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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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denkt wahrscheinlich, dass er sich da irgendwie vergessen kann, im dichten Zigarettenqualm, bei beseelter Countrymusik und den geistlosen Selbstgesprächen von Typen, die genauso verzweifelt damit beschäftigt sind, einen Sinn in ihrem traurigen Leben zu finden, wie er. Dabei hat keiner von ihnen eine Ahnung, wonach er überhaupt suchen soll. Tammy Wynette krakeelt ihr Stand By Your Man , und alle starren trübselig in ihre Gläser und wünschen sich, dass jemand, irgendjemand, zu ihnen halten möge. Sie daddeln an den Spielautomaten und stellen sich vor, sie könnten den Jackpot knacken. Die einarmigen Banditen rattern und dudeln, ab und zu hört man das Klimpern von Münzen im Ausgabeschacht, und ein, zwei Minuten lang denkt der Trottel, in dessen Augen sich die blinkenden Lichter spiegeln, er wird jetzt reich. Aber wenn die Nacht dann zu Ende ist, geht es ihnen noch viel dreckiger als vorher, ein gutes Stück ärmer sind sie auch geworden – und das Einzige, worauf sie sich noch freuen können, ist der dicke Kopf am nächsten Morgen.
    Heute Abend führt mich Ritchie allerdings nicht in ZzaZzas Bar oder eine der anderen Kaschemmen, die sich in den Seitenstraßen und im Industriegebiet verbergen. Nachdem ich seinem Auto über die Brücke gefolgt bin, steuert er stattdessen auf die Gegend der Stadt zu, wo sich der Golfplatz ausbreitet wie ein riesiges grünes Seerosenblatt und die Grundstücke so groß sind, dass sie mühelos ein halbes Dutzend Gebäude von der Größe meines Hauses aufnehmen könnten. Er biegt in die Auffahrt des Island Club ein. Ich fahre hinter ihm her und parke zwischen den ganzen BMWs und Mercedes-Limousinen, ein wenig verwundert darüber, was wir hier machen. Ich weiß zwar, dass Ritchie früher einmal, in einer seiner verschwenderischen Phasen, hier Mitglied war, aber ich hatte angenommen, dass seine Mitgliedschaft schon vor einiger Zeit abgelaufen sei. Er muss sie wohl erneuert haben, obwohl ich die Überweisungen in den Abrechnungen nirgendwo gesehen habe. Der Island Club ist eine noble Adresse, und der monatliche Mitgliedsbeitrag wäre mir sofort ins Auge gesprungen. Nein, von dem, was das Flugunternehmen einbringt, könnte Ritchie sich eine Mitgliedschaft nicht leisten, und nach allem, was er erzählt hat, sind auch seine persönlichen Einkünfte im Moment kaum ausreichend. Aber was weiß ich schon? Vielleicht hat er ja irgendeine reiche Witwe aufgetan, die ihm die Mitgliedschaft zahlt.
    Â»Heute wollen wir uns wohl nicht lumpen lassen, was?«, sage ich ironisch, hole meine Handtasche vom Armaturenbrett und schließe das Auto ab.
    Â»Das haben wir uns doch wohl verdient«, erwidert er. »Außerdem will ich hier noch jemanden treffen. Hast du Hunger? Willst du was essen?«
    Â»Ritchie, ich habe immer Hunger. Der Tag war lang. Aber ich kann mir die Preise hier nicht leisten.«
    Â»Ich lade dich ein, Herzchen.« Ritchie lächelt mich an, doch irgendwie scheint ihm auch nicht so ganz wohl zumute zu sein. Ich starre ihn misstrauisch an. Sein Lächeln gerät ein wenig aus dem Gleichgewicht, und dahinter wird für einen Moment ein durchtriebener Ausdruck sichtbar. »Das ist schon okay. Vertrau mir!«
    Â»Na gut, wenn du bezahlst – allemal besser als mein aufgewärmtes Chili con Carne.«
    Â»Braves Mädchen!«
    Ich bin mir immer noch nicht schlüssig, was ich von dieser Einladung halten soll. Zunächst mal bin ich nicht passend für den Island Club angezogen. In den meisten Restaurants hier bei uns geht es zwar ziemlich leger zu, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass die anderen Frauen hier in denselben Shorts aufkreuzen, die sie schon den ganzen Tag getragen haben, oder sich, wie ich, mal eben in zwei Minuten im Neonlicht der Bürotoilette frischmachen mussten.
    Aber ich fühle mich nicht bloß unwohl, weil ich mich nicht richtig in Schale schmeißen konnte. Ritchie hat irgendwas vor. Mich kann er nicht täuschen – dazu kenne ich ihn viel zu gut. Und ich habe leider die Erfahrung gemacht, dass es für gewöhnlich übel endet, wenn Ritchie etwas im Schilde führt.
    Ich wünschte bei Gott, dass ich mein ungutes Gefühl ab und zu als bloße Einbildung abtun könnte. Dass ich mich damit trösten könnte, nur meine Müdigkeit und schlechte Laune seien schuld, wenn mir das Unbehagen unter der Haut kribbelt wie eine allergische

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