Ein königlicher Verführer
sehr er schon geschädigt ist.“
„Deine arme Mutter, es muss schrecklich für sie sein.“
„Eigentlich ist es nichts, worüber wir außerhalb der Familie sprechen. Ich hätte dir nichts davon erzählen sollen.“
Doch jetzt fühlte sie sich ihm noch näher. „Ich verrate kein Sterbenswörtchen, versprochen.“
Er legte seine Hand auf ihre. „Danke, Melissa, fürs Zuhören.“
Aus einem Reflex heraus beugte sie sich vor und küsste seine weichen warmen Lippen. Er berührte ihren Nacken, zog sie dicht an sich und umspielte mit seiner Zunge neckisch ihre Lippen, bis sie sie zu einem innigen und gefühlvollen Kuss öffnete.
Tief in ihrem Inneren war sie hoffnungslos romantisch, weswegen sie schon oft in ihrem Leben verletzt worden war. Meistens hatte man ihr das Herz gebrochen, gelegentlich war es aber auch ihr Stolz gewesen, der einen Knacks abbekommen hatte. Deswegen hatte sie gelernt, sich zu behaupten und niemanden an sich heranzulassen. Doch Chris gelang es mühelos, ihren Widerstand zu brechen. Sie begehrte ihn, wie sie noch nie in ihrem Leben jemanden begehrt hatte.
„Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen verrückt“, sagte sie. „Ich kenne dich erst seit einem Tag, aber mir kommt es schon so viel länger vor.“
„Verrückt, nicht?“ Er schaute ihr in die Augen, und sie fragte sich, wonach er suchte. Ob er etwas sah, was niemand zuvor gesehen hatte. Etwas Besonderes.
Sie berührte seine Wange und spürte die Bartstoppeln unter den Fingern. „Denkst du, das hat was zu bedeuten?“
„Ich weiß es nicht, aber ich möchte es herausfinden.“
Beim Abendessen saß Chris neben Melissa und hörte zu, wie sie sich mit seiner Familie unterhielt. Wenn seine Geschwister erfuhren, was er getan hatte, würden sie vor Wut rasen, denn sie alle hatten ihren Eltern versprechen müssen, den Gesundheitszustand des Königs um jeden Preis geheim zu halten. Große Anstrengungen hatte es bereits gekostet, die Krankenakte des Königs vor den neugierigen Blicken der Medien zu verstecken.
Chris war nicht der Typ, der sich seiner Familie oder Freunden anvertraute, aber seitdem er sich mit jemandem außerhalb der Familie ausgesprochen hatte, fühlte er sich befreiter. Melissa hielt Wort und erwähnte mit keiner Silbe die Gesundheit des Königs oder die E-Mail-Affäre. Man merkte ihr auch nicht an, dass sie mitbekommen hatte, dass irgendetwas nicht stimmte. Er hoffte nur, dass sie ihrer Familie gegenüber genauso verschwiegen war, denn dadurch könnte eine mögliche Allianz aufs Spiel gesetzt werden.
Wenn sie sich der Konsequenzen bewusst war, so ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Vielleicht war sie auch einfach nicht vertraut genug mit den Regeln der Monarchie, um zu verstehen, was für Folgen der Tod des Königs nach sich ziehen würde. Oder es interessierte sie nicht. Möglicherweise glaubte sie auch, dass die Vorteile mögliche Nachteile aufwiegen würden. Denn wenn sein Vater starb, würde Chris der neue König, und wenn sie heirateten, wäre Melissa Königin. Diese Vorstellung übte sicherlich einen gewissen Reiz auf sie aus.
Was auch immer ihre Beweggründe waren, sie schien einer Partnerschaft mit Chris nicht abgeneigt zu sein. Er brauchte nur noch etwas Zeit, um sicher zu sein, bevor er offiziell um ihre Hand anhielt. Er musste einfach vorher wissen, ob es zwischen ihnen im Bett klappte, denn wenn man ihn schon zwang zu heiraten, dann wollte er gefälligst eine Frau, mit der er im Bett seinen Spaß haben konnte.
Nach dem Abendessen zog sich der König in seine Räume zurück, und Melissa ging gemeinsam mit der Königin im Garten spazieren. Chris nutzte die Gelegenheit und bedeutete seinen Geschwistern, sich im Arbeitszimmer zu einem spontanen Treffen zusammenzufinden, damit sie über die neuesten Entwicklungen der E-Mail-Affäre sprechen konnten. Sie nahmen sich einen Drink, bevor sie sich vor die hohe Fensterfront setzten, unter der die letzten goldenen Strahlen der untergehenden Abendsonne wie sanfte Wellen auf dem Orientteppich tanzten.
„Hat Aaron euch Datts Bericht gezeigt?“, fragte Chris seine Schwestern, und sie nickten. „Etwas Neues ist passiert, und dieses Mal betrifft es unseren Gast.“
Sie lauschten mit ernsten Gesichtern, als er ihnen erzählte, was für eine E-Mail Melissa erhalten hatte, und dass der Absender vom Irrgarten gewusst haben musste.
Aaron und Anne sahen wütend aus, während Louisa sich eher zu fürchten schien. „Hat euch denn jemand beobachtet?“, wollte
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