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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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»Aber das ist das Faszinierende daran. Dass es Momente gibt, in denen man das Gefühl hat, wenn du jetztnoch einen Schritt tust, dann verlässt du diese Welt hier ganz und bleibst in der Welt, die du dir ausgedacht hast. In manchen Augenblicken glaubt man, dass das möglich sein könnte.«
    Simon wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Er schenkte sich etwas Orangensaft nach, um den Moment des Schweigens zu überbrücken.
    »Wobei einen die Realität dann doch immer wieder einholt«, fuhr Alex seufzend fort. »Meistens hinterher, wenn man die Abrechnung macht. Wir haben ein Spiel, das ist halb online, halb real life, das heißt Elfentanz. Da treffen sich die Teilnehmer online und alle paar Monate face to face . Wir bauen dann immer tief im Wald ein komplettes Elfendorf auf, an einem zauberhaften Plätzchen im Thüringischen … Finanziell lohnt sich das nicht. Ein Geldgrab ohne Ende.« Er starrte auf die Tischplatte. »Aber durch das Spiel hab ich Sirona kennengelernt, und eigentlich mache ich’s nur ihretwegen weiter.« Er brach ab, räusperte sich, nahm einen Schluck aus der Bierflasche und sah auf seine Armbanduhr. »Jetzt könnten sie allmählich kommen.«
    ***
    Der übliche Stau bei Pforzheim, der sich, sobald man sich an der Stadt vorbeigequält hatte, langsam wieder auflöste. Leo seufzte. Was für eine Erleichterung, in den dritten Gang schalten zu können!
    Er konnte es kaum erwarten, endlich in Stuttgart zu sein.
    Sirona saß auf der Rückbank und hatte die ganze Fahrt über so gut wie kein Wort gesagt. Seltsame Frau. Obwohl es ihm ein wenig ungehörig vorkam, hatte er sie, während sie im Stau gestanden hatten, ab und zu im Rückspiegel beobachtet. Das musste man sich erst einmal trauen, in so einem Aufzug auf die Straße zu gehen.
    Und zugleich hatte es etwas Unwirkliches. Vielleicht war das der Trick dabei. In manchen Momenten kam sie ihm wie eine Figur vor, die aus einem Comic-Heft in diese Welt gehüpft war. Kaum zu glauben, dass er sie in Mainz an einem richtigen Hausabgeholt hatte. Aber tatsächlich, da war ein Klingelknopf gewesen, und auf dem kleinen weißen Schild daneben hatte Sirona gestanden.
    »Kannst du mal anhalten?«, fragte sie unvermittelt.
    Leo zuckte beinahe zusammen. »Anhalten?«
    »Ich meine, wenn wieder mal ein Rastplatz oder so kommen sollte.«
    »Wieso?«, entfuhr es Leo, ehe ihm klar wurde, dass das eine Frage war, die zu stellen einem Chauffeur nicht zukam. Aber er war einfach so froh, endlich wieder zu fahren , dass ihm der Gedanke an noch eine Pause widerstrebte.
    Sironas Kleid raschelte. »Ich muss mal«, sagte sie schlicht.
    Leo hatte das Gefühl, rot zu werden. »Okay«, sagte er. »Ich glaube, hinter der nächsten Kurve kommt eine Tankstelle.«
    Irgendwie war es beruhigend. Eine Sagengestalt musste nicht aufs Klo. Jedenfalls hatte man davon noch nie gehört.
    An die Tankstelle hatte er sich richtig erinnert. Leo hielt in der Nähe der Glastür, die zu den Toiletten führte, Sirona sprang ohne ein weiteres Wort raus und verschwand dahinter.
    Gewohnheitsmäßig stieg Leo auch aus und ging einmal um den Wagen herum, ob alles in Ordnung war; kein Kratzer, die Reifen okay … Sein Blick fiel auf den Rücksitz. Sironas Laptop lag da und darauf eine Mappe, aus der ein paar Blätter herausgerutscht waren; nicht weit, nur ein paar Zentimeter.
    Zu den Dingen, die man ihm in der Ausbildung eingebläut hatte, gehörte, dass ein Bodyguard sich nicht für herumliegende Papiere zu interessieren hatte. Nirgends. Niemals. Unter keinerlei Umständen.
    Leo hatte sich auch immer daran gehalten, aber hier und jetzt war die Neugier mächtiger. Womit beschäftigte sich eine Sagengestalt? Er stieg zurück hinters Lenkrad, drehte sich um und zupfte an einem der Blätter, die aus der Mappe ragten.
    Es war ein Schaltplan oder so etwas. Ein irrsinnig kompliziertes Geflecht von Linien und Symbolen, von dem Leo nicht einmal hätte sagen können, welche Art Gerät dargestellt war, geschweige denn, dass er etwas damit hätte anfangen können. Fürseine Augen hätte es auch moderne Kunst sein können, hätten in einer Ecke nicht die Worte TWIN CHIP gestanden und TOP SECRET.
    Eine Bewegung im Augenwinkel ließ ihn gerade noch rechtzeitig aufsehen. Es war Sirona, die eben aus der Tür trat. Sie musste um einen Mann herumgehen, dem bei ihrem Anblick fast die Augen aus dem Kopf fielen – zum Glück, denn so schaffte es Leo, alles wieder zurückzutun.
    »Alles klar?«, fragte er, als sie einstieg, und

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