Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
hielt.
»Ich muss zum Flughafen. Sie übernehmen doch sicher gerne diese Kleinigkeiten?« Anelli stand auf und griff nach seinem dünnen Aktenkoffer. »Meine Maschine wartet nicht.«
Leuchtenberg nickte. Er würde schon noch die passende Gelegenheit finden, um seine Rechnung mit Anelli zu begleichen.
»Würden Sie die Freundlichkeit besitzen, mich zum Flieger zu bringen?«
»Aber gerne.«
»Und, Leuchtenberg, wir erwarten ein Geschenk von Ihnen. Nein, sagen wir, eine kleine Aufmerksamkeit. Eine Petitesse, wie Sie es formulieren würden.«
Ferdinand Leuchtenberg nickte. »Es wird mir ein Vergnügen sein.«
Robert Mayr sah an der Fassade empor. Die Läden waren geschlossen, die hölzernen Schindeln am Obergeschoss hatten schon lange keine frische Farbe mehr gesehen. Die aufgemalten barocken Schmuckelemente, die die Fenster und Türöffnung umrahmten, waren zum Teil abgeblättert. Der Spritzputz von den Jahren schmutzig. Der Schaukasten der Brauerei, in dem Mayr eine Speise- und Getränkekarte erwartete, war leer, bis auf einen Zettel: »Geschlossen«.
»Da werden Sie lange warten können.«
Mayr sah sich um. Hinter ihm hatte eine Frau in Gummistiefeln, blau geblümtem Kittel und mit Kopftuch Aufstellung genommen, auf eine Art, die eindeutig signalisierte: »Hier hab ich das Sagen.«
»Ich suche kein Zimmer und kein Bier.« Der Kriminalhauptkommissar zückte seinen Ausweis. »Aber können Sie mir bitte sagen, wo ich die Ferienwohnungen der Familie Graupner finde?«
»Was wollen’S denn von dena?« Die Bäuerin trat einen Schritt näher, um den Ausweis zu betrachten. Dabei hielt sie ihren umgedrehten Straßenbesen wie einen Hirtenstab.
»Die Graupners sollen ja vorwiegend an Familien aus dem Rheinland vermietet haben.«
Das von zu viel Sonne und Arbeit runzlige Gesicht der Rottacherin verschloss sich zusehends. »Was geht das mi an?«
»Bitte!« Robert Mayr schwitzte. Er hatte keine Lust auf Diskussionen. Er wollte zurück nach Moosbach, der See wartete. Er wollte lieber schwimmen gehen als mit einer alten Milchbäuerin streiten.
»Die Wohnungen liegen weiter oben, immer dem Tobel nach.« Die Frau musterte Mayr von oben bis unten. »Wie ein Wanderer sehen’S ja net aus. Aber Sie werden’s schon finden. Vermietet werden die aber schon lang nimmer. Der ganze Hof hat zum Schluss einem Immobilienmakler gehört. Heißt es. Hat lange leer gestanden. Und dann ist er verkauft worden. Wer da jetzt wohnt? Wenn’S mich fragen: lauter so feine Herren. Die kommen immer nur am Wochenende, mit ihren großen Autos. Und immer in Begleitung, wenn Sie wissen, was ich meine. Aber das geht mich ja nix an.« Sie bekreuzigte sich. »Merkwürdige Feriengäste sind das. Und wie gesagt, mieten können Sie die Wohnungen nicht. Da ist jetzt niemand. Was wollen’S denn überhaupt von denen?«
Robert Mayr sah den Hang hinauf. Ein Schotterweg wand sich durch die Wiesen und verschwand zusammen mit einem tief in den Fels eingeschnittenen Tobel im dichten Tannenwald.
»Da muss man schon gut zu Fuß sein.«
Mayr meinte Schadenfreude in der Stimme der Frau zu hören. »Ein bisschen Bewegung kann mir ja nicht schaden.«
»Haben die was angestellt, dass so ein Polizist wie Sie extra aus Kempten hier heraufkommt?«
»Wenn ich Sie richtig verstehe, sind die Wohnungen nicht zu mieten. Sind sie also verkauft? Und wissen Sie, woher die Autos kommen?« Mittlerweile hatte Mayr gehörigen Durst. Eine Halbe käme jetzt doch sehr gelegen.
»Was denken Sie von mir, Herr Kommissar?« Die Bäuerin stieß mit dem Besen auf den Boden. »Ich habe was anderes zum tun, als den Autos von Fremden hinterherzustarren.«
»Wissen Sie nun was, oder wissen Sie nichts?« Seine Geduld hatte er nahezu ausgeschwitzt.
»Auf den Nummernschildern stand oft D , KE , MG und DU , aber mehr weiß ich nicht.«
Das war mit Sicherheit gelogen, dachte Mayr. »Das ist alles?«
»Italienische waren auch dabei.«
»Woher wissen Sie das?«
»Bis Südtirol ist es ja nicht weit. Da kommen schon öfter mal Italiener hierher. Außerdem war ich erst im letzten Jahr beim Papst. Mit einer Buswallfahrt. Mei, war das aufregend.« Sie bekreuzigte sich erneut.
Deutsche und italienische Kennzeichen? Was hatte das schon wieder zu bedeuten? Jakisch hatte lediglich von der Familie Dürselen gesprochen. Aber die waren schon seit Jahren nicht mehr in Rottach gewesen, angeblich. Er musste dringend mit Jakisch telefonieren. Das klang doch ganz so, als hätten sich ein paar finanziell und
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