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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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der Stimmen hätte bekommen müssen, während das offizielle Endergebnis auf 38 % lautet. Die statistische Wahrscheinlichkeit einer solchen Varianz liegt bei eins zu 3 Milliarden 16 . Den Hochrechnungen zufolge hätte Kerry in Ohio mit 4,2 % Vorsprung gewinnen müssen – stattdessen weist das offizielle Ergebnis aus, dass Präsident Bush mit 2,5 % führt 17 .«
    »Und dass etwas mit der Methode der Hochrechnungen grundsätzlich nicht stimmt?«
    »Mister Maverick!«, verwahrte sich Underwood. »Wahltagsbefragungen sind heutzutage eine exakte Wissenschaft. Letztes Jahr haben in der Republik Georgien Diskrepanzen zwischen den Hochrechnungen von Wahltagsbefragungen und dem offiziellen Endergebnis dazu geführt, dass ein Wahlbetrug aufgedeckt wurde und die Regierung von Eduard Schewardnadse zurücktreten musste 18 . Anders als Prognosen, die Leute danach fragen, wie sie wählen werden , fragen wir Leute, wie sie tatsächlich gewählt haben . Der Faktor, dass sich Leute noch in der Wahlkabine anders entscheiden, entfällt also. Schauen Sie, in Deutschland beispielsweisehaben Hochrechnungen aufgrund von Wählerbefragungen das tatsächliche Wahlergebnis noch nie um mehr als drei Zehntel Prozent verfehlt 19 . Und nun vergleichen Sie das mit dem Abend des 2. November, als bei uns die offiziellen Wahlergebnisse um bis zu 9,5 % von den Hochrechnungen abgewichen sind.«
    »Allerhand«, meinte Vincent.
    »Werden Sie darüber berichten, Mister Maverick?«
    »Selbstverständlich«, log Vincent unbehaglich.
    »Sie können auch gerne einen Fotografen vorbeischicken.«
    »Machen wir. Ich … muss das hier intern abklären und melde mich gleich noch einmal«, sagte Vincent und legte rasch auf.
    Unmöglich, jetzt über den Projektplan Dezember nachzudenken. Auch wenn ihn Consuela morgen sehen wollte. Unmöglich, an etwas anderes zu denken als an Ohio.
    Vincent suchte im Internet nach Informationen über Ohio und die Wahlen.
    Was er fand, war nicht geeignet, sein Unbehagen zu beseitigen: Der für die Durchführung der Wahlen in Ohio Verantwortliche – derjenige also, der letzten Endes die Regeln bestimmte, nach denen gewählt wurde, der über die Registrierung und den Ausschluss von Wählern von den Wahllisten entschied und auch darüber, welche Geräte zum Einsatz kamen – war ein Mann namens Kenneth Blackwell. Der war nicht nur Mitglied der republikanischen Partei, sondern zugleich Stellvertretender Vorsitzender des »Komitees zur Wiederwahl von Präsident Bush« 20 .
    Und nicht nur das: Kenneth Blackwell war im Jahr 2000 in Florida gewesen, um im Auftrag des Wahlteams von George W. Bush die Nachzählung der Stimmen zu überwachen 21 .
    Als principal electoral system adviser – als »Chefberater für Wahlsysteme« also.
    Vincent schloss den Internetbrowser. Auf einmal wollte er nichts mehr über Ohio und die Wahlen dort wissen.
    ***
    Keine zwei Wochen später, Vincent war gerade nach Hause gekommen, klingelte es an der Tür. Er öffnete und stand Zantini gegenüber, der sich die Schuhe abtrat und fragte: »Darf ich reinkommen?«
    Als Vincent zögerte, fügte er hinzu: »Es ist wichtig.«
    Vincent wusste nicht recht, was er darauf sagen sollte, also ließ er ihn eben herein.
    Zantini machte es sich in einem der Sessel im Wohnzimmer bequem, nahm – »Danke« – ein Glas kalte Cola, und meinte endlich: »Ich nehme an, Sie haben die Wahlen aufmerksam verfolgt?«
    »Nein«, sagte Vincent, wie er es sich zurechtgelegt hatte. »Ich war nicht mal wählen.«
    Der Zauberkünstler lachte amüsiert. »Ah ja? Aber Sie haben mit Dr. Clay Underwood telefoniert, der diese Diskussion um die Wahlen in Ohio losgetreten hat, die gerade die Runde macht. So ein Zufall.«
    Vincent kniff die Augen zusammen. »Das wissen Sie aus den Protokollen der Telefonanlage.«
    »Nein, das weiß ich, weil er zurückgerufen und sich gewundert hat, dass wir nicht die Redaktion des Florida Daily sind«, erklärte Zantini. Er spreizte die Hände. »Also, jedenfalls wissen Sie, worum es geht. Die Mannschaft des amtierenden Präsidenten hat ihre schmutzigen Finger in den Wahlurnen gehabt. Amateure, wenn Sie mich fragen. Nicht zuletzt deswegen möchte ich jetzt in dieses Geschäft einsteigen.« Er richtete zwei Finger auf Vincent. »Mit Ihrer geschätzten Hilfe. Was Ihr Schaden nicht sein soll.«
    »Unter dem Namen einer anderen Person abzustimmen wird mit fünfhundert Dollar Geldbuße, einem Jahr Gefängnis und Verlust des Wahlrechts bestraft, und schon der Versuch ist

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