Ein König für Deutschland
des Konzerns …
Und so weiter. Bla, bla, bla. Helene gab sich keinerlei Illusionen hin: Wäre die Sache, die sie aus einem Impuls heraus entschieden hatte, nach hinten losgegangen, hätte man ihr etwas gehustet, wenn sie sich auf die »Kultur des Konzerns« berufen hätte. Man hätte ihr alle Schuld zugeschoben und sie, je nach Höhe der Verluste, mehr oder weniger gnadenlos gefeuert. Da hätten ihr auch all ihre vorangegangenen Verdienste nichts genutzt. Vergangene Verdienste waren, Ehrungen hin oder her, eben genau das: vergangen.
Also bedeutete ihr das Theater nichts. Sie war eine vernünftige Frau, wie gesagt.
Aber das hier … Simon. Ihr Ehemann, den sie schon beinahe vergessen geglaubt hatte.
Sie hatte schlucken müssen, als man ihr die fertig retuschierten Fotos für den allerersten Beitrag vorgelegt hatte. Wie gut er darauf ausgesehen hatte! Sie hatte sich gefragt, ob es womöglich ein Fehler gewesen war, ihn zu verlassen, und keine Antwort darauf gewusst.
Und seither hatte er irgendwie an Statur noch zugelegt …
König Simon. Verrückt, das alles, klar.
Aber ein Gedanke wollte ihr nicht mehr aus dem Kopf – nämlich dass sie, würde Simon tatsächlich König, automatisch Königin wäre. Königin Helene I. von Deutschland.
Was war dagegen der Titel Chefredakteurin ?
Das Telefon summte. Es war Isabella, die Nummer 2 der inoffiziellen Redaktionshierarchie. »Es geht um das Interview mit diesem Hollywood-Schönling. Er hat jetzt bei der Premiere in Berlin doch keine Zeit mehr, bietet uns aber an, es am nächsten Tag in London zu machen. Die Frage wäre, ob uns das die höheren Reisekosten wert ist.«
Helene atmete tief durch. »Das überlasse ich dir«, sagte sie.
Isabella stutzte. »Echt?«
»Ich überlass dir bis auf Weiteres den ganzen Laden. Ich muss ein paar Tage weg.«
»Echt? Und darf man erfahren –?«
»Nein«, sagte Helene. »Nicht jetzt.« Damit legte sie auf.
Isabella hatte sie schon öfter vertreten. Sie würde das Schiff nicht zum Kentern bringen. Und was ihre Fehlzeit anbelangte … Nun, würden Überstunden nicht verfallen, sie hätte genug davon, um ein Jahr lang wegzubleiben. Den wollte sie sehen, der ihr deswegen an den Karren fuhr.
Sie wählte eine andere Nummer. »Helene hier«, meldete sie sich. »Ich brauche einen Wagen.«
***
Alex hatte sich sein Büro im ersten Stock des Pförtnerhauses eingerichtet, in einem großen Zimmer, aus dem er durch vier Fenster in alle Himmelsrichtungen sehen konnte und so alles unter Kontrolle hatte. Hier setzte sich Simon mit ihm zusammen, um die Abläufe zu besprechen, die anstehenden Termine und Interviewanfragen.
»… dann ist schließlich noch das Festbankett heute Abend«, sagte Alex irgendwann. »Es wäre schön, wenn Sie den Vorsitz an der Tafel übernähmen.«
Simon hatte einen Moment lang das Gefühl, sich verhört zu haben. »Ein Festbankett?«
Alex deutete auf das in den Schlosshof führende Fenster. Dort stand ein Lieferwagen, und Leute mit weißen Schürzen trugen Körbe, Kisten und Gerät ins Haus. »Das ist die Cateringfirma, die das durchführt.«
»Die Cateringfirma.« Simon lehnte sich zurück, faltete die Hände. »Sagen Sie, Alex, das muss doch alles unglaublich viel Geld kosten? Wie machen Sie das?«
Alex grinste breit. Das Thema schien ihn ausgesprochen zu amüsieren. »Klar, einen Hofstaat zu unterhalten war noch nie billig, das werden Sie besser wissen als ich …«
»Ich hatte mir nie vorgestellt, dass das solche Dimensionen annehmen würde. Wer bezahlt das alles? Das müssen doch Unsummen sein, die hier im Spiel sind!«
Alex verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Also, zunächst ist das ein Spiel, ein Alternate-Reality-Game , und die Teilnahme kostet eine Gebühr. Die sich in diesem Fall nach der gewünschten Rolle richtet – eine Gräfin zu spielen kostet viel, als Diener oder Küchenmagd teilzunehmen wenig. Na ja – und dann bekommen wir zum Glück großzügige Spenden …«
»Spenden? Von wem?«
»Unter anderem von Herrn Stiekel, dem Besitzer des Schlosses. Sie werden sich erinnern, er ist ein ausgesprochener Fan von Ihnen.«
Das hielt Simon für eine ausgesprochen naive Sichtweise der Dinge. »Sie meinen, er hält es für möglich, dass ich tatsächlichKönig werden könnte, und erhofft sich für diesen Fall Vorteile? Das ist unredlich, Alex. Sie dürfen ihn nicht in diesem Glauben lassen. Das Spiel endet am Abend der Bundestagswahl, das wissen Sie genau.«
Alexander Leicht kippte seinen
Weitere Kostenlose Bücher