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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Stattdessen, zweitens, Rechtsstaatlichkeit – darunter versteht man heute, dass das Zusammenleben durch Gesetze geregelt wird, die prinzipiell für alle gleichermaßen gelten und auf deren Einhaltung man Anspruch hat. Drittens, dass diese Gesetze auf Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes zustande kommen, das heißt – und das ist jetzt der entscheidende Punkt –, dass der Wille der Mehrheit entscheidet. Und zwar der in Freiheit und Gleichheit geäußerte Wille, worunter man heute versteht, dass jede Stimme das gleiche Gewicht hat, unabhängig von Geschlecht, Vermögen oder Status.«
    »Sie sagen immer ›heute versteht man das und das darunter‹ – war das denn früher anders?«
    »O ja. Im antiken Griechenland zum Beispiel verstand man unter dem Volk, dem démos , nur die männlichen Vollbürger. Und in Deutschland wurde noch bis 1918 der preußische Landtag nach einem Dreiklassenwahlrecht bestimmt, bei dem sich das Gewicht der Stimmen danach richtete, wie viel Steuern man zahlte.«
    »Krasse Idee«, schniefte Root. Leo kam aus der Küche und stellte ihm einen großen Pott Tee hin, den Root ohne ein Wort des Dankes an sich nahm.
    Leo schien auch nicht damit gerechnet zu haben. Ohne den voluminösen Computerspezialisten weiter zu beachten, erkundigte er sich nach den Getränkewünschen der anderen und verschwand wieder in der Küche.
    »Sie haben aber im Prinzip Recht«, fuhr Simon an Sirona gewandt fort, »das Grundgesetz ist tatsächlich ein großes Hindernis für die Wiedereinführung einer Monarchie in Deutschland.«
    Das elfenhaft gekleidete Mädchen setzte sich auf. »Sag ich doch. Und? Was machen wir also?«
    »Wir berufen uns auf Artikel 146 62 , den letzten Artikel des Grundgesetzes.« Simon nickte in Richtung ihres Computers. »Lesen Sie den mal genau. Er bestimmt, dass das Grundgesetz jederzeit durch eine neue Verfassung abgelöst werden darf, vorausgesetzt, sie ist vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden.« Er lehnte sich zurück. »Das heißt, eine Partei kann durchaus die Ablösung des Grundgesetzes anstreben. Das ist absolut verfassungskonform.«
    »Ah«, rief Alex. »Das heißt, wir können bei unserem Plan bleiben? Am Grundgesetz scheitern wir nicht?«
    »Nein«, sagte Simon.
    Alex war deutlich erleichtert. »Gut. Das ist nämlich eine viel zu gute Idee, um sie zu verwerfen.«
    »Sie könnte allerdings«, fuhr Simon fort, »an etwas anderem scheitern. An einem Hindernis, von dem ich keine Möglichkeit sehe, es aus der Welt zu schaffen.« Er sah Root an. »Und dabei wird uns auch eine Umbenennung nicht weiterhelfen.«
    Drei große Augenpaare sahen ihn entsetzt an.
    »Was für ein Hindernis?«, fragte Alex.
    »Was heißt das? Dass wir das mit der Partei nicht hinkriegen?«, bibberte Sirona.
    »Ich fürchte, nein.« Simon packte seine Unterlagen aus. »Eine Partei muss, um als solche anerkannt zu werden, einige Kriterien erfüllen. Erstens, sie muss von natürlichen Personen gegründet werden, die in der Mehrheit deutsche Staatsangehörige sind. Zweitens, ihr Name muss sich von den Namen bereits bestehender Parteien deutlich unterscheiden, auch und vor allem in der Kurzbezeichnung …«
    »Na, das erfüllen wir doch«, meinte Alex.
    »Dritten, sie muss intern demokratisch organisiert sein, das heißt, alle Parteiämter müssen durch Wahlen besetzt werden«, fuhr Simon fort. »Viertens, sie muss in der Öffentlichkeit in einer Weise in Erscheinung treten, die die Ernsthaftigkeit ihrer Absicht erkennen lässt, an der politischen Willensbildung teilzunehmen.«
    »Kein Problem. Da drucken wir ein paar Plakate und Flyer und machen eine Webseite …«
    »Wichtigstes Kriterium dieses Auftretens«, erläuterte Simon, »ist die Anzahl ihrer Mitglieder.«
    »Oh«, machte Sirona mit großen Augen.
    Alex sah verwundert drein. »Wieso? Ist das nicht wie bei einem Verein? Dass man sieben Gründungsmitglieder braucht?«
    »Nein. Es gibt einen Präzedenzfall aus dem Jahre 1970 63 , als einer Gruppe mit nur 55 Mitgliedern die Parteieigenschaft aberkannt wurde.« Simon holte ein Blatt hervor. »Auf der anderenSeite gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts 64 , das eine im Aufbau befindliche Vereinigung mit vierhundert Mitgliedern als Partei anerkannt hat. Das wären die Messlatten. Und so leid es mir tut, ich weiß nicht, wie wir an diese Zahlen herankommen wollen.«
    Alex blinzelte, dann lachte er unbeschwert auf, ließ sich behaglich zurückfallen und meinte: »Wenn’s weiter

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