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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Welt zu sein, um das Programm zu schreiben, mit dem Zantini glaubte, einen Haufen Geld verdienen zu können. Im Gegenteil, es gab Millionen von Leuten, die dazu imstande waren.
    Das hieß, wenn er, Vincent Wayne Merrit, Benito Zantini einen Korb gab, würde der sich einfach einen anderen Computerfreak suchen. Er würde das nicht einmal als großes Problem ansehen: Wie man an den beiden Typen draußen im Wohnwagen sah, hatte Zantini reichhaltige Erfahrungen mit Freaks aller Art.
    Er, Vincent, würde dann auf jeden Fall außen vor bleiben. Wahrscheinlich würde er überhaupt nichts mehr mitkriegen. Nicht einmal, ob Zantinis Vorhaben glückte oder scheiterte.
    Was keine Position war für einen Weltherrscher und Präsidentenmacher.
    Vincent kehrte in die Küche zurück, holte sich noch eine Dose Cola aus dem Kühlschrank. Er trank sie in einem Zug aus, am Spülbecken stehend und auf das Wohnmobil in seiner Einfahrt starrend. Besser, er blieb erst mal im Spiel. Das Anti-Wahlmaschinen-Forum daran teilhaben zu lassen wäre lustig gewesen, gingaber natürlich nicht. Schade, er hätte ein paar Anregungen brauchen können. So würde er sich alles selber ausdenken müssen.
    Er knüllte die leere Dose zusammen und warf sie in den Müll. Gut, dann würde er sich eben alles selber ausdenken. Kein Problem.
    33 Baugleich mit dem in den Niederlanden eingesetzten Typ ES3B bis auf die Farbe der Stimmtaste und die Zahl der Knöpfe am Kontrollgerät des Wahlvorstands; einziger Wahlcomputer mit Bauartzulassung in Deutschland
    34 Weitere Ausstattung: 256 Kilobyte EPROM, 8 Kilobyte EEPROM, 16 Kilobyte RAM, zwei 6850-basierte serielle Anschlüsse und ein Druckerport

KAPITEL 10
    Z antini tauchte am nächsten Morgen in aller Frühe auf, mit einer Tüte Donuts und einer Kanne frisch gebrühten Kaffees. Vincent hatte noch geschlafen.
    Als er aus dem Bad kam, saß Zantini immer noch in der Küche. Eigentlich war es auch nicht wirklich in aller Frühe, sondern schon zehn Uhr.
    »Ich habe mir erlaubt, einen Blick in Ihre Werkstatt zu werfen, während Sie geduscht haben«, erklärte der Mann, der in dem übergroßen weißen Hemd, das er heute Morgen trug, noch abgemagerter wirkte als sonst. »Die Maschine scheint Sie zu faszinieren.«
    Vincent setzte sich, schenkte sich Kaffee ein und nahm einen Donut. Er wusste, was Zantini meinte: Er hatte den NEDAP in seine sämtlichen Einzelteile zerlegt und begonnen, die Verkabelung zu kartografieren. »Ist nicht gerade modernste Technik.«
    »Muss ja auch nicht sein. Die Idee der Demokratie ist schließlich auch schon ein paar Tausend Jahre alt.«
    »Sie meinen: Zeit, sie zu beerdigen?« Die Donuts waren nicht schlecht. Er musste bei Gelegenheit fragen, woher Zantini die hatte.
    Der Zauberkünstler hob amüsiert die Augenbrauen. »Oh? Hat da jemand Skrupel? Wir kehren doch bloß zurück zu den Wurzeln. Anfangs hatten nämlich nur die wohlhabenden Bürger etwas zu sagen, wussten Sie das? Das allgemeine Wahlrecht – eine Stimme für jeden, sei er Nobelpreisträger oder Landstreicher: Das ist eine ausgesprochen neue Erfindung. Und vielleicht ein Irrweg, wer weiß?« Zantini faltete die Hände auf seine unnachahmlich spinnenfingrige Weise und lächelte. »Denken Sie daran: Machtist eine Illusion. Und mit Illusionen Geld zu verdienen ist mein Metier.«
    Vincent kaute an seinem Donut und war froh, dass er auf diese Weise beschäftigt war. Es war wie verhext: Wenn der hagere Mann mit dem dünnen Oberlippenbart ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber saß, hatte Vincent ein Gefühl, als brächen sämtliche Verteidigungslinien in ihm zusammen. Dann vergaß er alles, was er sich zuvor an klugen Erwiderungen und raffinierten Strategien zurechtgelegt hatte.
    Er rang im Grunde immer noch mit sich. Ein Teil von ihm wollte mit all dem einfach nichts zu tun haben, wollte Zantini knallhart sagen, dass er sich außerstande sehe, den NEDAP zu knacken, und Schluss. Der andere Teil verfolgte immer noch den Plan, dabeizubleiben, um die Kontrolle über die Dinge zu behalten. Um im richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen und mit einer kühnen Intrige Zantinis Machenschaften auffliegen zu lassen.
    Aber waren seine Motive wirklich so edel? Oder redete er sich die ganze Sache einfach nur schön? Denn da war auch die Herausforderung, diese Maschine zu besiegen, und diese Herausforderung, o ja, die reizte ihn, über alle Maßen reizte sie ihn. Er wollte wissen, ob er das konnte. Ob er das wirklich brachte. Nicht einen

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