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Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)

Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Küsters
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nachzufragen.
    Im zweiten Fotoalbum waren mehrere Seiten leer. Offenbar hatten die Eltern irgendwann die Lust daran verloren, ihr Glück für die Nachwelt zu konservieren. Es gab nur noch ein rundes Dutzend Fotos, die meist vor unterschiedlicher Urlaubskulisse aufgenommen worden waren. Er wollte das Buch schon zuklappen, als sein Blick auf drei Fotos fiel, die den Schluss der Fotoreihen markierten.
    Familie Dürselen hatte offenbar zu den Deutschen gehört, die, neben der Nordsee, auch die Berge für sich entdeckt hatten. Jedenfalls standen alle drei in Kniebundhosen, karierten Hemden und mit Wanderstock in der Hand auf einem Parkplatz neben einem roten Audi 80, im Hintergrund Neuschwanstein.
    Katharina Dürselen erschien im Türrahmen. Jakisch konnte an ihren roten Augen sehen, dass sie geweint hatte.
    Er stand auf. »Vielen Dank. Ich, wir, wir wissen, was Sie in den vergangenen Monaten und vielleicht Jahren durchgemacht haben.« Er deutete auf die Alben. »Fündig geworden bin ich nicht. Ich denke, das war’s. Wir werden Sie erst einmal zur Ruhe kommen lassen. Wenn sich neue Erkenntnisse ergeben, werden wir Sie umgehend informieren.«
    Katharina Dürselen nickte. »Dann gehen Sie jetzt. Ich muss mich sowieso ausruhen.«
    Carsten Jakisch erhob sich und folgte ihr in den Flur. Dabei überlegte er angestrengt, wie er sie wenigstens ein bisschen aufmuntern könnte. Schließlich war er hergekommen, um ihr Mut zu machen.
    »Sie sollten den Tag wieder in Ihr Leben lassen. Ich habe die Fotos gesehen. Sie sind früher viel herumgekommen.« Er lächelte zaghaft. »Sie mögen doch die Natur. Sie waren mehrfach an der Nordsee, Sie haben die Alpen gesehen.«
    Katharina Dürselen schüttelte heftig den Kopf. »Warum müssen Sie mich daran erinnern? Sie tun mir weh. Lassen Sie mich. Ich hatte das alles schon vergessen: die See, das Allgäu. Dieses Leben existiert nicht mehr.«
    »Das Allgäu?« Carsten Jakisch hatte endlich einen Anknüpfungspunkt gefunden. »Wissen Sie, ich arbeite eigentlich bei der Polizei in Kempten.«
    In den Augen von Katharina Dürselen flackerte Erinnerung auf. »In Kempten.«
    »Kennen Sie die Stadt?«
    »Wir sind mehr als sechs Jahre lang jede Ferien nach Rottach gefahren.« Sie wandte ihr Gesicht ab. »Ich will nicht mehr daran denken.«
    Carsten Jakisch war wie elektrisiert. »Rottach?« Es gab also eine Verbindung von Julia Dürselen ins Allgäu. Wie immer sie aussehen mochte. Es könnte eine neue Spur sein. Julia Dürselen, Samantha Kurzius, Ernst Büschgens: Immer wieder tauchte in ihrem Zusammenhang der Name Rottach auf. Endlich. Er würde morgen doch mit einem brauchbaren Ergebnis ins Präsidium kommen.
    »Bitte gehen Sie jetzt. Mich interessiert nicht, dass Sie aus dem Allgäu kommen.«
    Er blieb in der Tür stehen. »Frau Dürselen, Sie müssen mir von Ihren Urlauben erzählen. Das kann sehr wichtig sein.«
    Sie wand sich unter seinem Blick wie unter Schmerzen. »Warum können Sie uns nicht in Ruhe lassen? Die Familie, die Sie auf den Fotos gesehen haben, gibt es nicht mehr, schon lange nicht mehr.«
    Carsten Jakisch wollte nicht nachgeben. »Jede Ferien? Aber Sie waren nicht mit dem Zelt unterwegs, oder? Jedenfalls gibt es davon kein Foto. Haben Sie die Ferien in Hotels verbracht? Oder hatten Sie eine Ferienwohnung?«
    »Hören Sie endlich auf damit.« Ihre Stimme klang brüchig, und sie hatte sich haltsuchend an die Wand gelehnt. »Julia hat das Allgäu geliebt. Wir haben eine Ferienwohnung gehabt.«
    »Wo?«
    »In Rottach.«
    »Die Straße?«
    »Ich weiß es nicht mehr«, hauchte sie.
    »Sie müssen sich erinnern. Es könnte wichtig sein.«
    Aber Katharina Dürselen blieb stumm.

XXIV.
    »Wir wollen das Projekt zu Ende bringen. Die Zeit drängt.« Silvio Anelli nippte an seinem doppelten Espresso. Er musterte Leuchtenberg mit einem verbindlichen Lächeln, das aber seine Augen nicht erreichte. »Sie wollen sicher nicht, dass wir nervös werden?«
    Ferdinand Leuchtenberg nahm die Vorstellung des Italieners unbeeindruckt zur Kenntnis. Große Oper. Davon ließ er sich längst nicht mehr einschüchtern. Leuchtenberg wusste, dass er im Augenblick die Fäden in der Hand hielt.
    »Wie gefällt Ihnen das Hotel?« Leuchtenberg trank ebenfalls von seinem Espresso. Gleich mit Eröffnung des Hyatt war er der Atmosphäre der in dunklem Holz gehaltenen Lounge erlegen: offener Kamin und Raumteiler aus geschmiedeten, aber dennoch erstaunlich leicht wirkenden floralen Mustern. Dazu der freie Blick auf den

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