ganz zu schweigen von der Bürokratie, die jeden Neuling in ihren Netzen fängt.
    Als sie am Eingang des Unterhauses erschien, an dem, der die alten und neuen Mitglieder verschluckte, fragte ein blau uniformierter Türhüter: «Wo möchten Sie hin, Madam?»
    «Zu meinem Sitz», antwortete Mrs. Harris. «Ich bin gewählt.»
    Und gleich darauf entdeckte sie, daß es fast weniger kompliziert war, einen Sitz zu gewinnen, als zu ihm zu gelangen.
    «Haben Sie Ihr Wahlzertifikat bei sich?»
    «Was ist denn das? Ich bin gewählt. Lesen Sie keine Zeitungen?»
    «Das mag sein, Madam, aber ohne die richtigen Dokumente kommen Sie hier nicht herein.»
    «Wo bekomme ich die? Niemand hat mir etwas davon gesagt.»
    «Beim Sekretär der Krone. Sein Büro ist im Oberhaus. Sie bemühen sich ein bißchen spät darum, nicht wahr? Treten Sie bitte beiseite, damit die anderen durchkönnen.»
    Eine neue lange Suche nach dem richtigen Eingang

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