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Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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scheinen und doch wunderbar mit ihnen verschmelzen. Zu der Melodie drehen sich die Frauen langsam in Uhrzeigerrichtung; die Füße führen kleine, abgemessene Schritte aus, mit den Pferdeschwänzen wedeln sie leicht vor den Gesichtern hin und her. Der Fon tanzt unterdessen im Kreis gegen den Uhrzeiger, hopst, stampft und dreht sich in einer eigenartig steifen, ungelenken Weise, während seine Hand mit unglaublicher Geschwindigkeit den Pferdeschwanz in hübschen, kunstvollen Kapriolen durch die Luft schwenkt. Die Wirkung ist eigenartig und fast unwirklich.
    Eben noch gleichen die Tanzenden einem Beet aus weißem Seetang, das mit den Wellen schwingt, im nächsten Augenblick stampft der Fon steifbeinig wie ein seltener Vogel mit weißen Federn im Balztanz zwischen seinen Hennen. Diese langsame Pavane und die graziösen Bewegungen der Schwänze haben eine eigenartig hypnotische Wirkung auf die Zuschauer; und wenn der Tanz mit einem Trommelwirbel endet, schwingen und kreisen immer noch die wedelnden Pferdeschwänze vor den Augen.
    Beschwingt kam der Fon über die Tanzfläche auf uns zu, den Pferdeschwanz leger wirbelnd, und sank in seinen Sessel. Atemlos strahlte er Jacquie an. »Gefällt dir der Tanz?« fragte er.
    »Er war wunderschön«, sagte sie, »er gefiel mir sehr.«
    »Gut, gut.« Der Fon war zufrieden. Er beugte sich vor und untersuchte die Whiskyflasche; aber sie war leider leer. Taktvoll verschwieg ich, daß drüben im Gästehaus noch einige Flaschen standen. Trübsinnig betrachtete der Fon die Flasche. »Whisky zu Ende«, stellte er fest.
    »Ja«, war meine wenig entgegenkommende Antwort.
    »Dann müssen wir eben Gin trinken.« Der Fon war unverwüstlich.
    Mir sank der Mut. Ich hatte gehofft, wir würden zu etwas Harmloserem übergehen, etwa zu Bier, um die Wirkung des reichlichen, hochprozentigen Alkohols zu dämpfen. Der Fon schrie einer der Frauen einen Befehl zu. Sie lief davon und kam bald darauf mit einer Flasche Gin und einer Flasche Bittern zurück. Wenn der Fon Gin trank, goß er das Glas halb voll Gin und färbte ihn dann tiefbraun mit Bittern. Mit der Mischung konnte man ohne weiteres einen Elefanten umbringen. Jacquie, die zusah, wie mir der Fon diesen Cocktail mischte, bat eilig, davon befreit zu werden, der Arzt habe ihr Gin verboten. Obwohl der Fon offensichtlich nicht viel von einem Arzt und einem solchen Verbot hielt, erfüllte er ihren Wunsch.
    Die Kapelle setzte wieder ein. Alles, was Beine hatte, strömte zur Tanzfläche. Man tanzte einzeln und in Paaren. Als der Rhythmus des Tanzes es erlaubte, standen Jacquie und ich auf und tanzten einen schnellen Foxtrott. Der Fon feuerte uns durch Zurufe an, seine Frauen schrien vor Vergnügen.
    »Fein, fein«, rief er uns zu, als wir vorbeiwalzten.
    »Danke, mein Freund«, rief ich zurück und steuerte Jacquie durch die Schar der Hofräte, die in ihren bunten Roben wie ein Blumenbeet aussahen.
    »Wenn du mir bloß nicht immerzu auf die Füße treten würdest«, meinte Jacquie kläglich.
    »Es tut mir leid, zu dieser Stunde klappt es mit meiner Navigation nicht mehr so genau.«
    »Das merke ich«, war die Antwort.
    »Warum tanzt du nicht mit dem Fon?« fragte ich.
    »Ich habe auch schon daran gedacht, war aber nicht sicher, ob ich ihn als Frau auf fordern kann.«
    »Er wird entzückt sein, bitte ihn um den nächsten Tanz.«
    »Was soll ich mit ihm tanzen?«
    »Bring ihm etwas bei, was zu seinem lateinamerikanischen Repertoire paßt. Wie wär’s mit einer Rumba?«
    »Eine Samba dürfte zu dieser Nachtstunde leichter sein«, meinte Jacquie. Als der Tanz beendet war, gingen wir zurück zu unseren Plätzen, wo der Fon mein Glas wieder gefüllt hatte.
    »Mein Freund, erinnerst du dich an den europäischen Tanz, den ich dir beigebracht habe, als ich bei dir in Bafut war?« fragte ich.
    »Ja, ja, ein feiner Tanz«, strahlte er.
    »Meine Frau möchte mit dir tanzen und dir einen anderen europäischen Tanz zeigen. Einverstanden?«
    »Wah!« bellte der Fon voller Begeisterung. »Fein, fein. Deine Frau wird mein Lehrer sein. Fein, fein. Einverstanden.« Als wir eine Melodie fanden, die die Kapelle spielen konnte und die eine leichte Ähnlichkeit mit einer Samba hatte, erhoben sich Jacquie und der Fon. Alle Anwesenden beobachteten sie voller Spannung. Der Gegensatz zwischen dem riesigen Fon und Jacquies 1,55 Metern reizte mich zum Lachen. Schnell zeigte Jacquie dem Fon die einfachen Grundschritte der Samba, die der Fon zu meiner Überraschung ohne

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