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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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waren. Ab und zu kam einer von ihnen heraus, stiefelte herum und machte irgendwas. Vincent konnte nicht erkennen, was, aber es war ihm auch herzlich egal. Die konnten ihn alle mal.
    Er biss in die Pizza. Natürlich würde er bei Zantinis Plänen nicht mitmachen. Der dürre Trickkünstler hatte ihn ziemlich überfahren, okay. Aber jetzt, da er sich das alles in Ruhe noch mal durch den Kopf gehen ließ, wurde ihm klar, dass Zantini ihn schließlich zu nichts zwingen konnte. Schön, er tat so, als sei er der große Boss, und sein Auftritt vorhin – das war schon irgendwie stark gewesen. Man merkte, dass Zantini etwas von Show verstand. Aber was wollte er denn machen, wenn Vincent einfach sagte, es ginge nicht, er könne das Ding nicht knacken? Das war alles, was er zu tun brauchte, und zack – schon war er ihn los.
    Easy. Einer von den ganz einfachen Zaubertricks.
    Vincent nahm sich das nächste Stück Pizza. Ihm das Internet abzuklemmen! Frech. Er würde sich auf alle Fälle was ausdenken, wie er Zantini das heimzahlen konnte.
    Kauend betrachtete er den grauen Kasten. Hackinator und seine Kumpels hatten es geschafft das Ding zu knacken.
    Mit anderen Worten, es ging.
    Vincent kaute an einem großen Bissen, die Forumsdiskussionen vor seinem inneren Auge. Die heiklen Punkte. Die Probleme, die sich gestellt hatten.
    Tatsache war, dass er, Vincent, das Ding genauso knacken konnte. Das brauchte er Zantini nicht auf die Nase zu binden, klar, aber Tatsache blieb es trotzdem.
    Die Pizza schmeckte nicht besonders, aber sie stopfte. Vincent legte den Rest seines Stücks zu der unberührten zweiten Hälfte und klappte den Deckel des Kartons zu. Er zog ein Küchenhandtuch heran, wischte seine Finger daran ab.
    Ansehen konnte er sich die Maschine ja wenigstens mal.Einfach um zu sehen, was für Fortschritte die Technik in den letzten zehn Jahren gemacht hatte.
    Das Gerät aufzubauen war tatsächlich einfach. Man klappte die Seitenteile hoch, dann ließ sich der eigentliche … hmm, wie nannte man das wohl? Es war eine Art Pult, das man hochklappte und auf dem sich Stimmzettel befestigen ließen. Eine Vorlage dafür war dem Gerät beigefügt, mit fiktiven Parteibezeichnungen und verschwommenen Allerweltsgesichtern hinter den erfunden klingenden Kandidatennamen. Wenn man das Blatt in die vorgesehene Halterung klemmte, lag neben jedem Namen genau eine Taste.
    Das war schon mal die offensichtlichste Betrugsmöglichkeit: Wenn jemand einen Stimmzettel einlegte, bei dem zwei Namen miteinander vertauscht waren, bekam der eine Kandidat die Stimmen des anderen und umgekehrt.
    Vincent schleppte das Gerät hinüber in den Arbeitsraum. Dort blinkte am Server die LED, die bei bestehender Verbindung zum Internet ruhig hätte leuchten müssen. Ein geradezu kläglicher Anblick. Man konnte glauben, man würde, wenn man die Lautsprecher einschaltete, die Maschine jämmerlich fiepen hören.
    Mit dem Ellbogen schob Vincent ein paar Papierstapel auf dem Arbeitstisch beiseite und stellte den Wahlcomputer ab. Aufräumen wäre angesagt gewesen, aber im Moment begnügte er sich damit, die Sachen nicht allzu falsch in Schubladen und auf die Regale zu verteilen. Dann machte er sich daran, das Gehäuse aufzuschrauben.
    Als es offen vor ihm lag, zog er seine Arbeitslampe heran, um das Innenleben zu studieren. Herzstück des Ganzen war ein 68 000-Prozessor 34 . Nicht gerade der letzte Schrei. Der 68 000-Prozessor war in den ersten Apple-MacIntosh-Rechnern verwendet worden, im Commodore Amiga, im Atari ST und in der Sega Mega Drive, einer Spielkonsole, mit der Vincent als Jugendlicher herumgedaddelt hatte.
    Mit anderen Worten: Der Prozessor mochte ein betagtes Modell sein, aber er konnte trotzdem viel, viel mehr, als einfach nur Stimmen zu erfassen und zu zählen.
    Zum Beispiel würde er ohne Weiteres so tun können , als erfasse und zähle er Stimmen, während er gleichzeitig noch jede Menge anderer Dinge tat.
    Vorausgesetzt, jemand schrieb das entsprechende Programm dazu.
    Aber auch das brauchte er Zantini nicht auf die Nase zu binden.
    Vincent ließ sich gegen die Lehne seines Stuhls sinken. Die nächsten Schritte wollten gut überlegt sein. Zantini war nicht zu ihm gekommen, weil er der beste Programmierer der Welt war – wovon Vincent im Grunde überzeugt war, auch wenn er das jederzeit abgestritten hätte, sogar sich selbst gegenüber –, sondern weil Zantini keinen anderen Programmierer kannte. Bloß brauchte man auch nicht der beste Programmierer der

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