Ein koestliches Spiel
holte tief Luft und klopfte an.
Eilig trat sie ein und stürzte sich sogleich in eine Erklärung. „Es tut mir so leid, Großonkel Oswald. Ich hoffe, du bist nicht zu böse. Es war alles meine Schuld, ich weiß. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, wie mir nur ein so dummer Fehler hat unterlaufen können. Und ich bin zu der leidigen Erkenntnis gekommen, dass mir Lord Carradice vermutlich ein paar überschwängliche Komplimente gemacht hat, aus denen ich zu viel gelesen habe -Luftschlösser gebaut, weißt du. Wir Mädchen neigen in dem Alter übermäßig zu romantischen Träumereien.“
Großonkel Oswalds Züge wurden weicher. „Ja, und ich bezweifle nicht, dass du nicht daran gewöhnt warst, Komplimente zu hören. Kein Wunder, dass dir der Tunichtgut so leicht den Kopf verdrehen konnte.“
Prudence schluckte ihren Stolz hinunter und nickte. „Auf jeden Fall habe ich ihn mehr als vier Jahre nicht gesehen, daher gibt es keinen Grund, sich Sorgen zu machen.“
„Bist du sicher, meine Liebe?“
„Oh ja, das verspreche ich. Heute Morgen war das erste Mal.“ Das war sogar die Wahrheit.
„Nun, ich will nicht so tun, als ob es mir gefiele. Und ich kann einfach nicht begreifen, warum der Kerl dir erzählt hat, er sei der Duke of Dinstab...“
„Ich denke, das war vielleicht auch mein Fehler“, unterbrach ihn Prudence. „Ich habe es falsch verstanden, und er hat mich nur einfach nicht verbessert.“
„Aber zuzulassen, dass du ihn viereinhalb Jahre lang falsch ansprichst.“ Er schüttelte den Kopf.
Prudence spürte, wie sie rot wurde. Die Freundlichkeit in seinem Ton war schwerer zu ertragen als jedes wütende Geschrei.
„Kein Grund, rot zu werden, meine Liebe“, erklärte der ältere Mann verlegen. „Ich kann mir denken, dass es nur um Liebe und anderen Unsinn ging und nicht um Namen und Titel. Habe ich recht?“
Tiefrot im Gesicht zuckte Prudence die Achseln.
„Das dachte ich mir. Verflixt lockere Manieren hat der junge Kerl. Nun, ehe ich die Sache auf sich beruhen lasse, frage ich dich noch einmal - mir ist nämlich eingefallen, dass du vielleicht so eine Frage nicht gerne vor deinen Schwestern beantworten wolltest: Hat dich der junge Schuft unsittlich berührt? Du weißt, was ich meine, Mädchen?“
Das Mädchen dachte daran, wie der Mund des jungen Schufts sie förmlich verschlungen hatte. Sie dachte an eine feingliedrige, sehnige Hand auf ihrer Brust, die sie streichelte und liebkoste, bis sie erschauerte - allein bei der Erinnerung. Ja, sie wusste, was er meinte. Prudence war sich bewusst, dass sie knallrot angelaufen war, und ließ den Kopf hängen. Leise antwortete sie: „Nein, Großonkel Oswald. Lord Carradice hat mich nicht auf ungehörige Art berührt.“
„Hmpf! Habe ich auch nicht angenommen. Ein Schürzenjäger wie Carradice würde seine Zeit nicht damit verschwenden, sich einem unscheinbaren, tugendhaften Mädchen aufzudrängen“, erklärte Großonkel Oswald betrübt. „Schade!“
Prudence starrte ihn entsetzt an. Schade?
Großonkel Oswald sah ihre Miene. „Ein schön saftiges Früchtchen, dieser Carradice.“
Prudence verstand es immer noch nicht.
„Nicht, dass ich solche Sachen etwa billigte, denn das tue ich nicht, aber trotzdem, wenn es irgendwelches weitergehendes Geplänkel gegeben hätte, wäre es keine schlechte Verbindung für dich gewesen“, erläuterte ihr Großonkel Oswald. „Du wärest gut versorgt gewesen.“
„Aber würde das denn Lord Carradice wollen?“, erkundigte sich Prudence nicht ohne Schärfe in ihrer Stimme. „Ich kann es mir nicht vorstellen - nicht, wenn er den Ruf hat, ein Schürzenjäger zu sein.“
„Ah, gut, was das angeht, so verhilft die Ehe einem Schürzenjäger zu Respektabilität.“
Prudence konnte sich nicht vorstellen wie, denn es schien ihr, dass ein Mann, wenn er in eine Ehe gelockt würde, keinen Anreiz hätte, seine liederlichen Gewohnheiten fallen zu lassen. Es schien ihr recht wahrscheinlich, dass der Schürzenjäger in einem solchen Fall einfach sein ausschweifendes Leben weiterführen würde. Und die Frau, die mit diesem Schürzenjäger verheiratet wäre, konnte einem nur leidtun, denn sie wäre vermutlich unglücklich.
Vermutlich.
Es mochte allerdings ein paar Vorteile dabei geben, dachte sie wehmütig, als ihr wieder die herrlichen Empfindungen einfielen, die sie auf Kleopatras Barke erfahren hatte.
„Aber da er keine Ungehörigkeiten versucht hat, werden wir ihn nicht zwingen.“
Prudence setzte sich auf. „Ich
Weitere Kostenlose Bücher