Ein kleines Stück vom Himmel nur
Wenn ich irgendwo auf dem Firmengelände bin, möchte ich den Anruf gern selbst entgegennehmen, okay? Wenn ich nicht da bin, sag ihm, dass ich ihn zurückrufe. Das ist eine Sache, die nur ihn und mich was angeht, es hat nichts mit Varna Aviation zu tun.«
Das ungute Gefühl prickelte mir in den Adern. »Ich hoffe doch, dass die Sache legal ist, die du da vorhast«, sagte ich.
»Hast du je erlebt, dass ich mit irgendwas Illegalem zu tun hatte?« Er klang beleidigt, als hätte ich ihn beschuldigt, eine Katze getreten oder einer alten Dame ihre Ersparnisse geraubt zu haben.
»Nein, das nicht, aber â¦Â«
»Ich muss die Firma über Wasser halten, und das tue ich, so gut ich kann. Okay?«
»Wenn du meinst â¦Â«
»Vertrau mir, Herzchen!« Es war das zweite Mal an diesem Abend, dass er diesen Satz sagte. Das gefiel mir ganz und gar nicht. Doch es war klar, dass ich nicht mehr aus ihm herausbekommen würde.
Ich fuhr nach Hause, legte mich ins Bett und schlief ohne jede Schwierigkeit ein. Wahrscheinlich lag das am Essen und am Alkohol. Doch nach ungefähr einer Stunde wurde ich wieder wach, und alle möglichen Befürchtungen gingen mir durch den Kopf. Und deshalb stehe ich auch jetzt um drei Uhr morgens mit einer halbvollen Tasse Milch in der Küche und quäle mich mit meinen Gedanken herum, statt gemütlich in meinem Bett zu liegen und zu schlafen.
Irgendwas ist da im Busch, und es gefällt mir ganz und gar nicht. Um das zu erkennen, brauche ich nicht mal meinen verdammten sechsten Sinn, bloà Augen und Ohren und eine Portion gesunden Menschenverstand.
Im Moment weià ich zwar nicht, was da los ist, aber ich habe vor, es herauszufinden, ganz bestimmt. Das willst du gar nicht wissen , hat Richie gesagt, doch da täuscht er sich. Es hat nichts mit Varna Aviation zu tun , hat er erklärt, aber ich weià nicht, ob ich ihm das glauben soll. Vertrau mir! , hat er gefordert. Aber, verdammt noch mal â das kann ich nicht.
Ich habe Ritchie schon zu oft dabei zugesehen, wie er sich zum Narren gemacht hat. Ich will das nicht noch einmal erleben müssen. Aber wenn er das, was er da vorhat, für Varna Aviation tut, dann muss ich ihm bis zum bitteren Ende beistehen. Die Firma zu verlieren würde ihn vernichten. Und Nancy würde es auch vernichten.
Was soll ich bloà tun? Das ist die groÃe Preisfrage.
Ellen
James Mackenzie. Mac. Nie hätte ich damit gerechnet, diesen Namen noch mal zu hören â nie. Und ich hätte auch gut darauf verzichten können, ihn zu hören. Mein Gott, dieser Kerl muss sich für einiges verantworten. Die ganzen Schwierigkeiten, mit denen meine Familie zu kämpfen hatte, sind letztlich nur ihm zu verdanken. Meine Mutter muss das doch ganz genauso wissen wie ich, und trotzdem besitzt sie die Unverfrorenheit, Sarah zu bitten, nach ihm zu suchen. Ich kann kaum glauben, dass sie das vorgeschlagen hat und damit riskiert, alles wieder aufzuwühlen, was wir mühsam verdrängt haben. Dass sie alte Wunden aufreiÃen und neue schaffen wird und dass sie Sarah mit einer ganzen Menge Kram belastet, den sie besser nie erfahren sollte. Ich kann mir nur vorstellen, dass Mutter allmählich senil wird â eine andere Erklärung gibt es dafür nicht.
Seit über vierzig Jahren weià ich nun schon ein paar Dinge über meine Mutter, John und Ritchie, die ich lieber nie erfahren hätte. Ich habe versucht, sie zu verdrängen, und zum gröÃten Teil ist mir das auch gelungen. Vierzig Jahre sind eine lange Zeit, vor allem, wenn man durch den Atlantik von den Hauptakteuren der Geschichte getrennt ist. So habe ich es gewollt; anders hätte ich damit nicht leben können. Aus diesem Grund war ich nur allzu gern bereit, nach England zu ziehen, als Bob mich darum bat. Ich war in ihn verliebt, das ja, aber ich wäre sicherlich nicht so schnell bereit gewesen, mein Zuhause zu verlassen und nach Europa zu ziehen, wenn ich nicht unbedingt meinen Dämonen hätte entfliehen wollen.
Und nun teilt Sarah mir mit, dass Nancy die ganze Geschichte wieder ausgraben will. Sie schaut mich mit unverhohlener Ungeduld an, weil sie mich für uneinsichtig hält, und meint, ich würde auf die Bitte ihrer GroÃmutter überreagieren; sie fällt ein Urteil über mich, ohne die leiseste Ahnung zu haben, warum ich über diesen Vorschlag so entsetzt bin. Es ist einfach
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