Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
Vom Netzwerk:
zu schreien. Als der letzte Happen verschlungen und der Boden sorgfältig nach Überresten abgesucht war, setzte er sich, kratzte sich einige Minuten kräftig das Fell, rollte sich zusammen und schlief ebenfalls ein. Als wir ihn eine Stunde später wieder weckten, um seine Stimme für die Nachwelt festzuhalten, stieß er so laute Wut- und Zornesschreie aus, daß ich das Mikrofon am äußersten Ende der Veranda aufbauen mußte, sonst wäre meine Mühe umsonst gewesen. Bis zum Abend jedoch hatten wir die Stimme des Zwergmungos und die Tickys aufgenommen und daneben noch neunzig Prozent unserer Sachen ausgepackt. Wir badeten, zogen uns um, aßen zu Abend und waren recht zufrieden mit uns.
    Nach dem Essen bewaffneten wir uns mit einer Flasche Whisky und einer ausreichenden Menge Zigaretten. Wir nahmen unsere Petroleumlampe und machten uns auf den Weg zur Villa des Fon. Die Luft war warm und einschläfernd, voll vom Geruch der Holzfeuer und der sonnenwarmen Erde. Heimchen zirpten und trillerten im Gras der Wegränder. In den Obstbäumen des großen Hofes hörten wir Fledermäuse schreien und laut mit ihren Flügeln schlagen. Im Hof standen mehrere Kinder des Fon im Kreis. Sie klatschten in die Hände und veranstalteten eine Art Singspiel. In der Ferne dröhnte eine kleine Trommel durch die Bäume wie ein unregelmäßiger Herzschlag. Wir gingen durch das Labyrinth der Frauenhäuser. Jedes war von einem rotglühenden Herdfeuer erleuchtet, jedes duftete nach gerösteten Yamwurzeln, gebratenem Wegerich, gekochtem Fleisch oder dem scharfen, durchdringenden getrockneten Salzfisch. Der Fon erwartete uns auf der Treppe. Seine große Gestalt stand hell in der Dämmerung, sein Gewand rauschte, als er uns die Hand hinstreckte.
    »Willkommen, willkommen«, sagte er strahlend, »kommt, wir gehen hinein.«
    »Ich bringe Whisky, damit unser Herz fröhlich wird.« Ich schwang die Flasche.
    »Wah! Gut, gut«, kicherte der Fon. »Whisky ist eine feine Sache, er macht die Menschen glücklich.
    Sein wunderbar scharlachrotes und gelbes Gewand leuchtete im matten Lampenlicht wie ein Tigerfell. An einem Arm trug er ein kostbar geschnitztes Elfenbeinarmband. Wir setzten uns und warteten. Schweigend sahen wir zu, wie der Fon feierlich die erste Runde einschenkte. Als jedes der Gläser halbvoll Whisky war, wandte sich uns der Fon mit seinem breiten, verschlagenen Lächeln zu.
    »Chirri-ho! Heute abend werden wir haben glückliche Zeit.«
    Damit begann der Abend, den wir später den »Abend mit Schlagseite« nannten.
    Als der Whiskyspiegel in der Flasche fiel, berichtete uns der Fon noch einmal von seiner Reise nach Nigeria und wie sehr er geschwitzt habe. Sein Lob für die Königin kannte keine Grenzen. Denn, so betonte er immer wieder, er war hier in Afrika zu Hause und hatte sich heiß gefühlt, sie hingegen hatte viel mehr als er geleistet und war trotzdem immer frisch und charmant geblieben. Ich fand sein freigebiges, der Wahrheit entsprechendes Lob außergewöhnlich, da er einer Gesellschaft angehörte, in der die Frauen nur als nützliche Lasttiere angesehen werden.
    »Du liebst Musika?« fragte der Fon Jacquie. Das Thema Nigeria war erschöpft.
    »Ja, ich mag Musik sehr gern.«
    Der Fon strahlte sie an.
    »Du erinnerst dich an meine Musika?« fragte er mich.
    »Ja, ich erinnere mich daran.«
    Der Fon stieß einen langgezogenen Begeisterungsruf aus. »Du hast geschrieben in deinem Buch über meine Musika, eh?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und«, fuhr der Fon fort und kam damit zu seinem Vorhaben, »du hast geschrieben über das Tanzen und die glückliche Zeit, die wir hatten, eh?«
    »Ja, über alles, und alles war sehr schön.«
    »Wollen wir deiner Frau unsere Tänze zeigen?« fragte er und streckte seinen langen Zeigefinger nach mir aus.
    »Ja, gern.«
    »Fein, fein... kommt, wir gehen zum Tanzhaus.« Majestätisch erhob er sich, glättete eine Falte seines Gewandes mit seiner eleganten Hand. Zwei Frauen, die ruhig im Hintergrund gesessen hatten, sprangen auf, ergriffen das Tablett mit den Gläsern und hasteten uns voran. Der Fon führte uns aus seiner Villa quer durch seinen Besitz zum Tanzhaus.
    Das Tanzhaus war ein großes, quadratisches Gebäude, den üblichen Gemeindehäusern ähnlich, doch hatte es nur ein Erdgeschoß und sehr kleine Fenster. An der einen Seite des Raumes stand eine Reihe geflochtener Lehnstühle, für den Fon und seine Gäste reserviert, darüber hingen eingerahmte Fotografien verschiedener Mitglieder der britischen

Weitere Kostenlose Bücher