Ein kleines Stück vom Himmel nur
der Unterkiefer herunter, als ihnen aufging, dass es sich keineswegs um einen Testpiloten handelte, sondern um eine der ATA -Pilotinnen, die ihnen ein Flugzeug gebracht hatte. Von da an, so hieà es, habe die Staffel nie wieder ein Wort über die schwere Manövrierbarkeit der Beaus verloren.
Mac fand diese Geschichte keineswegs erstaunlich. Seiner Erfahrung nach waren die Pilotinnen wirklich sehr, sehr gut, und die ATA verfügte über die besten von ihnen. Er musste wieder mal an Nancy mit ihrem guten Fluggefühl, der ungezwungenen Herangehensweise und den kunstfliegerischen Fähigkeiten denken und war stolz. Er selbst hatte keinerlei Schwierigkeiten mit der Beau. Das Einzige, was für ihn der Gewöhnung bedurfte, war die Tatsache, dass er nicht länger allein flog, sondern von einem zweiten Mann als Bordfunker und Beobachter begleitet wurde. Die Beau war mit einem Serrate-Radarwarnempfänger ausgestattet, der die feindlichen Radarsignale auffing, und der Funker hatte die Aufgabe, das Gerät zu bedienen und dem Piloten die Koordinaten zu übermitteln, die ihn bis auf ein paar Hundert Meter an den deutschen Bomber heranbrachten, um ihn abschieÃen zu können.
In jener Nacht im September 1943 fühlte Mac sich allerdings ein bisschen abgespannt. Er hätte eigentlich taufrisch sein müssen, denn in der vorangegangenen Nacht hatte er frei gehabt. Doch in der Offiziersmesse hatte es eine Feier gegeben, auf der eine berühmte Striptease-Tänzerin auftreten sollte. Die Partys auf dem Stützpunkt waren legendär; es gab immer irgendjemanden, der Kontakte zum Showbusiness hatte. Es konnte kaum überraschen, dass zum Auftritt der Stripperin noch viel mehr Leute erschienen waren als sonst; der Alkohol floss in Strömen, und Mac hatte die Feier erst gegen drei Uhr morgens verlassen.
»War nett gestern Abend, was?«, kommentierte sein Funker »Dai« Renshaw, während sie ihre Flugausrüstung für den Einsatz anlegten. »Unglaublich, was dieses Mädchen mit ein paar Troddeln und einer Feder alles anstellen konnte. Boah!«
Mac brummte der Schädel. »Musst du so schreien, Dai? Halt doch mal die Klappe!«
»Was ist los, Mac? Hast wohl Probleme, mit uns jungen Kerlen mitzuhalten?«
Dai war Sergeant, neunzehn Jahre alt, jugendfrisch und so naiv und begeisterungsfähig wie ein junger Hund. Verglichen mit ihm, kam Mac sich vor wie Methusalem. Aber Dai war ein netter Kerl und ein Genie am Radarwarnempfänger â wenn man ihn erst mal dazu gebracht hatte, die Frauen zu vergessen, die sich um die Jagdflieger scharten, und ihn von den Versuchungen weggelockt hatte, die ihm die holde Weiblichkeit bei der Womenâs Auxiliary Airforce bot.
Der Einsatz in jener Nacht hatte sich kaum von denen der anderen Nächte unterschieden. Viele Beaufighter-Staffeln jagten Minenleger, die die Schifffahrt bedrohten, andere griffen auf nächtlichen Streifflügen über Frankreich, Belgien und Holland feindliche Bodenfahrzeuge an. Macs Staffel hatte die Aufgabe, die Bomber bei ihren Angriffen über Deutschland und dem besetzten Europa zu unterstützen. In jener Nacht war das Angriffsziel eine gröÃere Industrieanlage nahe der deutsch-französischen Grenze, die unter anderem Kugellager herstellte, die unerlässlich für die deutschen Kriegsanstrengungen waren. Die Staffeln, die die Bomber begleiten sollten, waren schon gestartet, Macs Beaufighter-Staffel sicherte den Rückzug. Sie sollte im Zielgebiet auftauchen, wenn die Bomber nach Hause zurückkehrten, bei etwaigen Schwierigkeiten helfen und feindliche Nachzügler erledigen.
Sie flogen über die französische Küste ein und wichen dem Flakfeuer aus, das um sie her am nächtlichen Himmel aufleuchtete wie die Funken eines riesigen Feuerwerks am fünften November, dem Guy Fawkes Day. Obwohl er Dai als Beobachter dabeihatte, hielt Mac ebenfalls konzentriert Ausschau nach deutschen Kampfflugzeugen; in den Jahren, in denen er allein geflogen war, war ihm das zur zweiten Natur geworden. Doch er entdeckte keine.
Die ausgedehnten Felder unter ihnen wichen einer Ansammlung von Industrieanlagen, und nun sah Mac auch den Schein eines gewaltigen, auÃer Kontrolle geratenen Feuers am Horizont. Offensichtlich hatten die Bomber ihr Ziel getroffen und würden sich gleich auf den Heimweg machen. Doch der Nachthimmel wurde durchkreuzt von den grellen Streifen des Geschützfeuers, und
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