Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
frei auf ein weitläufiges Interieur, das sich in jedem Architekturmagazin gut gemacht hätte. Simon war erstaunt. Das hatte er diesem kanonenkugelartigen jungen Mann gar nicht zugetraut. Vielleicht ein reicher Erbe? Davon gab es immer mehr. Milliardenwerte waren gerade im Begriff, von der Generation, die sie erarbeitet hatte, auf die nächste zu wechseln, die nicht zögerte, das Geld mit vollen Händen auszugeben.
    Wie auch immer. Simon nahm die Flasche Rotwein, die er als Gastgeschenk mitgebracht hatte, von der rechten in die linke Hand, klingelte noch mal kurz und trat ein.
    »Leo?«, kam von irgendwoher die Stimme Alex’. »Kümmerst du dich bitte?«
    »Ja«, erwiderte eine andere Stimme.
    Simon stand da, die Flasche in der Hand, und wäre seinen Mantel gerne losgeworden, denn trotz der auf den ersten Blick weitläufigen, kühl möblierten Räume war kräftig geheizt. Er sah sich nach einem Kleiderhaken um, nach einer Möglichkeit, die Flasche irgendwo abzustellen.
    Da tauchte jemand auf, ein Schrank von einem Mann: bestimmt zwei Meter groß, breit wie ein Boxer und mit seinem Kurzhaarschnitt und seinem etwas stumpfen Blick nicht gerade eine Ikone der Intellektualität. »Guten Abend«, sagte er und streckte Simon eine seiner gewaltigen Hände hin. »Sie müssen Herr König sein. Sirona hat Sie angekündigt.«
    »Angenehm. Und Sie sind Leo?«, sagte Simon und musterte die gewaltige Pranke misstrauisch. Schließlich kam ihm der Gedanke, ihr anstelle seiner Rechten die Weinflasche anzubieten.
    »Eigentlich Leopold.« Das mit der Flasche klappte, Leo nahm sie und studierte das Etikett. »Aus Spanien? Das ist aber nett von Ihnen.«
    Gerade als er Simon aus dem Mantel half, kam Alex angeschossen. Er ging barfuß, trug ein grobes Leinenhemd und eine Hose aus Sackleinen, wie es aussah. »Hallo, Herr König«, rief er und schüttelte Simon die Hand. »Sorry, ich hatte gerade einen Anruf und muss leider noch was Dringendes erledigen. Siekönnen sich’s ja schon mal gemütlich machen, bis der Kriegsrat komplett ist. Leo kümmert sich um alles. Mein Bruder übrigens, auch wenn’s nicht so aussieht.« Er grinste. »Ohne ihn säh’s hier aus wie Sau. Also, bis gleich.«
    Damit entfernte er sich platschenden Schrittes wieder und verschwand durch eine Tür. In dem Moment, in dem sie geöffnet wurde, sah Simon in dem Raum dahinter Computermonitore flimmern und vor einem davon den umfangreichen Mann, der sich »Root« nannte.
    Leo geleitete ihn zu einer riesenhaften Sitzgruppe. Drei schneeweiße Sofas standen um einen Couchtisch von den Ausmaßen eines Doppelbetts. Dieser Bereich der Wohnung war ringsum verglast, und man hatte einen unglaublichen Blick über die Stuttgarter Innenstadt. Die Sonne war gerade untergegangen, der Himmel glänzte in dunklem Blau, und mit all den gelben Lichterperlen der Straßenlaternen erschien die Stadt so verzaubert, wie es nur in anbrechender Dämmerung möglich war.
    »Sie wohnen schön hier, Sie und Ihr Bruder«, meinte Simon, bemüht um etwas Konversation.
    Leo hob die Schultern. »Na ja, sagen wir mal so … Ich wohne, und er zahlt die Miete.« Er musste in Simons irritiertem Blick die Aufforderung gelesen haben, diese Aussage zu erklären, denn er fuhr hastig fort: »Vor ein paar Monaten hab ich mich von meiner Freundin getrennt, und … also, Alex hat mich eingeladen. Ich gieß die Blumen und so, während er weg ist. Und er ist eigentlich ständig weg.«
    »Wieso das? Was macht er beruflich?« Simon räusperte sich. »Wenn ich das fragen darf.«
    Leo sog geräuschvoll die Luft durch die Zähne. »Also … so ganz genau weiß ich das auch nicht. Alex hat eine Firma, die Rollenspiele veranstaltet. In echt und im Internet. Aber nach Details müssen Sie ihn schon selber fragen.«
    »Und davon kann man leben?«
    »Davon leben?« Leo machte eine ausholende Geste, die die Wohnung und wahrscheinlich noch mehr einschloss. »Sehen Sie doch. Er weiß gar nicht, wohin mit dem Geld.«
    »Rollenspiele.« Simon setzte sich. Man lernte nie aus.
    Leo entpuppte sich als der vollendete Gastgeber. Ob er etwas zu trinken wolle, fragte er mit einer Fürsorglichkeit, die bei einem so gewaltigen Mann verblüffte. Als Simon sich für eine Tasse Kaffee entschied, brachte er ein Tablett mit allem, was dazugehörte, und nachher noch weitere Tabletts mit Gläsern, Flaschen und appetitlich belegten Broten.
    »Sie sind Lehrer, hat Alex gesagt?«, fragte er dann.
    Simon nickte. »Gymnasiallehrer für Geschichte und

Weitere Kostenlose Bücher