Ein königlicher Skandal
war, fiel es ihr schwer, ruhig zu bleiben. „Hast du etwas gegessen?“
„Ja, bei Giovanni.“
Ob Elena für ihn gekocht hatte? Rosa unterdrückte einen Anflug von Eifersucht.
„Hoffentlich hat es dir gut geschmeckt, auch wenn du heute allein essen musstest“, sprach er schnell weiter.
„Es war sehr gut, danke“, erwiderte sie kühl und ging zur Tür. Sein distanziertes Benehmen machte Rosa sehr zu schaffen. Sie wollte nur noch allein sein.
„Willst du deine Lektüre mitnehmen?“, rief er ihr hinterher und hielt das Buch hoch. Es war ihr im Schlaf aus der Hand gefallen.
„Ach ja, danke.“
Als er es ihr reichte, sah sie für einen Sekundenbruchteil etwas wie Sehnsucht in seinen dunklen Augen aufblitzen. Den neu aufkeimenden Hoffnungsschimmer in ihrem Herzen ignorierend, drückte Rosa das Buch fest an sich.
Nebeneinander, und ohne sich zu berühren, gingen sie die Treppe hinauf. Um das unangenehme Schweigen zu brechen, sprachen sie wieder einmal über das weitere Vorgehen gegen die Verbreitung des Mehltaus.
„Gute Nacht“, sagte Max, vor ihrer Tür angekommen.
Rosa lächelte flüchtig. Sie wagte nicht, ihm in die Augen und schon gar nicht auf den Mund zu sehen.
„Mach kein so trauriges Gesicht“, wies er sie zurecht. „Das ist nicht das Ende der Welt.“
„Aber vielleicht das Ende der Weinbauern.“
„Ihre Familien haben immer überlebt“, versicherte er. „Darum werden sie entschlossen weitermachen. Sie sind mutig und wissen, was sie ihren Nachkommen schuldig sind.“
Er meinte damit nicht nur die Inselbewohner. Was er ihr damit zu verstehen geben wollte, war klar. Innerlich rang Rosa um Beherrschung. „Sofern es Nachkommen gibt“, erwiderte sie gepresst.
Sekundenlang sahen sie sich angespannt an.
„Die wird es geben“, erklärte Max dann entschlossen. Als sie nicht antwortete, fügte er hinzu: „Alles andere wäre feige.“
Aus Angst, dass ihr die Verzweiflung anzuhören wäre, schwieg Rosa. Sie schüttelte bloß den Kopf und wollte sich in ihr Zimmer zurückziehen.
„Rosa!“ Er umfasste ihren Arm und drehte sie zu sich herum.
Tränen schimmerten in ihren Augen, als sie seinem Blick begegnete. Eine Verwünschung auf den Lippen, zog Max sie kraftvoll an sich. Von seiner Reaktion überrascht, hob Rosa die Hand und streichelte über seine Wange.
„Es ist gut“, flüsterte sie, ohne wirklich zu wissen, was sie sagte. „Max, ich komme zurecht.“
„Ich weiß“, sagte er tief bewegt und küsste sie mit einer ungezügelten Leidenschaft, die ihr bei jedem anderen Angst eingejagt hätte.
Aber Max hielt sie in den Armen, der Mann, den sie liebte. Seufzend gab sie sich seinen Liebkosungen hin und erwiderte den Kuss mit derselben verzweifelten Intensität. Rosa vergaß alles um sich herum, als sie seine Erregung spürte. Unter seinen sinnlichen Berührungen erschauerte sie. Ihm endlich so nah zu sein, raubte ihr den Atem. Mit geschlossenen Augen legte sie den Kopf zurück, während seine Lippen über ihren Hals glitten. Nie zuvor hatte sie sich gleichzeitig so verwundbar und so sicher gefühlt.
Sehnsüchtig schob sie ihm die Finger ins Haar. Jeder Kuss weckte den Wunsch nach mehr in ihr. Und als Max ihre Brust streichelte, konnte Rosa sich nicht länger zurückhalten. Es war einfach zu schön …
Plötzlich hielt er wie erstarrt inne. Von einem Moment auf den anderen hörte er auf. Rosa stockte der Atem, weil Max sie behutsam von sich schob. Die Hände zu Fäusten geballt, wich er zurück. Sein Gesicht wirkte wie aus Stein gemeißelt.
„Es tut mir leid“, sagte er tonlos. „Ich muss mich leider viel zu oft entschuldigen, aber es wird nie wieder passieren.“
Sie sollte die Entschuldigung annehmen und so tun, als wäre nichts geschehen. Dann konnte das Leben einfach weitergehen wie bisher. Von offiziellen Anlässen abgesehen, müssten sie sich nicht begegnen. Vor allem würde Rosa dafür sorgen, dass sie sich nicht zufällig über den Weg liefen.
„Ich weiß“, antwortete sie leise, „aber es ist passiert. Was machen wir jetzt?“
„Nichts“, erwiderte er. „Weder jetzt noch irgendwann.“
Damit drehte er sich um und ging. Allein blieb Rosa auf dem Flur stehen. Von nun an würde sie immer allein sein. Ihr blieb nichts anderes übrig, als Max nachzusehen, ehe sie sich in ihr Zimmer flüchtete.
Aufgewühlt ging sie vor dem Bett auf und ab. Weil Zorn leichter zu ertragen war als Schmerz, haderte sie mit dem Schicksal. Wieso verliebte sie sich ausgerechnet in einen
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