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Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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aristokratischen Haltung war es jedoch vorbei, als er durch das Tor schritt. Sobald Georgina seine Beine in ihrem eisernen Griff hielt und fürchterlich schrie, ließ der Jäger die Kalebasse fallen. Das Gefäß zerbrach und die Ratten entkamen. Mit ängstlichem Geschrei sprang er hoch in die Luft: und floh nicht eben sehr würdevoll den Pfad hinunter. Es kostete mich drei Päckchen Zigaretten und ziemlich viel Geschick, seine empörten Gefühle zu besänftigen. Mit einem Gesicht, als könne sie kein Wässerchen trüben, saß Georgina da. Als ich mit ihr schimpfte, hob sie nur die Augenbrauen und entblößte die blassen rosa Lider in unschuldigem Erstaunen.
    Ihr nächstes Opfer war ein hübsches, sechzehnjähriges Mädchen, das eine Kalebasse voller Schnecken trug. Das Mädchen reagierte jedoch fast ebenso schnell wie Georgina. In dem Augenblick, als Georgina springen wollte, sah das Mädchen sie herankommen und sprang mit einem Angstschrei davon. Georgina erwischte dadurch nicht die Beine, sondern nur den herabhängenden Zipfel des Sarong; sie zog und hatte ihn plötzlich in den haarigen Händen. Die unglückliche Jungfrau stand da, so nackt wie am Tage ihrer Geburt. Georgina jubelte vor Entzücken, legte sich den Sarong wie einen Schal über den Kopf und schnatterte glücklich in sich hinein. Das arme Mädchen floh entsetzt in den Hibiskus und versuchte, ihre Blöße mit den Händen zu bedecken. Bob, der mit mir Zeuge dieses Zwischenfalles war, brauchte nicht zweimal gebeten zu werden hinunterzugehen, Georgina den Sarong zu entreißen und ihn der Jungfrau zurückzugeben.
    Bisher war Georgina bei diesen Scharmützeln Sieger geblieben. Am nächsten Morgen jedoch überspannte sie den Bogen. Eine nette, alte Dame, nicht weniger als 180 Pfund schwer, watschelte keuchend den Pfad zum Tor hinauf. Auf dem Kopf balancierte sie vorsichtig einen Marmeladeneimer mit Erdnußöl, das sie Philipp, unserem Koch, bringen wollte. Philipp, der die alte Dame erspäht hatte, stürzte aus der Küche, um sie zu warnen. Doch er kam zu spät. Lautlos wie ein Leopard sprang Georgina hinter der Hecke hervor, umklammerte die fetten Beine der alten Dame und stieß dabei ihr schreckliches Geheul aus. Die arme Alte war zu dick, um wie die anderen davonzuspringen. Wie angewurzelt blieb sie stehen; Georgina hatte ihre Fesseln liebevoll umfaßt. Die alte Dame schrie beinahe so laut wie Georgina. Während dieser zweistimmigen Kakophonie schwankte der Marmeladeneimer gefährlich auf dem Kopf der Alten. Da stapfte Philipp den Pfad herunter und schrie heisere Befehle, welche die alte Dame weder hören noch befolgen konnte. Als er sie erreichte, tat er etwas sehr Dummes; anstatt seine Aufmerksamkeit dem Eimer auf dem Kopf der Frau zuzuwenden, konzentrierte er sich auf ihre Beine. Er ergriff Georgina und versuchte sie fortzureißen, Georgina hingegen war nicht gewillt, ein so dralles, sympathisches Opfer ohne Widerspruch aufzugeben. Mit wütendem Geschrei hielt sie sich wie eine Klette fest. Philipp, der den Pavian um die Taille gefaßt hatte, zog mit Leibeskräften. Der Körper der Alten schwankte wie ein riesiger Baum kurz vor dem Fall. Der Marmeladeneimer gab den ungleichen Kampf auf und fiel, dem Gesetz der Schwerkraft folgend, krachend auf den Boden Als er aufschlug, sprang eine Welle von Öl hoch und überschüttete die drei Beteiligten mit einem goldenen, klebrigen Wasserfall. Georgina, erschrocken über diese neue, schurkische und vielleicht gefährliche Form der Kriegsführung, stieß ein erschrockenes Grunzen aus, ließ die Beine der alten Dame fahren und zog sich ans Ende ihrer Leine zurück. Sie setzte sich und versuchte, ihr Fell vom klebrigen öl zu säubern. Philipp sah aus, als schmölze er, von der Taille abwärts, langsam dahin. Der Sarong der Alten war völlig durchweicht.
    »Wah!« schrie Philipp, »du dumme Frau, warum du werfen dieses Öl herunter?«
    »Dämlicher Kerl! Dies Fleisch kommen mich beißen, Was ich machen?«
    Unsere Alte war nicht weniger ungehalten.
    »Dieser Affe nicht beißen, verdammte Närrin. Sein zahmer Affe«, brüllte Philipp, »du sehen, meine Kleider verdorben von Öl. Du sein schuld.«
    »Nicht meine Schuld! Nicht meine Schuld!« keifte die Alte. Ihre eindrucksvolle Leibesfülle bebte wie ein Vulkan; »deine Schuld, Buschmann. Und all mein Kleid verdorben. All mein Öl ’runtergefallen.«
    »Verfluchte, dämliche Frau!« trompetete Philipp, »du Buschfrau. Du werfen dies Öl ’runter... alle meine Kleider

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