Ein königlicher Verführer
Wahrheit nicht verschweigen. Falls er verärgert war oder kein Verständnis zeigte, dann war er vielleicht auch nicht der Mann, für den sie ihn hielt.
Sie rief von ihrem Zimmertelefon in seinem Büro an. Von seiner Assistentin erfuhr sie, dass Chris auf den Ostfeldern war. In den letzten Tagen verbrachte er sehr viel Zeit dort.
„Ich kann ihn dort anrufen“, schlug die Assistentin vor.
„Würden Sie das tun? Sagen Sie ihm bitte, dass ich ihn unbedingt sofort sehen muss. Es ist dringend.“
„Ich richte es ihm gleich aus, Eure Hoheit.“
Als Melissa auflegte, blieb ihr nichts anderes übrig, als ungeduldig zu warten. Aber bereits nach zehn Minuten klopfte es an ihrer Tür, und Chris kam herein.
Als er sie auf dem Bett sitzen sah, wirkte er besorgt. „Was ist passiert? Meine Assistentin hat gesagt, es sei wichtig.“
Sie öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass nichts passiert war, aber sie verspürte auf einmal einen dicken Kloß im Hals und konnte kaum atmen. Sprachlos rang sie nach Luft, und ihre Hände zitterten.
Chris wurde zusehends besorgter und setzte sich neben sie auf das Bett. „Melissa, sag mir, was passiert ist.“
Sie unterdrückte die Angst, die in ihr aufgestiegen war, und zwang sich zum Reden. „Ich bin nicht schwanger“, erklärte sie mit klarer, fester Stimme.
Chris sah weder verärgert noch erregt aus, und Melissa kam es beinah so vor, als sei er erleichtert. „Ist das alles?“
Sie war nicht sicher, wie sie das verstehen sollte. Hatte er etwa tief im Inneren gehofft, dass sie nicht schwanger war?
„Ich dachte, du wolltest das Baby.“
„Das will ich auch“, entgegnete er. „Aber als meine Sekretärin mir gesagt hat, es sei dringend, dachte ich, dass etwas Schlimmes passiert ist. Dass du zum Beispiel deine Meinung geändert hast und die Hochzeit platzen lässt.“
„Und ich dachte, du regst dich auf und würdest mich nicht mehr heiraten wollen.“
„Ich bin enttäuscht, aber nicht verärgert.“ Er nahm sie in den Arm und hielt sie, während sie ihn fest an sich drückte. Vielleicht passierte das einfach, wenn zwei Frischverliebte sich auf das Abenteuer Ehe einließen. Sie brauchten einfach Zeit, sich ein bisschen besser kennenzulernen, und sie hatten alle Zeit der Welt.
Er lächelte. „Wir versuchen es eben noch mal. Du weißt ja, Übung macht den Meister.“
Diese Art von Übung gefiel ihr außerordentlich gut. Sie rechnete kurz nach. „Wenn wir in den Flitterwochen sind, sollte es eigentlich mit einem Baby klappen.“
„Siehst du, das passt doch perfekt.“
Er hatte recht, es passte wirklich sehr gut, denn sie würden ihr neues gemeinsames Leben damit feiern, indem sie ein neues Leben schufen. Sie drückte ihn an sich und presste ihre Wange an seine Brust, um seinem kräftigen Herzschlag zu lauschen und die Wärme seiner Haut durch das Hemd zu spüren. Wie hatte sie jemals denken können, dass er nicht verständnisvoll reagierte? Wieder einmal überkam sie ein überwältigendes Glücksgefühl, und sie wusste, dass alles richtig war.
Melissa war in den kommenden Wochen so sehr mit den Vorbereitungen für ihre Hochzeit beschäftigt, dass sie Chris kaum zu Gesicht bekam. Immer, wenn sie etwas freie Zeit hatte, war er in einem Meeting oder auf den Ostfeldern. Melissa wünschte sich sehnlichst, ihre begonnene Rundreise durch das Land fortzusetzen und die Stadt zu besichtigen – sie brannte darauf, ihre neue Heimat besser kennenzulernen.
Der überwältigende Gedanke, dass sie eines Tages Königin sein würde, war immer noch etwas unheimlich, aber wenn sie Glück hatte, würde es noch sehr lange dauern, bis sie sich darüber den Kopf zerbrechen musste. Chris hatte ihr erzählt, dass der König sich für die Behandlung mit der Herzpumpe entschieden hatte, und die Operation sollte in knapp einem Monat stattfinden. Die Familie war natürlich sehr besorgt, aber auf der anderen Seite hoffte man, dass die Behandlung erfolgreich sein würde und das Herz des Königs zu heilen begann.
Melissa traf eine folgenschwere Entscheidung für sich allein. „Ich verkaufe mein Anwesen in New Orleans“, erzählte sie Chris beim morgendlichen Kaffee, die einzige Zeit, die ihnen an den meisten Tagen zusammen vergönnt war.
„Aber das Haus ist schon seit Generationen im Besitz deiner Familie“, wandte er ein.
„In der Familie meiner Großtante, ja. Ich habe es geerbt, aber es ist niemals richtig meins gewesen. Irgendwie habe ich mich immer wie ein Gast in diesem Haus
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