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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Simon«, wiederholte Fuhrmann und fuchtelte ihm mit dem ausgestreckten Zeigefinger vor der Nase herum. »Im Moment herrscht Lehrermangel, ja. Aber die demografische Entwicklung geht weiter, und dann? Irgendwann hat sich das austariert. Dann werden diese Noten nicht mehr ohne Folgen bleiben. Dann werden sie Kollegen den Job kosten. Dann werden die ihre Kürzungspläne auf diesem Weg durchsetzen und es noch so aussehen lassen, als täten sie ein gutes Werk damit.«
    »Das kann schon sein«, räumte Simon ein. »Ich würde es auch anders machen, als es im Gespräch ist. So, wie es angedacht ist, steht und fällt alles mit dem Urteilsvermögen der Inspektoren, und ich weiß nicht, woher man Inspektoren nehmen will, die wirklich beurteilen können, welcher Unterricht etwas taugt oder nicht. Im Grunde können das nur die, die es existenziell betrifft. Die Schüler selber, mit anderen Worten.«
    »Am Ende würdest du die Schüler die Lehrer benoten lassen«, prustete Fuhrmann und knallte die Tür seines Schrankfachs wieder zu. »Ja, klasse. So weit kommt’s noch. Da können wir aber froh sein, dass du nicht Bildungsminister bist und auch nie werden wirst.«
    Da kannst du froh sein, allerdings , dachte Simon, sagte aber nichts mehr.
    Nun hielt es ihn doch nicht mehr in der Schule. Erst recht nicht, als er sah, dass sich Fuhrmann grummelnd an einem der Tische auszubreiten begann, offenbar in der Absicht, noch rasch ein paar Arbeiten zu korrigieren. So schlechter Laune, wie er war, würden die Noten diesmal wahrscheinlich nicht so gut ausfallen wie sonst.
    Simon packte seine Tasche, schloss sein Schrankfach ab und verließ das Lehrerzimmer mit dem knappsten Gruß, zu dem er imstande war. War er ungerecht gewesen? Man sagte ihm nach, ein Besserwisser zu sein, das wusste Simon. Aber er war nun mal der Ansicht, dass er tatsächlich vieles besser wusste als viele Leute; was sollte er machen? Das war vermutlich eine Berufskrankheit bei Lehrern. Oder der Grund, aus dem man überhaupt Lehrer wurde.
    Warum allerdings jemand wie Fuhrmann Lehrer geworden war, verstand Simon beim besten Willen nicht. Im Grunde war die einzige Erklärung, die ihm einleuchtete, die, dass Fuhrmann nichts anderes hatte finden können. Dem Mann war es völlig gleichgültig, ob seine Schüler etwas lernten oder nicht. Die Haltung, die er an den Tag legte, ging im Grunde davon aus, dass die Schüler für ihn da waren anstatt umgekehrt, wie es sein sollte. Er hatte Fuhrmann auch noch nie von einem Schüler erzählen hören, der irgendetwas Herausragendes vollbracht hatte. Wenn Fuhrmann über Schüler redete, dann nur, wenn sie ihn ärgerten oder auf andere Weise in seinem auf Geruhsamkeit ausgerichteten Dasein störten.
    Mit einem Satz, in Simons Augen waren es Leute wie Fuhrmann, die den Stand der Lehrer in Verruf gebracht hatten.
    Er stürmte zum Haupteingang hinaus, hörte die Tür schwer hinter sich zufallen. Die Schule lag ruhig da um diese Zeit. Die meisten Schüler waren längst zu Hause, bis auf die, die sich in irgendeiner AG engagierten: In dem einen oder anderen Fenster sah man noch Bewegung.
    Es hatte keinen Zweck, sich aufzuregen, sagte er sich. Er würde nichts mehr daran ändern. In ein paar Jahren ging er in Pension, und das würde es dann gewesen sein, sein Leben. Immerhin, aus vielen seiner Schüler waren ordentliche Leute geworden; von einigen hatte er bei dem einen oder anderen Ehemaligentreffen regelrecht anerkennende Worte zu hören bekommen. Das war etwas, das jemand wie Fuhrmann nie erleben –
    »Herr König?«
    Ein dicker junger Mann stand vor ihm, sein Handy erhoben, als filme er ihn damit.
    Simon zuckte regelrecht zusammen. »Was?«
    »Entschuldigung«, sagte der andere und senkte die Hand. »Sie sind doch Herr Simon König?«
    »Ja.«
    »Da gibt es jemanden, der Sie dringend sprechen möchte.«

KAPITEL 18
    M ich sprechen? Wer? Wieso?« Simon feuerte die Fragen ab, als gelte es, Pistolenschüsse zu erwidern. Noch während er die Sätze hervorstieß, durchzuckte ihn der Gedanke, dass so viel heftige Abwehr verräterisch wirken mochte, aber nun war es schon zu spät.
    »Am besten kommen Sie einfach mit«, schlug der junge Mann vor. Er mochte neunzehn oder zwanzig sein, war entschieden übergewichtig und trug einen dünnen schwarzen Ledermantel mit allerlei kantigen Ausbuchtungen, die von Waffen herrühren mochten oder auch nicht. »Ich bringe Sie hin.«
    »Zu wem?« Simon schüttelte den Kopf. »Wer sind Sie überhaupt? Wie kommen Sie

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