Ein königlicher Skandal
eine bedeutungslose Nacht voller Lust, wäre völlig albern.
Allerdings würde sie nie vergessen, wie er vor Erregung hörbar eingeatmet hatte, wie er sich angefühlt und wie sein Herz schneller geschlagen hatte.
In diesen Sekunden war sie sich ihrer weiblichen Macht bewusst geworden. Und es war ein wundervolles Erlebnis. Eine so tiefe Leidenschaft zu fühlen hatte Rosa mit Selbstvertrauen erfüllt – wenn auch nur ein bestimmter Mann diese Saite in ihr anschlug.
Laut schluchzte sie auf. Obwohl niemand sie durch die dicken Steinwände der Burg hörte, drückte Rosa das Gesicht aufs Kissen, bis die Tränen versiegten. Irgendwann fiel sie in einen ruhigen Schlaf und träumte davon, dass Max bei ihr war und alles in Ordnung kam.
Doch zuletzt wandte er sich voller Verachtung von ihr ab. Schwer atmend und mit Tränen in den Augen wachte Rosa auf.
Als Rosa am Morgen ins Erdgeschoss kam, wartete Giovanni auf sie. Er war sichtlich besorgt.
„Tut mir leid“, sagte sie lächelnd und bemühte sich um einen unbeschwerten Tonfall. „Ich habe verschlafen.“ Allerdings merkte sie, dass er die Spuren der Nacht auf ihrem Gesicht entdeckte. Dabei hatte Rosa sich sorgfältig geschminkt.
Er verneigte sich. „Der Prinz hilft den Winzern bei der Vernichtung der Weinstöcke. Er möchte, dass ich Sie nach dem Frühstück herumführe, damit Sie mir und den Winzern erklären, was für die Weingärten in den befallenen Gebieten getan werden muss.“
„Das ist nicht weiter schwierig“, erwiderte sie aufmunternd. Max hatte an sie gedacht. Die aufkeimende Freude darüber unterdrückte sie sofort. „Jeder Weinstock muss wöchentlich überprüft werden. Max bezweifelt zwar, dass er hier in der Gegend genug geeignete Leute dafür findet, aber ich werde eine Checkliste entwerfen. Dann brauchen die Leute nur noch die einzelnen Punkte zu befolgen und abzuhaken. Das kann jeder, der einmal auf einem Weingut gearbeitet hat.“
„Hier im Valle di Cattina sind alle sozusagen mit den Weinstöcken aufgewachsen“, meinte Giovanni. „Die sind wie unsere Geschwister. Der Prinz sagte, Sie hätten für die Überwachung der Pflanzen Schüler vorgeschlagen. Wir haben genug Leute, die den Job gern übernehmen. Zumal der Prinz versprochen hat, dass sie dafür gut bezahlt werden. Aber in erster Linie wissen die Leute, was der Mehltau anrichten kann. Deshalb werden sich alle nach Kräften bemühen.“
Es wurde ein langer und harter Tag. Die Winzer überspielten ihre Sorgen mit selbstironischen Witzen. Trotzdem jagten die dunklen Schwaden über den Feldern den Menschen Angst ein. Alles, wofür die Menschen schwer gearbeitet hatten, könnte im Nu in Rauch aufgehen. Rosa ging bewusst nicht darauf ein, biss die Zähne zusammen und untersuchte unermüdlich die Pflanzen.
Mittags nahm Giovanni sie mit zu sich nach Hause. Als sie in der Küche standen, stellte er ihr ein hübsches Mädchen vor. „Elena hat für uns das Mittagessen gekocht“, erklärte er stolz.
Rosa wunderte sich darüber. Schließlich halfen die meisten Mädchen der Insel bereits von klein auf in der Küche. „Ich freue mich schon“, erwiderte die Prinzessin freundlich.
Die junge schlanke Frau lächelte. „Giovanni sollte Ihnen sagen, dass ich blind bin“, bemerkte sie ohne eine Spur von Selbstmitleid.
Mitgefühl zu zeigen hielt Rosa für unangebracht. Diese Frau mit der eleganten Frisur und sichtlichem Selbstbewusstsein brauchte kein Mitleid. „Ja, und?“, entgegnete sie arglos.
Offenbar war das die richtige Reaktion. Auch wenn Giovanni fast betroffen wirkte, lachte Elena fröhlich auf. „Danke, Hoheit“, sagte sie leise.
Kurz darauf aßen sie gemeinsam. Das Gespräch verlief stockend, bis Rosa begann, Elena ein paar interessierte Fragen zu stellen. Nach dem Essen wusste Rosa, dass Elena eine ausgezeichnete Pianistin war und ihr Talent als Musiktherapeutin einsetzte. Der Lebenseifer dieser jungen Frau beeindruckte sie.
Beim Tischabräumen bedankte sich Rosa und sagte: „Falls ich jemals ganz nach San Rinaldi zurückkehren sollte, sollten Sie mir das Kochen beibringen.“
Elena lachte. „Das könnten andere viel besser, aber wenn Sie Klavierspielen lernen möchten …“
Rosa seufzte tief. „Meine Mutter hat jedes Mal geweint, wenn ich es versuchte. Sie begriff nicht, dass ihre Tochter sich so ungeschickt anstellte. Heute bin ich gern auf Konzerten, aber das Klavierspielen überlasse ich lieber Menschen, die talentierter sind als ich.“
„Hoheit“, warf Giovanni
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