Ein König für Deutschland
angehört.
»Darf ich hereinkommen?« Zantini neigte den Kopf. »Keine Angst, meine Freunde bleiben draußen. Sie werden dafür sorgen, dass wir ungestört sind.«
»Okay«, sagte Vincent, oder eigentlich sagte das sein Mund, ehe er nachdenken konnte, was er überhaupt wollte. Sein Körper trat zur Seite, um den Zauberer hereinzulassen, ebenfalls, ohne seinen ausdrücklichen Befehl dazu abzuwarten.
Hatte der Mann Gewalt über ihn? Auf eine eigenartige Weise fühlte sich Vincent dadurch, dass er Zantini hinterrücks an die Behörden verraten, ihn sozusagen mit einem Mausklick aus seinem Leben entfernt hatte, in der Defensive. So, als sei er deswegen jetzt verpflichtet, alles zu tun, um den Zauberkünstler bei Laune zu halten, und als sei diese Verpflichtung stärker als er.
Zantini spazierte durch die Räume des Hauses und sah sichum. »Hübsches Häuschen. Verdient man inzwischen so gut bei der guten Consuela? Schön, schön. Da muss sie ihre intensiven Kontakte zur regierenden Partei wohl noch weiter intensiviert haben.«
Mit anderen Worten, Consuela wusste nichts davon, dass Zantini wieder im Lande war.
»Also, wie Sie ja mitgekriegt haben, ich war außer Landes. Nicht ganz freiwillig«, fuhr er fort. »Genauer gesagt war ich in Europa, aber ich habe die Dinge natürlich weiter verfolgt. Ist ja kein Problem heutzutage. Und wenigstens bin ich durch all diese Unannehmlichkeiten nun wieder im Besitz eines gültigen Passes; das erleichtert vieles.« Er ließ sich in denselben Sessel fallen, in dem er auch schon das letzte Mal gesessen hatte. »Tja, dumm gelaufen – das Geschäft in den USA ist erst mal verdorben. Sie wissen, von welchem Geschäft ich spreche?«
»Vom Handel mit Wahlsiegen«, sagte Vincent.
Er lachte. »Hübsche Formulierung. Ich werde mir erlauben, das für Marketingzwecke zu borgen, wenn Sie nichts dagegen haben. Und warum sollten Sie; schließlich werden Sie ja mitverdienen. Und feststellen, dass ich zwar ein etwas seltsamer Partner bin, aber in Geldangelegenheiten ehrlich wie ein Priester.« Er zog ein silbernes Etui aus der Innentasche und entnahm ihm eine dünne, teuer aussehende Zigarre. Er warf Vincent einen fragenden Blick zu. »Sie erlauben?«
Vincent nickte, wieder wie ferngesteuert. Eigentlich hätte er durchaus etwas dagegen gehabt.
»Meine Familie stammt aus Sizilien«, fuhr Zantini fort. Ein silberner Rauchfaden schlängelte sich zur Decke empor; es begann, nach glimmendem Tabak zu riechen. »Und ehe Sie meinen, das seien nur haltlose Vorurteile, was man so denkt über Sizilien, von wegen Mafia und so: Im Gegenteil. Es ist alles genau so, wie man denkt, dass es ist. Mein Vater war ein Mann der familia , mein Großvater auch … Erst ich habe mich selbstständig gemacht, und dass ich das konnte, verdanke ich besonderen Umständen. Jedenfalls, mit diesem Hintergrund lernt man, dass man alles darf, nur eins nicht: seine Geschäftspartner betrügen. Das ist einFehler, den man nur ein einziges Mal macht, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Vincent musste schlucken. Er konnte nur nicken; sein Hals war auf einmal zu trocken, um zu sprechen.
»Gut. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, der Handel mit Wahlsiegen. Genau. Also«, er schüttelte bekümmert den Kopf, »ihr Amis habt das ja fein versiebt. Es wird mir ewig schleierhaft bleiben, wie es kommen konnte, dass ihr das Sagen auf der Welt habt, so blöd, wie ihr euch manchmal anstellt. Wie auch immer, jedenfalls habe ich mich nach neuen Märkten umgesehen und bin zum Glück auch fündig geworden. Und das ist natürlich der Grund, warum ich hier bin: Um unsere wundervolle, vielversprechende, aber so rüde unterbrochene Zusammenarbeit wieder aufleben zu lassen.« Er betrachtete sorgenvoll das Ende seiner Zigarre, an dem die Asche immer länger wuchs. Schließlich streifte er sie an einem Blumentopf ab, in dem eine fiedrige Grünpflanze vor sich hin kümmerte, die Vincent vom Vorbesitzer übernommen hatte und ständig zu wässern vergaß. »Zigarrenasche ist hervorragender Pflanzendünger, falls Sie sich Sorgen machen«, meinte Zantini mit einem Augenzwinkern, beugte sich vor und sagte: »Also, kurz gesagt, der Plan sieht so aus, dass wir nach Deutschland gehen.«
Vincent ließ sich auf die Couch sinken. »Deutschland? Ich dachte, Italien. Sie haben doch gerade von Sizilien –«
»Italien? In Italien kommen bei Wahlen noch keine Maschinen zum Einsatz. Was schade ist, Berlusconi wäre ohne Zweifel ein guter Kunde, auf jeden Fall ein
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