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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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diese Regel durchbrochen sein sollte.«
    Damit wurde er weggeschaltet, und der Moderator wandte sich mit belustigtem Grinsen an die Zuschauer. »Soweit diese etwas, hmm, ungewöhnliche Deutung des Wahlausgangs aus dem Vereinigten Königreich«, sagte er. Er nahm ein Blatt zur Hand.»Obwohl Bush nicht in allen Staaten gewonnen hat, hat er mit Ausnahme von South Dakota und Vermont doch in allen Staaten mehr Stimmen bekommen als im Jahr 2000 und damit sämtliche Prognosen klar widerlegt. Wie ist das zu erklären? Sehen Sie im Anschluss eine Diskussion führender Politikexperten zu diesem Thema direkt hier aus dem Studio.«
    14 Kate Kelland, »John Kerry’s familiy traced back to royalty«, Reuters, 16. August 2004

KAPITEL 7
    J a, wie war das zu erklären? Diese Frage ließ Vincent nicht mehr los. Es half auch nichts, den Fernseher auszuschalten und ins Büro zu fahren. Die Rädchen in seinem Kopf drehten sich.
    Er saß über dem Projektplan für Dezember, aber er grübelte, wie dieser Wahlforscher geheißen hatte, dem er im Staatsarchiv von Tallahassee begegnet war. Der Typ mit dem mächtigen grauen Bart und den buschigen Augenbrauen. Hatte der nicht behauptet, Wahltagsbefragungen könnten Hinweise auf Wahlbetrug liefern …?
    Hatten sie einander überhaupt vorgestellt? Nein, aber die Angestellte hatte ihn »Dr. Underwood« genannt!
    Vincent vergaß den Projektplan und startete eine Suche im Internet. Was hatte Underwood erwähnt? Dass er für ein privates Meinungsforschungsinstitut arbeite, genau.
    Zwanzig Minuten später hatte er die einzige derartige Firma ausfindig gemacht, die einen Dr. Clay Underwood beschäftigte, laut Website-Eintrag in der Abteilung Statistik. Passte. Vincent griff zum Telefonhörer.
    » Jesper Opinion Research , guten Tag. Was kann ich für Sie tun?«, meldete sich die trainierte Stimme einer Telefonistin.
    Vincent erklärte, Dr. Underwood sprechen zu wollen; ob das denn nicht seine Nummer sei?
    »Im Prinzip schon, nur arbeitet Dr. Underwood nicht mehr für unsere Gesellschaft«, erklärte die Frau.
    »Ah, ja«, meinte Vincent. »Auf Ihrer Website steht er noch.«
    »Der für die Website zuständige Mitarbeiter ist heute nicht da. Ich denke, spätestens morgen wird das korrigiert sein.«
    Vincent starrte auf den Bildschirm mit dem bärtigen Konterfei, während er begriff, was sie damit sagte: nämlich dass der Fortgang – oder die fristlose Entlassung – Dr. Underwoods noch keinen Tag her sein konnte. Allerhand.
    »Haben Sie zufällig seine Privatnummer?«, fragte er.
    »Tut mir leid, aber wir geben grundsätzlich keine privaten Daten von Mitarbeitern weiter, auch nicht von ausgeschiedenen.«
    »Find ich schwer in Ordnung«, erklärte Vincent, der parallel dazu eine Internetabfrage gestartet und die Telefonnummer von Dr. Clay Underwood, 450 Old Vine Street, Lexington, Kentucky bereits vor sich am Schirm hatte. Er bedankte sich, legte auf und wählte erneut.
    »Underwood.« Ja, das war die Stimme, an die er sich erinnerte. Er meinte fast, einen Plastiklöffel zu hören, der unablässig in einem Plastikbecher rührte.
    »Guten Tag, Doktor Underwood«, begann Vincent, »mein Name ist Vincent Merrit. Wir sind uns mal in Tallahassee begegnet –«
    »Ah, Mister Maverick! Ja!«, unterbrach ihn Underwood begeistert. »Vom Florida Daily , nicht wahr? Natürlich erinnere ich mich. Schön, dass Sie anrufen. Ehrlich gesagt dachte ich schon, es reagiert überhaupt niemand mehr auf die Presseerklärung, die ich rausgeschickt habe …«
    War es ratsam, die Verwechslung richtigzustellen? Eher nicht, fand Vincent und fuhr behutsam fort: »Ja, also … genau, Ihre Presseerklärung, die ist äußerst interessant … Können Sie dazu vielleicht etwas mehr sagen?«
    »Was ich Ihnen ganz aktuell dazu sagen kann, ist, dass mich meine Firma deswegen rausgeschmissen hat. Gefeuert, weil ich darauf bestanden habe, die Wahrheit ans Licht zu bringen«, ereiferte sich Underwood. »Darüber sollten Sie auf jeden Fall schreiben! Ich meine, ich frage Sie, kann es angehen, dass man jemanden entlässt, der nichts anderes tut, als von seinem verfassungsmäßigen Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch zu machen? Und in was für einer Weise, ich bitte Sie: Ich packe gestern Abend gerade meine Sachen zusammen, um nach Hause zugehen, da kommt mein Vorgesetzter herein, ein Fax in der Hand. Das Fax ist eine Kopie meiner Pressemitteilung, die ihm irgendjemand geschickt haben muss. Underwood, sagt er, Sie können gleich ganz

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