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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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holen wollen.
    Er steckte den Schlüssel ins Briefkastenschloss, dann sagte er mit aller Geduld, die er aufzubringen imstande war: »Frau Volkers, der Keller ist sauber. Der Keller ist sauberer als das Innere meines Kühlschranks. Ich bin überzeugt, dass man auf dem nackten Kellerboden eine Herztransplantation durchführen könnte, ohne dass irgendeine Gefahr durch Keime entstünde.«
    »Weil ich immer vor Ihnen dran bin. Und ich reinige den Keller natürlich so, wie es sich gehört, nämlich gründlichst .«
    »Dankenswerterweise. Dadurch ist der Keller eine Woche später fast immer noch so sauber, dass sich eine Reinigung erübrigt.«
    »Die Hausordnung, Herr König, schreibt klipp und klar vor, dass derjenige Mieter, der mit der wöchentlichen Kehrwoche an der Reihe ist, das Treppenhaus, den Weg bis zum Gartentor, den Bürgersteig entlang dem Grundstück und den Keller zu fegen hat.«
    Frau Volkers war eine strenge alte Dame, die erhobenen Hauptes durchs Leben ging, was zur Folge hatte, dass man ihren schildkrötenartig eingefallenen Hals gut sehen konnte, wenn es nicht gerade Winter war und sie ihn mit einem Seidenschal verdeckte. Sie trug mit Vorliebe spitzenbesetzte Kleidung, mit Rüschen und filigranen Mustern, mit Perlen bestickt oder sonstwie herausgeputzt. Niemand wusste genau, was es zu bedeuten hatte, dass sie seit ein paar Jahren ein gerahmtes Szenenfoto aus einem der Sissi -Filme über ihrer Klingel und ihrem Namensschild hängen hatte; Gerüchte wollten wissen, sie sei Schauspielerin gewesen und habe in besagtem Film eine der darauf abgebildeten Hofdamen Kaiserin Elizabeths von Österreich gespielt.
    Allerdings widersprachen sich die Aussagen darüber, welche der Damen. Auf dem Bild waren insgesamt fünfzehn Frauen in ausladenden Reifröcken zu sehen.
    »Das Problem, Frau Volkers«, sagte Simon und nahm seine Brille ab, um sie am Aufschlag seines Jacketts zu reiben, »ist einfach, dass wir unterschiedlicher Ansicht hinsichtlich des durch die Regeln der Hausordnung angestrebten Ziels sind. Nach meiner Auffassung ist das Ziel der Hausordnung, das Haus in einem hygienisch einwandfreien Zustand zu erhalten. Nach Ihrer Auffassung ist es das Ziel der Hausordnung, die Bewohner des Hauses zu beschäftigen, unabhängig vom Verschmutzungsgrad der Gemeinschaftsräume. Nur deswegen streiten wir.«
    »Sie versuchen sich herauszureden.«
    »Nicht im Mindesten«, verwahrte sich Simon. »Im Gegenteil, ich erkläre Ihnen hiermit frank und frei, dass ich nicht beabsichtige, jemals im Leben saubere Böden zu putzen. Ich kenne bessere Möglichkeiten, meine Zeit zu verschwenden.«
    »Ihre geschiedene Frau hatte da aber eine andere Auffassung«, sagte Frau Volkers spitzlippig.
    »Jeder von uns betrauert ihren Fortgang auf seine Weise.« Simon drehte sich schroff weg und öffnete den Briefkasten, der mal wieder proppenvoll war. Die Zeitung, ein großer wattierter Umschlag und jede Menge Werbung.
    Wenn er auf etwas hätte verzichten können, dann darauf, andiesem herrlichen Morgen an den unseligen Zustand seiner Ehe erinnert zu werden. Tatsächlich waren Helene und er nicht geschieden, nicht im juristischen Sinne jedenfalls, aber sie lebten seit über achtzehn Jahren getrennt, was praktisch auf das Gleiche hinauslief.
    Simon sortierte die Prospekte aus, warf sie in den bereitstehenden Abfallbehälter. Der dicke Umschlag kam aus Amerika. Ein Brief seines unehelichen Sohnes. Das passte ja mal wieder wie die Faust aufs Auge.
    »Man könnte das ganze Problem noch viel tiefgreifender diskutieren und auf einer grundsätzlicheren Ebene weitaus befriedigender lösen«, sagte er und wandte sich erneut seiner Widersacherin zu. »Sie werden mir zustimmen, dass sämtliche Parteien in diesem Haus ausgesprochen wohlhabend sind, verglichen mit dem Schnitt der Bevölkerung. Das Gleiche trifft für die Nachbarschaft zu, mit wenigen Ausnahmen für die ganze Straße. Es wäre ohne Weiteres möglich und auch finanziell verkraftbar, ja unterm Strich sogar rentabler, zumindest, was die Erwerbstätigen anbelangt, gemeinschaftlich einen Hausmeister anzustellen, der diese Arbeiten nicht nur bequemer für uns, sondern letzten Endes auch wesentlich professioneller erledigen würde als die meisten von uns das können; Sie selbstverständlich ausgenommen. Und ehe Sie diesen Gedanken verwerfen, bedenken Sie, dass derartige Lösungen in anderen Bundesländern gang und gäbe sind und dass diese Variante darüber hinaus den Vorteil hätte, einen

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