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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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sprachen.
    Natürlich waren Mrs. Butterfield und mehrere Nachbarinnen dort, um sich alles berichten zu lassen, und auch Bayswater kam, um sie zu beglückwünschen und ihr einen Blumenstrauß zu bringen, den er offenbar an einem Karren gekauft hatte, denn die Blumen ließen schon die Köpfe hängen. Ada Harris hatte jetzt zum erstenmal Gelegenheit, dem würdigen Chauffeur für die Rolle zu danken, die er beim Werben von Anhängern für sie gespielt hatte. Sie erschreckte ihn mit der Drohung, sie werde ihn küssen.
    «Es war gar nichts», versicherte er ihr. «Als wir dahinterkamen, was sie vor... ich meine, wir hatten das Gefühl, daß wir etwas tun mußten...»
    Aus einem Grunde, den sie nicht deuten konnte, war Bayswater rot geworden, noch viel röter, als die Angst vor einem Kuß ihn hatte werden lassen. «Es war ein sehr erfreuliches Erlebnis, und viele von uns haben sehr symphatische Leute kennengelernt, mit denen wir gern weiter in Verbindung bleiben werden. Sie wissen ja gar nicht, wie viele Freunde Sie haben, Ada.»
    «Doch, ich weiß es», sagte Mrs. Harris, und sie blickte auf die Frauen im Zimmer und vor allem auf Mrs. Butterfield, die sie merkwürdig anstarrte, als wäre sie plötzlich eine Fremde — eine Fremde auf einem Piedestal. Violet Butterfield hatte sich nie verstellen können, und in dem Blick, den Ada Harris auffing, spiegelte sich geradezu etwas wie Anbetung.
    In ihrer langen Bekanntschaft hatte sich Mrs. Butterfield immer ihrer Freundin untergeordnet, die mit ihrem scharfen Verstand und ihrer zupackenden Art die Führende war. Aber dies war etwas anderes und des Guten ein wenig zuviel.
    «Hast du eine Rede gehalten, Ada? Hast du’s ihnen gesagt?» fragte Violet.
    Mrs. Harris zwang sich zu einem Lachen. «Noch nicht, Vi! Das hat noch viel Zeit. Heute war die Königin an der Reihe.» Das Lachen war darum gezwungen, weil Mrs. Harris plötzlich klar wurde, daß dies die Frage war, die sie immer wieder von Mrs. Butterfield würde hören müssen und auf die sie bald nur gereizt würde reagieren können. Sie kam sich wieder vor wie ein Kind, wenn sie von einem Ausflug oder einer Party zurückkam und ihre Eltern immer von neuem sagten: «Nun erzähl uns, wie es war.»
    Sie erinnerte sich an etwas, das Mrs. Butterfield gesagt hatte. «Ach, Ada, du wirst so groß und mächtig werden, daß ich die beste Freundin verliere, die ich je gehabt habe.» War dieses plötzliche Gefühl des Ärgers und der Ungeduld schon ein Symptom dafür, daß sie groß und mächtig wurde? Und wer würde dann wohl seine beste Freundin verlieren?
    Mrs. Harris dachte, daß, wenn je etwas zwischen sie und Mrs. Butterfield träte, sie das nicht würde ertragen können. Und dennoch, so winzig es auch sein mochte, es stand schon etwas zwischen ihnen. Und warum hatte Bayswater seit ihrer Wahl immer so ein grimmiges und ärgerliches Gesicht gemacht? Das Ende eines beglückenden Tages war alles andere als befriedigend.

12

    Noch weitere Schrecken, Zeremonien und Überraschungen warteten auf sie, als sie, jetzt ein anerkanntes Mitglied des Parlaments (der Polizist an der Tür erkannte sie und tippte an seinen Helm), sich am nächsten Tage schüchterner als alle anderen im Unterhaus einfand.
    Denn hier war sie endlich einem Geheimnis nahe, das sie bis dahin immer nur von fern betrachtet hatte, ja sie war sogar ein Teil davon. Sie erlebte jetzt unmittelbar den Unterschied zwischen einem gesichtslosen Parlament, von dem man nur als «die» sprach, und einer aktiven, lebendigen Körperschaft, die aus Hunderten von Männern und einer ganzen Anzahl Frauen bestand, die sich hier so heimisch fühlten wie zu Hause. Es erinnerte sie fast an ihre erste Berührung mit der höheren Macht, dem göttlichen Wesen, das sie nie so ganz richtig begriffen hatte, aber sie wußte noch, wie sie als Kind, als man sie zum erstenmal in die Kirche mitnahm, das Gefühl hatte, daß alles dort darauf abzielte, nicht nur Ehrfurcht, sondern auch Furcht einzuflößen.
    So war es auch mit dem Unterhaus, mit den Sekretären in schwarzen Roben und weißen Perücken und der majestätischen Gestalt des Sprechers, der ebenfalls eine Robe und eine Perücke trug.
    Sie zitterte, als sie auf gerufen wurde, um den Treueid zu leisten, und ihre Stimme bebte, als sie wiederholte: «Ich schwöre bei dem allmächtigen Gott, daß ich Ihrer Majestät Königin Elizabeth, ihren Erben und Nachfolgern nach dem Gesetz dienen und treu ergeben sein will. So wahr mir Gott helfe.»
    Als sie

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