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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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Sie hoffte, dass er ihr die Verlegenheit nicht anmerkte. »Was machen Sie denn hier?«
    Er zog amüsiert den Mundwinkel empor. »Das ist schließlich mein Stützpunkt. Man hat einen Ersatz für Norah gefunden. Deshalb bin ich jetzt wieder hier.«
    Nancy suchte krampfhaft nach einer netten, geistreichen Erwiderung, scheiterte aber kläglich. Nun war auch der letzte der Überführungspiloten an Bord gestiegen, und Mac konzentrierte sich auf den Start. Nancy spürte die Räder vom Boden abheben, blickte hinunter auf die Ansammlung von Schuppen und moderneren Gebäuden, auf das dichte Dunkelgrün der Obstgärten und die helleren Farben der Felder, sah, wie die Wohnhäuser auf die Größe von Puppenhäusern zusammenschrumpften, und verspürte ein ähnlich flaues Gefühl in der Magengegend wie jemand, der zum ersten Mal in einem Flugzeug sitzt. Ein Ellbogen stieß sie in die Seite; Kay neben ihr grinste sie an.
    Â»Die Rückkehr des hinreißenden Staffelführers Mackenzie. Pass bloß auf, Nancy!«
    Â»Himmel noch mal!« Nancy war froh, dass der Motorenlärm eine Unterhaltung nahezu unmöglich machte.
    Wie es ihr gelang, ihren Überführungsflug an diesem Tag ohne Zwischenfälle hinter sich zu bringen, wusste Nancy selbst nicht. Sie zerbrach sich den Kopf darüber, ob wohl Mac der Pilot sein würde, der sie aus Kemble abholte, und falls ja, was sie sagen könne, ohne sich zu verraten; dann erschauerte sie innerlich über der Frage, ob sie sich nicht schon längst verraten hatte. Trotzdem war sie geradezu lächerlich glücklich, eine Woge der Freude erfüllte sie. Und sie war lächerlich enttäuscht, als die Anson in Kemble aufsetzte und feststellte, dass nicht etwa Mac am Steuer saß, sondern Bill Jenson, ein ehemaliger Flugkapitän der BOAC 3 und der netteste Mann, den man sich nur vorstellen konnte, aber sicherlich niemand, der ihr Herz schneller schlagen ließ. Sie hatte eine Atempause gewährt bekommen, Zeit, ihre Verteidigung aufzubauen und ihre Strategie zu planen.
    An diesem Abend gingen Kay und sie zum American Club, und Nancy flirtete schamlos mit einer Gruppe Amerikaner, der sie dort begegneten. Einer gab ihr ein paar Drinks aus, und als sie gingen, erlaubte sie ihm, sie auf dem dunklen Parkplatz zu küssen. Sie bemühte sich sehr, ein wenig Begeisterung für diesen großen, gutaussehenden Mann mit dem vertrauten Akzent aufzubringen, aber schon lange bevor seine Hände anfingen, über die Knöpfe ihrer Bluse zu wandern, hatte sie genug. Sie schubste ihn weg und fragte ihn mit barscher Stimme, ob er sie etwa für ein leichtes Mädchen halte, und gab sich die Antwort gleich im Stillen selbst.
    Eigentlich hätte sie Schuldgefühle empfinden sollen, weil sie Joe betrog. Er wäre zutiefst verletzt gewesen, wenn er gewusst hätte, dass sie jemand anderen geküsst hatte, auch wenn es nur ein amerikanischer Soldat war, den sie wahrscheinlich nie wiedersehen würde. Aber zu ihrer Beunruhigung fiel es Nancy schwer, sich Joes Gesicht überhaupt in Erinnerung zu rufen, und merkwürdigerweise hatte sie gar nicht das Gefühl, Joe zu betrügen. Viel eher kam es ihr so vor, als habe sie Mac hintergangen.
    Ein paar Tage lang schienen sich ihre Wege gar nicht zu kreuzen. Nancys Anspannung begann sich zu lockern, und sie glaubte tatsächlich, sie habe ihre Gefühle wieder unter Kontrolle. Schließlich war die ganze Situation lächerlich, ja unmöglich. Er war verheiratet. Kein unpassendes Wort war bisher zwischen ihnen gefallen. Er war ein ranghoher Offizier, sie war seine Schülerin gewesen. Sehr bald würde einer von ihnen wieder woandershin versetzt werden. Ende der Geschichte.
    Aber das war es natürlich nicht.
    In jenem Jahr war der September in England sonnig und klar. Die Sonne brachte nicht mehr so viel Hitze, war aber immer noch angenehm warm. Die Brombeersträucher bogen sich unter der Last der Beeren, und die Blätter an den Bäumen färbten sich langsam gelb. Die Morgendämmerung setzte später ein, und es wurde früher dunkel, so dass sich die Zeitspanne, in der geflogen werden konnte, zunehmend verkürzte.
    Nancy hatte eine Hurricane nach St Athan überführt, einem Stützpunkt der Royal Air Force in South Wales. Der Pilot, der sie mit dem Transportflugzeug abholte, war diesmal Mac. Als sie an Bord klettern wollte, gab er ihr Handzeichen und

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