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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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Glück gehabt. Nichtsdestotrotz bestanden die Ärzte darauf, sie dazubehalten, um sie weiter zu beobachten; und als sie gemütlich in einem bequemen Bett in ihrem kleinen Einzelzimmer lag, hatte Nancy gemerkt, wie erschöpft sie tatsächlich war. Die Wochen, in denen sie pausenlos Transportflüge hatte durchführen müssen, der ständige Druck und das Leben an der Grenze der nervlichen Belastbarkeit hatten ihren Tribut gefordert; jetzt spürte sie die tiefe Erschöpfung bis in alle Knochen und gab sich wonnig dem Nichtstun hin: Sie musste keine Entscheidungen fällen, sich um nichts sorgen, und niemand erwartete etwas von ihr. Ihr Zimmer ging von einem Flur ab, der zwei Krankenstationen miteinander verband, und zu Anfang kamen die Patienten, die schon wieder auf den Beinen waren, öfter zu einem Schwätzchen vorbei, doch Nancy, die eigentlich sonst sehr gesellig war, wollte nur ihre Ruhe haben. Sie hielt die Zimmertür stets geschlossen, um die anderen von einem Besuch abzuhalten und den Radiolärm auszublenden, der vom Stationsflur hereindrang. Statt die beliebten Unterhaltungssendungen und Hörspiele mitzuhören, schlief sie lieber.
    Manchmal durchlebte sie zwischen Wachen und Dösen den Augenblick wieder, als ihr klar geworden war, dass die Spitfire abstürzen würde, und sie mit ihrem Tod rechnete.
    Manchmal sah sie das Flugzeug in einem Feuerball explodieren, dann wieder befand sie sich auf ihrem Marsch durch den Schnee in einer kargen, trostlosen Landschaft, alle Glieder taten ihr weh, ihre Wunden bluteten, und sie hatte die Hoffnung schon beinahe aufgegeben, je wieder eine bewohnte Gegend zu erreichen und einem Menschen zu begegnen. Doch meistens schwebte sie in einem Zustand wohliger Zufriedenheit und hielt sich an der Erinnerung fest, wie Mac neben ihr gehockt und sie mit einem Blick betrachtet hatte, der verriet, dass er sich wirklich um sie sorgte; wie er seinen Mantel um sie gehüllt und sie im Auto in die Decke gewickelt hatte; wie er dann das Auto mit derselben verbissenen Konzentration gesteuert hatte, die er beim Fliegen eines Flugzeugs zeigte; wie er sie auf dem Weg ins Krankenhaus gestützt hatte und augenblicklich nach einem Arzt verlangt hatte. Er war bei ihr geblieben, bis ein Arzt sie untersucht hatte, und Nancy hatte eigentlich erwartet, dass sie wieder mit ihm wegfahren könne, sobald ihre Wunde genäht war, aber der Arzt hatte darauf bestanden, sie stationär aufzunehmen. Seitdem hatte sie Mac nicht mehr gesehen, doch jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, meinte sie, seine Finger auf ihrer Stirn zu spüren, wie sie behutsam das Haar von dem Verband über der Wunde wegstrichen, eine besorgte Geste, die in ihrer Vorstellung einer zärtlichen Berührung ziemlich nahe kam. Oder sie fühlte wieder, wie er zum Abschied ihre Hand gedrückt hatte.
    Jetzt konnte sie es genau spüren – seine Finger um ihre Hand, ein Teil des Traumes, doch auch im Erwachen waren sie noch da. Er war hier – an ihrem Bett. Ein warmes Glücksgefühl durchströmte ihren Körper.
    Â»Hallo!«, murmelte sie träge.
    Â»Hallo!« Die Stimme war irgendwie nicht richtig, aber sie konnte sich nicht erklären, warum. Verwundert öffnete sie die Augen und war mit einem Schlag hellwach.
    Â»Joe! Joe – was machst du denn hier?«
    Â»Bin gekommen, um dich zu überraschen, mein Schatz!« In der Uniform der USAAF sah er aus wie ein großer, gemütlicher Teddybär, der sie mit sorgenvollem Gesicht anblickte.
    Â»Joe – das glaube ich einfach nicht!«
    Er lächelte das breite, gemütvolle Lächeln, das sie so gut kannte. »Sie haben mir ein paar Tage Urlaub gegeben, damit ich dich besuchen kann. Und hier bin ich!«
    Â»Oh Gott, Joe!« Widerstreitende Gefühle bewegten sie. Freude darüber, Joe zu sehen, Enttäuschung, dass er nicht derjenige war, mit dem sie gerechnet hatte.
    Â»Kein Grund, gleich in Tränen auszubrechen, Schatz. Ich bin hier, und du bist hier. Alles andere ist egal!«
    Â»Ich weine doch gar nicht.« Aber sie weinte, sie konnte die Tränen auf ihren Wimpern spüren. »Wie bist du denn hierhergekommen?«
    Â»Ich habe einen Platz in einer Walrus bekommen. Das ist vielleicht ein komisches Flugzeug! Erinnert mich eher an ein Schiff!«
    Â»Weil es ein Amphibienflugzeug ist.«
    Â»Ja, es hatte wirklich was von einer Kaulquappe, so wie es hin und her

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