Ein Koffer voller Tiere
fertig, das Tier auszusetzen.
»Ich fürchte nur eins, daß sie sich nicht lebhaft genug zeigen wird; du weißt, wie still sie äst«, sagte ich zu Jacquie, »sie wird vermutlich in die Mitte der Szene laufen und sich nicht mehr bewegen.«
»Nun, wenn wir ihr von der anderen Seite eine Schnecke oder sonst einen Leckerbissen zeigen, wird sie schon über die Bühne laufen«, beruhigte mich Jacquie.
»Wenn sie nur nicht wie eine Kuh auf einer Wiese dasteht. Ich möchte sie irgendwie in Bewegung bringen«, sagte ich. Unsere Antilope geriet viel mehr in Bewegung, als ich erhofft hatte. Sobald die Käfigtür offen war, trat sie mit zierlichen Schritten heraus, dann zögerte sie einen Augenblick, den schlanken Fuß erhoben. Ich machte die Kamera parat und wartete auf die nächste Bewegung. Diese war ganz und gar unprogrammäßig. Das Tier schoß wie eine Rakete durch meine sorgfältig vorbereitete Bühne, rannte durch das Netz, als sei es nicht vorhanden, und verschwand in der Bildmitte im Unterholz, bevor wir eine Hand rühren konnten. Wir reagierten zu langsam, denn so etwas hatten wir nicht erwarten können. Doch als ich meine wertvolle Zwergmoschusdame verschwinden sah, stieß ich ein solches Angstgeheul aus, daß jedermann, sogar unser Koch Philipp, alles stehen und liegen ließ und wie von Zauberhand auf der Bildfläche erschien.
»Wasser-Beef forgelaufen!« brüllte ich, »ich gebe dem Mann zehn Schilling, der es fängt.«
Der Erfolg dieses großzügigen Angebots war überwältigend. Eine Meute von Eingeborenen schoß wie ein Schwarm hungriger Heuschrecken in das Unterholz, in dem die Antilope verschwunden war. Nach fünf Minuten tauchte Philipp mit Feldwebelgebrüll aus dem Gebüsch auf, die um sich schlagende Antilope fest an die Brust gedrückt. Als wir sie wieder in ihrem Käfig hatten, stand sie ruhig da und starrte uns mit unschuldigen Augen an, als sei sie erstaunt über die Aufregung. Freundlich leckte sie meine Hand; ich kraulte sie hinter den Ohren, sie schloß die Augen und ließ es sich unbeteiligt gefallen. Den Rest des Tages verbrachten wir damit, das Unglückswurm zu filmen. Solange sie im Käfig war, führte sie sich mustergültig auf; sie planschte in der Wasserschüssel herum, um zu zeigen, wie sehr sie Wasser liebte; sie fraß Käfer und Schnecken, um zu zeigen, wie gern sie Fleisch fraß. In dem Augenblick jedoch, in dem wir sie auf die Bühne brachten, stürzte sie davon, als sei ihr ein Rudel Leoparden auf den Fersen. Am Abend war ich verschwitzt und erschöpft und hatte 20 Meter Film verkurbelt, auf dem sie stocksteif vor dem Käfig stand. Enttäuscht trugen wir den Käfig ins Gästehaus zurück. Das Zwergmoschustier lag derweil friedlich auf einem Bananenblatt und kaute Käfer. Wir haben keinen Versuch mehr unternommen, unsere Heldin zu filmen.
Auch eine junge Woodford-Eule, die wir in einem einzigartigen Mangel an Originalität Woody getauft hatten, bereitete mir ungeahnte Aufregung beim Fotografieren. Die Woodfords sind sehr schöne Eulen. Sie haben ein dichtes schokoladenbraunes Gefieder mit weißen Klecksen und wohl den schönsten Augen der ganzen Eulenfamilie. Die Augen sind groß, schwarz und feucht mit schweren, rosa-malven-farbenen Lidern. Wenn die Eulen die Lider mit langsamer Bewegung heben, sehen sie wie eine Filmdiva aus, die über ein Come-back nachdenkt. Dieses verführerische Heben der Wimpern wird von einem lauten kastagnettenähnlichen Klicken des Schnabels begleitet. In der Aufregung ist die Bewegung der Lider ganz besonders ausgeprägt, und die Eulen schwingen dabei auf ihrer Sitzstange hin und her, als ob sie Hula-Hula tanzen wollten. Plötzlich breiten sie ihre Schwingen aus, klicken mit dem Schnabel nach dir und machen den Eindruck eines zornigen Racheengels auf einem Grabstein. Alles, was ich hier beschrieben habe, führte Woody in ihrem Käfig mit höchster Vollkommenheit aus. Sie gab sogar eine Vorstellung auf Befehl, wenn man ihr nur einen saftigen Leckerbissen hinhielt. Ich war darum sicher, daß ich Woody ohne Schwierigkeiten filmen könnte und nur für eine passende Szenerie zu sorgen brauchte.
In dem Netzzelt, das ich zum Fotografieren von Vögeln benutzte, baute ich als Kulisse einen Waldbaum auf, der mit Schlingpflanzen und Parasiten dicht überwachsen war und grünes Laub und blauen Himmel als Hintergrund hatte. Dann brachte ich Woody heraus und setzte sie auf einen Zweig. Die Rolle, die sie spielen sollte, war einfach und natürlich und beanspruchte
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