Ein König für Deutschland
Tischplatte unter seinen Händen vibrieren ließen. Kurz darauf rannte Leonard Stanton zu seinem Wagen, als hinge sein Leben davon ab.
Der folgende Tag verlief so ähnlich, nur etwas leiser.
Am dritten Tag kam statt des Anwalts ein Telefontechniker, um im Chefbüro einen neuen Apparat zu installieren.
Dann kam das Wochenende. Am Tag danach sah und hörte man nichts von Consuela.
Dann tauchte sie wieder auf und wirkte, als sei alles in bester Ordnung. Das Leben ging weiter. Und die Projektsitzungen, diezuletzt nur noch einmal pro Woche stattgefunden hatten und in denen sich Consuela meist damit begnügt hatte, Vorschläge abzunicken, Vorhaben durchzuwinken und schwierige Fragen zu vertagen, fanden nun wieder täglich statt.
»Politiker sind alles Gangster«, vertraute sie Vincent in einer davon an.
»Dachte ich mir schon immer«, sagte Vincent.
»Und Anwälte können nur eins wirklich gut: Unverschämt hohe Rechnungen stellen.«
»Sie sagen es.«
»Ach«, stieß sie hervor und stützte entmutigt den Kopf auf die Hände, »ich hätte ihn vielleicht doch heiraten sollen. Dann hätten sie ihn jedenfalls nicht so einfach nach Europa zurückschicken können.«
»Ich bin sicher, dass Sie sich keine Vorwürfe zu machen brauchen«, erwiderte Vincent mit der Überzeugungskraft dessen, der weiß, dass er die reine Wahrheit sagt.
Consuela seufzte. »Sie haben ja Recht. Was täte ich nur, wenn ich Sie nicht hätte.« Sie versuchte, sich auf den Projektplan Januar 2005 zu konzentrieren, aber es fiel ihr sichtlich schwer.
Vincent war trotz allem höchst zufrieden mit sich. Zwar tat es ihm ein bisschen leid, derart rüde in Consuelas Liebesleben eingegriffen zu haben, aber im Großen und Ganzen hatte er kein schlechtes Gewissen. Im Gegenteil, es war höchste Zeit gewesen, sich zu wehren!
Und ganz ehrlich: Er war insgeheim begeistert, wie elegant die Sache geklappt hatte.
Überhaupt war es keine schlechte Idee, zur Abwechslung mal ein bisschen an sich selber zu denken. Das sagte er sich und widmete die kommenden Abende einem höchst privaten Projekt: In dem Immobilienverwaltungsprogramm jener großen Maklerfirma (die damals so viele Sonderwünsche gehabt und sich, als es an deren Bezahlung ging, eklig angestellt hatte, zeitweise zu einer anderen Softwarefirma gewechselt, inzwischen aber reumütig zurückgekehrt war und nun eine besonders intensive Betreuung – zu einem besonders hohen Stundensatz – genoss)installierte Vincent (selbstverständlich auf Kosten des Kunden) eine »Hintertür« in die Software. Es handelte sich um eine Funktion, die Angebote, die bestimmten Kriterien entsprachen, aus dem allgemeinen Pool sperrte und erst einmal ihn exklusiv per E-Mail darüber in Kenntnis setzte. (Natürlich ließen sich die Suchkriterien per Fernzugriff ändern.)
Nachdem er das Update eingespielt hatte, konnte er jeden Abend ein, zwei interessante Angebote begutachten. So stieß er nach ein paar Wochen auf ein Schnäppchen von einem Haus.
Es war nicht groß, aber es lag sympathisch – direkt am Lake Charm, halb versteckt zwischen Büschen, Bäumen und Agaven. Und seine Besitzerin wollte es einfach nur loswerden, egal zu welchem Preis.
»Ich hätte erwartet, dass sich mehr Interessenten melden«, sagte sie, als Vincent bei ihr auftauchte.
»Ist vielleicht nicht die Jahreszeit«, erwiderte Vincent.
Das Haus, erzählte die Frau, habe ihrem Vater gehört, und der – »der alte Depp« – habe es nicht lassen können, Drogen zu schmuggeln. Nun war er tot, erschossen von Killern eines Kartells, dem er geschäftlich in die Quere gekommen war. Sie konnte es kaum erwarten, irgendjemandem die Schlüssel für das Haus in die Hand zu drücken und fortzufahren, so weit wie möglich, um alles zu vergessen.
»Wenn wir uns über den Preis einigen, können Sie von mir aus noch heute aufbrechen«, sagte Vincent.
Sie einigten sich, Vincent kündigte sein Apartment und verbrachte die darauffolgenden Abende und Wochenenden mit Renovierungsarbeiten.
Als unerwarteter Vorteil des Hauses erwies sich, dass sein Vorbesitzer es mit zahllosen Verstecken, verborgenen Schächten und Fächern versehen hatte, was die Installation einer vernünftigen Ethernet 23 -Verkabelung enorm erleichterte. Außerdem gab eseinen großen, fensterlosen, klimatisierten Raum: Welchen Nutzen ein solcher für die Belange eines Drogenschmugglers hatte, konnte Vincent zwar nicht nachvollziehen, für einen Computerfreak jedenfalls war das die unter den
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