Ein König für San Rinaldi
schenkte.
Angeblich wollte Zahra mit einem Teil des beträchtlichen Vermögens, das sie von ihrem wesentlich älteren Ehemann geerbt hatte, in einer Oase einen Hotelkomplex errichten. Nicht weit entfernt von Hadiyas Hauptstadt sollte eine Art Wellnessinsel entstehen. Nur deshalb interessierte Zahra sich angeblich für ähnliche Anlagen – wie Natalias Hotel auf San Rinaldi. Doch wer sollte das schon glauben?
Das Ganze war nichts weiter als ein offensichtlicher Versuch von Kadir, seine Geliebte ganz nach San Rinaldi zu holen. Vorsichtshalber stellte er es nach außen hin so dar, als wäre es Zahras Idee gewesen.
Vielleicht wollte sie sogar für immer bleiben.
Noch vor drei Monaten hatte Natalia ihren Ehemann nicht gekannt. Die Vorstellung, er könnte eine Geliebte treffen, hatte sie völlig kaltgelassen. Wie naiv! Heute dachte Natalia anders darüber.
König Giorgio gab ihr ein Zeichen, zu ihm zu kommen. Sie lächelte so unbekümmert wie möglich, durchquerte den Salon und machte einen Hofknicks. Anschließend setzte sie sich auf den Stuhl, auf den der König einladend deutete.
„Ich finde es gut“, sagte er, „dass Kadir weiterhin gute Beziehungen zu Hadiya unterhalten möchte. Unsere beiden Länder haben einander viel zu bieten, wir können voneinander lernen.“
„Ja, Majestät“, erwiderte Natalia und ließ sich nicht anmerken, was sie wirklich dachte, „Prinz Kadir fühlt sich eng dem Land verbunden, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist.“
„Das stimmt. Aber sein Zuhause ist jetzt hier. Er sollte sich nach den Sitten dieses Landes richten. Man hat mir berichtet, dass du während eurer Flitterwochen in Hadiya mit dieser Frau dort zusammengetroffen bist. Ist das richtig?“
„Ja, das ist richtig, Majestät“, bestätigte sie tonlos.
„Du bist ein gutes Mädchen, Natalia“, erklärte der König und überraschte sie, indem er sanft ihre Hand drückte. „Ich sehe und höre dir an, dass du an deinem Stolz festhältst. Das ist natürlich völlig richtig, trotzdem …“
Er unterbrach sich und schüttelte nachdenklich den Kopf. „Im Verlauf meines Lebens habe ich mehr als genug Dummheiten begangen. Mein Stolz hat manchmal verhindert, dass ich einen Fehler zugab. Nun lasten diese falschen Entscheidungen auf meinem Gewissen, selbst wenn ich mit niemandem darüber spreche.“
Aus klug funkelnden Augen betrachtete der König seinen Sohn. „Kadir ist ein sehr stolzer Mann. Das ist selbstverständlich, denn er ist mein Sohn. Als König von San Rinaldi wird er alle Erwartungen erfüllen, die ich in ihn setze. Aber, Natalia, schon jetzt erlebe ich einige Überraschungen und mache unerwartete Entdeckungen. Zum Beispiel hätte ich nicht gedacht, dass ich ihn nach so kurzer Zeit fest in mein Herz schließe. Es ist, als hätte er schon immer einen Platz in meinem Herzen gehabt.“
Ein Lächeln glitt über sein faltiges Gesicht. „Aus Liebe zu ihm sage ich dir das. Er soll nicht wie ich unglücklich werden, nur weil sein Stolz ihn dazu treibt. Ich bekomme viel mit, Natalia. Mir ist aufgefallen, wie du ihn anschaust, wenn du dich unbeobachtet glaubst. Und ich habe gesehen, welche Blicke Kadir dir zuwirft.“
Sie ahnte, was der König sagen wollte: Kadir liebte nicht sie, sondern Zahra. „Majestät, Sie brauchen nicht zu fürchten, dass einer von uns Sie enttäuscht“, versicherte Natalia ihm mit Nachdruck. „Wir beide kennen unsere Pflichten gegenüber San Rinaldi und werden sie erfüllen. Ich … ich kann natürlich nichts über Kadirs persönliche Gefühle sagen“, fügte sie leicht stockend hinzu, weil es sie schmerzte. „Aber ich weiß, dass er die Gefühle nie über seine Pflichten stellen wird.“
König Giorgio hatte soeben klar ausgedrückt, wie sehr er sich wünschte, Kadir hätte Zahra zur Ehefrau genommen. Das war mehr als Natalia ertragen konnte.
Nur mühsam beherrscht verneigte sie sich und bat mit bebender Stimme: „Majestät, wenn ich mich jetzt zurückziehen dürfte.“
„Deine Frau geht offenbar schon“, sagte Zahra triumphierend zu Kadir, lächelte aufmunternd und strich über seinen Arm.
„Du hättest nicht nach San Rinaldi kommen sollen, Zahra.“
„Warum sagst du das? Ich sehe doch, wie sehr du mich brauchst.“
Missbilligend schüttelte er den Kopf. Es passte ihm gar nicht, dass Zahra sich im Palast als enge Freundin des Kronprinzen vorgestellt hatte. Ihm gegenüber behauptete sie, ihr ginge es nur um neue Handelsmöglichkeiten zwischen ihren
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