Ein König für San Rinaldi
Das hatte nichts mit mir zu tun. Ich habe ihr deutlich gesagt, dass es hier für sie keinen Platz gibt, nicht in diesem Land und schon gar nicht in meinem Leben oder in meinem Bett.“
Konnte sie das glauben? Und wenn ja – bedeutete das, sie würden sich besser verstehen? Womöglich bestand noch die Chance, dass Kadir sie mit der Zeit zu lieben lernte! Das wäre zu schön, um wahr zu sein.
„Aber wenn du nicht bei ihr warst“, fragte Natalia, „wo warst du dann so lange?“
„Ich bin durch die Gegend gefahren und dann spazieren gegangen.“ Er wechselte abrupt das Thema. „Du sagst, dass du vor Venedig keine Affäre hattest. Natalia, ich bin nicht dumm. Ich habe erlebt, was eine Frau alles tut, um ihr ungeborenes Kind zu schützen. Meine Mutter hat mir anvertraut, dass es nichts mit König Giorgio oder ihrem Ehemann zu tun hatte. Sie ließ den Scheich in dem Glauben, er wäre mein Vater. Das tat sie aus Liebe zu mir, zu ihrem Kind. Und sie sagte, jede Frau würde so handeln, egal welche Gefühle oder moralischen Ansichten im Spiel seien. Natalia, du ähnelst meiner Mutter in vieler Hinsicht. Genau wie sie kümmerst du dich um andere, und du verfolgst deine Ziele mit ganzer Kraft.“
Traurig schüttelte sie den Kopf. „Und du glaubst, dass ich dich deshalb belügen würde? Dass ich verheimlichen würde, wer der Vater ist? Das meinst du doch!“
Ihr wurde bewusst, dass sie sich nun sehr persönlich unterhielten. Noch vor einer Stunde hatte sie gedacht, Kadir liebe eine andere Frau. Natalia fand es seltsam und ungerecht, dass sie ihm glaubte und er ihr nicht. Andererseits belastete ihn seine Vergangenheit, so etwas kannte Natalia nicht.
„Ich weiß, dass du mich belügst.“ Er beharrte auf seiner Ansicht.
„Aber das stimmt nicht“, beteuerte sie. „Ich sage die Wahrheit. Dieses Kind ist von dir. Vielleicht hätte ich dir verschweigen sollen, dass ich schwanger bin“, rief sie verzweifelt, weil er nicht von seinem Vorurteil abzubringen war. „Es wäre wohl besser gewesen, alles zu verheimlichen und dir später zu sagen, unser Baby wäre erst nach der Hochzeit gezeugt worden.“
Beschwörend legte sie sich die Hände auf den Bauch. „Ich wollte nur nicht, dass unsere Beziehung auf einer Lüge aufbaut, sofern so etwas wie eine Beziehung überhaupt möglich ist. Es ist dein Kind, Kadir. Und wenn du mir nicht glaubst, gibt es DNA-Tests.“ Obwohl sie es hasste, ihm einen solchen Ausweg anzubieten, tat sie es. Warum glaubte Kadir ihr nicht einfach? „Allerdings kann man einen solchen Test erst nach der Geburt des Kindes durchführen.“
„Hältst du mich wirklich für so dumm?“, fragte er bitter. „Wir haben verhütet. Darum kann dieses Kind nicht von mir sein. Es gibt nur eine mögliche Lösung.“
„Und die wäre?“, fragte Natalia nervös.
„Du musst eine Erklärung unterschreiben, dass dieses Kind nicht von mir ist und daher nach meinem Tod die Krone von San Rinaldi nicht erben kann.“
Er wandte ihr noch immer den Rücken zu, sodass sie nicht in seinem Gesicht lesen konnte. „Ich verstehe nicht“, flüsterte sie. Tatsächlich fürchtete sie, ihn sehr gut verstanden zu haben. „Du erwartest wirklich von mir, dass ich mit meiner Unterschrift meinem … unserem Kind sein Erbe nehme? Glaubst du allen Ernstes, das würde ich unserem Kind antun?“
„Deinem“, verbesserte er sie kühl. „Ich habe nichts mit diesem Baby zu tun, Natalia. Und darum werde ich dein Kind niemals anerkennen. Entweder unterschreibst du ein solches Dokument, oder ich gehe zu König Giorgio und erkläre ihm, warum unsere Ehe enden muss.“
„Das kannst du nicht machen“, stieß sie entsetzt hervor.
Nachdem er ihr anscheinend nicht einmal zuhören wollte, konnte sie ihm nicht mehr anvertrauen, woran sie mittlerweile glaubte. Aber auch wenn es irrational war und unglaubwürdig klang – tief in sich fühlte sie, dass sie ihn in Venedig instinktiv erkannt hatte. Er war der Richtige. Darum war sie schwanger geworden in jener Nacht. Das Schicksal hatte sie zusammengeführt.
„Mir wäre lieber, ich müsste es nicht“, entgegnete er. „Ich muss auf die Gefühle meines Vaters Rücksicht nehmen. Er hat dich für mich ausgesucht, und er ist ein sehr stolzer Mann. Die Wahrheit über dich zu erfahren würde ihn demütigen. Und außerdem …“
Er ließ einige Sekunden verstreichen, bevor er weitersprach: „Abgesehen von deinem fragwürdigen Moralverständnis, habe ich in der kurzen Zeit unserer Ehe erstaunt
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