Ein königlicher Skandal
ihr und stieg aus dem Bett, ohne das Licht einzuschalten. Der Mondschein fiel durch die Jalousien und beschien Max’ Körper. Obwohl Rosa ihn mittlerweile genau kannte, wirkte er jetzt besonders stark auf sie, und auch irgendwie fremd.
Sie stützte sich auf einen Ellbogen. „Du meinst, man könnte uns hier mit einem Teleobjektiv fotografieren?“, fragte sie betroffen.
„Es ist möglich, wenn auch unwahrscheinlich“, entgegnete er nonchalant. „Wir müssen einfach vorsichtig sein. Außerdem musst du dich gründlich ausschlafen.“
Verlegen zog sie die Knie an. „Bestimmt schlafe ich besser, wenn du bei mir bleibst.“
Sein Lächeln jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken. „Dann würdest du wohl kaum zum Schlafen kommen.“
Lachend nickte sie. Vermutlich hatte er recht.
„Schlaf gut, mein Schatz“, sagte Max.
Sobald er fort war, fühlte sie sich plötzlich hellwach. Durch die geöffneten Fenster hörte sie das sanfte Meeresrauschen und Grillenzirpen.
Bedrückt zwang sie sich, an die Zukunft zu denken. Es gab niemanden mehr, der außer ihr für die Thronfolge infrage kam.
Panik stieg in ihr auf. Wie sollte Rosa mit Autorität und Weisheit herrschen?
Sie wusste nur wenig über Politik, noch weniger über Wirtschaft – und gar nichts übers Regieren. Mit Pflanzen kannte sie sich hervorragend aus. Das würde ihr als Königin herzlich wenig nützen.
Obwohl in fast alle anderen Staaten der Welt Republiken waren, hielten die Bewohner von San Rinaldi an der Monarchie fest. In Lauf der letzten Jahre gerieten Modernisierungsmaßnahmen immer wieder ins Stocken. König Giorgio war zutiefst konservativ eingestellt. Trotz allem schienen die meisten seiner Untertanen mit der gegenwärtigen Lage zufrieden zu sein.
Einer Königin würden sie mit tiefem Misstrauen begegnen.
Doch wie sah die Alternative aus? Sollte es noch einmal zu Bürgerkriegen kommen wie jenem, der San Rinaldi damals beinah zerstört hätte?
Noch Stunden später lag Rosa wach und suchte fieberhaft nach einer Chance, die Max und ihr eine gemeinsame Zukunft ermöglichte. Weil Rosa ohnehin keine Ruhe fand, stand sie auf und ging auf den Balkon hinaus. Das Nachthemd umspielte ihren Körper, als sie an die Balustrade trat und hoffte, dass der vertraute Ausblick ihr Ruhe und Trost spendete.
Die Steinplatten unter ihren Füßen waren glatt und noch warm von der Hitze des Tages. Kein Lufthauch strich durch den Garten und die Olivenhaine. Die Grillen waren verstummt, keine Nachtigall sang in den Bäumen, kein Frosch quakte. Rosa hörte nur das leise Rauschen des Meeres.
Sie versuchte, sich auszumalen, was sie tun würde, wenn König Giorgio sie zu sich rief. Aber ihre Gedanken kehrten immer wieder zu der Tatsache zurück, dass Max ihre Gefühle nicht erwiderte. Sie liebte ihn. Während sie sich daran erinnerte, wie sie ihm ihre Liebe gezeigt hatte, bekam sie heiße Wangen.
Keine Frau konnte sich einen besseren ersten Liebhaber wünschen – sanft, rücksichtsvoll, zärtlich und leidenschaftlich. Er hatte sie ins Paradies geführt und sie danach in den Armen gehalten. Keine Sekunde lang hatte sie sich dabei unwohl gefühlt.
Bei dem Gedanken prickelte ihre Haut. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein. Lautlos schluchzte Rosa. Seine Erfahrung hatte sie nicht eingeschüchtert. Im Gegenteil, Max hatte sie überzeugt, dass sie genauso begehrenswert war wie ein wunderschönes Model.
Dafür würde sie ihn immer lieben.
Während sie in die Stille der Nacht lauschte, versuchte sie Dankbarkeit zu empfinden. Max hätte sie ohne Weiteres belügen können. Er hätte mühelos behaupten können, dass er sie liebte.
Ich liebe dich …
Nur drei kleine Worte, die Männer oft in der Hitze des Verlangens aussprachen. Freundinnen von Rosa hatten das erlebt und hinterher entdeckt, dass etwas ganz anderes gemeint war: Ich will dich …
Die Männer hatten Verständnis von ihren Freundinnen erwartet. Ein Mann sagte eben zu einer Frau, dass er sie liebte, wenn er sich der Leidenschaft hingab. Oder wenn die Frau es hören wollte.
Max dagegen war so aufrichtig, dass er keine Liebe vortäuschte, die er in Wahrheit nicht empfand.
Der Schmerz in ihrem Herzen wich einer inneren Leere. In Zukunft würde dieses Gefühl Rosa wohl ständig begleiten. Sie würde Max nie wiedersehen, wenn sie erst die goldene Krone von San Rinaldi trug, die reich mit Perlen und Diamanten besetzt war.
Er sollte dieses Symbol der Macht tragen. Er wäre ein guter
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