Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
spiegelte.
Frank deutete über das Hafenbecken hinweg auf das spitz zulaufende Grundstück gegenüber. »Monkey Island ist verschwunden.«
»Mann, das ist schon lange passé.« Ecki musterte die beiden grauen Würfel. »Da ist jetzt ein Luxushotel.«
Die beiden Ermittler querten das Hafenbecken über die Fußgängerbrücke und suchten sich einen Platz unter einem der Sonnenschirme, die das Hotelpersonal vor die Lounge geräumt hatten.
Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, ließen sie ihre Augen eine Zeit lang über die Skyline jenseits des Rheins gleiten.
»Das ist schon ’ne andere Hausnummer hier.«
»Als wo?«
»Die Niers ist und bleibt ein Bach.« Frank gähnte. Die Pause erinnerte seinen Körper daran, dass er schon lange nicht mehr die Seele hatte baumeln lassen.
»Tut auch mal gut, nicht nur Tatortfotos oder die Protokolle der TÜ auswerten zu müssen, dumme Zeugen vernehmen und überdrehte Polizeipräsidenten ertragen zu müssen. Ich könnte Urlaub gebrauchen. Dringend.« Ecki lehnte sich zurück und sog die Luft hörbar ein. »Die Welt kann so schön sein.«
»Klar, mit einem Fünf-Sterne-Schuppen im Rücken und der nötigen Kohle.«
»Na ja, kann auch langweilig werden auf die Dauer. Denk nur an Büschgens. Der hatte die Schnauze voll. Wenn ich ehrlich bin, diese Schickimickitypen hier würden mir nach spätestens drei Tagen auf den Sack gehen.«
»Du bist und bleibst halt ein Landei.«
Ecki nickte. »Und darauf bin ich sogar stolz.«
»Ich wäre stolz, wenn wir den oder die Mörder der beiden Frauen hätten. Dann hätten wir auch den Mörder von Büschgens.« Frank konnte doch nicht abschalten. Was war der wahre Grund, aus dem der Immobilienhändler Mönchengladbach und die Landeshauptstadt verlassen hatte?
»Was denkst du?«
»Warum hat Büschgens die Stadt und das Land verlassen? Hier waren seine Futtertröge, hier hatte er die Macht, die er als Politiker und Unternehmer zum Atmen und Arbeiten brauchte.« Frank machte eine vage ausholende Bewegung.
»Hast du denn noch nie daran gedacht, aus deinem Job auszusteigen?« Ecki nickte der Kellnerin zu, die an ihrem Tisch vorbeiging.
»Schon. Aber ich bin kein Politiker. Nenn mir einen von der Mischpoke, der freiwillig seinen Sessel räumt. Die können doch alle nicht ohne das Gefühl leben, Schicksal spielen zu können.«
»Es gibt auch Ausnahmen.«
»Ach! Guck dir Stuttgart 21 an, guck dir das Gezerre um den Transrapid an, guck dir das ewige Theater um unser neues Präsidium an.« Frank zog seine Geldbörse hervor und nahm einen Zettel heraus. »Hat Lisa dieser Tage gefunden: Die Vergesslichkeit des Menschen ist etwas anderes als die Neigung mancher Politiker, sich nicht erinnern zu können. Ein Zitat von Marcel Mart.«
»Gut, es gibt keine.« Ecki grinste, obwohl ihm bei dem Thema nicht zum Lachen zumute war. Seit Monaten hockten sie im Personalrat zusammen, um ihre Sicht der Dinge zu vertreten. Aber nichts geschah. Vor allem nicht in ihrem Sinne. Mal sollte der Neubau »noch innerhalb dieses Jahres« angegangen werden, dann war die Grundstückssituation doch wieder unklar, dann wurde vor den Wahlen gar nichts entschieden, dann wurden wieder irgendwelche alten Pläne aus der Schublade gezogen, die man doch schon mehrfach verworfen hatte. Es war schon ein Kreuz mit der Verwaltung, egal, ob auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene.
»Warum kommen wir in Sachen Büschgens nicht weiter?«
»Weil sich niemand erinnern kann oder will?«
»Im Ernst, Ecki.«
»Ein Auftragsmord. Ein Killerkommando. Mafia vielleicht. In jedem Fall Profis. Die hinterlassen keine Spuren. Denk an das Killerkommando, das den Augenarzt in Immerath durchsiebt hat. Mehrere Dutzend Schüsse in die Weichteile und keine einzige verwertbare Spur. Die Kollegen in Heinsberg tappen bei dieser Hinrichtung immer noch im Dunkeln. Die Vermutung, die Täter stammten aus dem Motorradmilieu, hat sich am Ende als Trugspur herausgestellt. Zumindest ist das der Stand der Dinge.«
»So weit waren wir schon. Außerdem kenne ich den Vorgang, Ecki.«
»Schrievers hat die einschlägigen Kartelle und Organisationen, Rockerclubs und Einzeltäter überprüft, nix.«
»Sag ich doch.«
»Auch ich werde das Gefühl nicht los, dass der Schlüssel zu der Geschichte doch im Allgäu liegt.« Ecki orderte zwei weitere Cappuccino. »Du hast recht, Büschgens hat bestimmt nicht freiwillig das gut bestellte Feld NRW geräumt.«
»Dann kann das Motiv tatsächlich nur im politischen oder
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