Ein Komet fält vom Himmel
ich hinkommen?«
»Wir treffen uns auf der Bowlingbahn von Buddy Bill.«
»Okay!«
»Ich trage eine schwarze Perücke und eine Brille in einem rosa Gestell.«
»Und ich habe einen Bart und eine schreckliche Nickelbrille. Ich werde an Bahn III stehen.«
»Ich freue mich ja so! Ich hatte solche Angst.«
»Ende!« sagte Herp kurz und legte auf. Zu Gefühlsäußerungen hatte man noch immer Zeit. Die Hauptsache war: Lil war wieder in den USA. Wenn ganz Mitteleuropa vernichtet wurde und die Erde durch Zufall nicht auseinanderbrach, hatte man die Chance, zu überleben. Auf jeden Fall konnte man zusammen sterben, Arm in Arm.
In Herp Masters würgte es. Wie allen, die es jetzt bereits wußten, war es auch ihm unvorstellbar, wie man die Stunde des Weltuntergangs mit klarem Verstand erleben konnte. Vielleicht wurde man wahnsinnig … zweieinhalb Milliarden Irre, die zu Pulver wurden …
Eine Stunde später lehnte er an der Bowlingbahn Nr. III, sah den mit Eifer spielenden Männern und Frauen zu und malte sich aus, was geschehen würde, wenn er jetzt zu ihnen ginge und sagte: »Hört mal, Freunde … am 5. Januar ist …«
Sie würden ihn auslachen, einen Whisky spendieren oder ihm einen Tritt in den Hintern geben.
Und aus dem Weltall raste der Komet Kohatek heran, von allen Staaten der Erde mit völligem Stillschweigen bedacht. Größer und größer werdend … in jeder Sekunde immer 50 Kilometer näher an die Erde heran …
Von der Tür her kam Lil … in einem einfachen, scheußlichen Kleid, mit langen schwarzen Haaren und einer unmöglichen Brille. Sie sah aus, als wäre sie in den Slums zu Hause.
»Lil –«, sagte er leise, als sie neben ihm stand. Keiner beachtete sie. »Was bin ich froh, daß du gekommen bist. Der einzige Lichtblick …«
»Warum jagen sie dich?« flüsterte Lil. Sie küßte Herp schnell auf die Wange, eine schüchterne Zärtlichkeit. »In München war sogar der CIA bei mir. Was ist los?«
»Die Welt geht unter, Lil … am 5. Januar … das ist los.«
Sie sah ihn von der Seite an, hakte sich bei ihm unter und zog ihn von der Bahn III weg. »Komm mit ins Hotel«, sagte sie mit bebender Stimme. »Leg dich hin und ruh dich aus. Du bist ja ganz durcheinander.«
»Du glaubst mir auch nicht, Lil?«
»Später, Schatz, später.«
»Ich bin nicht verrückt! Ich weiß nur einige Tage früher, was man der Welt verschweigt und ihr dann zu spät mitteilen will!«
»Komm mit«, sagte Lil zärtlich. »Wir haben so viel Zeit, darüber zu reden. Ruh dich erst aus.«
Sie gingen hinaus und standen einen Augenblick auf dem Gehweg. Über ihnen wölbte sich ein herrlich klarer, kalter Dezemberhimmel. Eine Straße weiter brauste der Verkehr, schillerten Lichtreklamen. Happy Christmas …
Herp starrte in den Sternenhimmel. »Dort oben –«, sagte er heiser. »Von dort oben kommt das Ende heran.«
Sie küßte ihn, lachte ihn etwas verzerrt an und zog ihn mit zu dem kleinen Wagen, den sie gemietet hatte.
In Hack's Hotel, einem wirklich miesen Laden, der aber den Vorteil hatte, daß keiner jemanden fragte, zumal die Zimmer hauptsächlich stundenweise vermietet wurden und im Laufe eines Tages bestimmt sechsmal den Bewohner wechselten, legte sich Herp Masters auf das Eisenbett und starrte mißmutig an die Decke. Lil kochte auf einem zweiflammigen Elektrokocher einen starken Kaffee und hielt ihm die Tasse an die Lippen, als sei er ein Schwerkranker, der nicht allein trinken könne.
»Lil«, sagte er, indem er ihr die Tasse aus der Hand nahm und vorsichtig die heiße Brühe schlürfte, »es muß etwas geschehen! Da lebt die ganze Menschheit ahnungslos dahin, macht Geschäfte, betrügt sich, rafft Geld zusammen, zeugt Kinder, entwickelt Pläne, jobbt wie verrückt für die Zukunft … und es gibt gar keine Zukunft mehr. Alles, was sie jetzt tut, ist sinnlos! Und keiner sagt es ihnen.«
»Warum willst du es ihnen sagen, Herp?«
Er starrte sie an, als verstände er sie nicht. »Mein Gott –«, sagte er endlich leise, »hast du keine Angst, Lil?«
Sie lachte ihn an. »Vor dem Weltuntergang am 5. Januar? Nein!«
»Es ist wahr, Lil!« schrie er.
»Um wieviel Uhr, Liebling? Was ist der 5. für ein Tag?«
»Ein Samstag –«
»Wie zutreffend. Das Ende einer Woche ist zugleich das Ende der Welt. Die Regie da oben im Himmel stimmt. Ich werde am Freitag noch einmal zum Friseur gehen –«
»Am Freitag werden wir halb oder ganz wahnsinnig herumsitzen und zu dem Feuerschweif hinauf starren. 60 Millionen Kilometer
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