Ein Komet fält vom Himmel
auch.«
»Nein!« schrie Pohle auf. »Erika! Es gibt für euch nur noch Australien! Mein Gott, wie soll ich es bloß erklären?!«
Er sprang auf, rannte in der Wohnung herum und schlug die Fäuste gegeneinander. So sah er nicht, wie Erika am Telefon schnell eine Nummer drehte, ein paar Worte sprach und dann wieder auflegte.
»Gut«, sagte sie und hielt ihren Mann fest, als er wieder an ihr vorbeilief. »Wir fahren nach Australien. Zufrieden?« Sie gab ihm einen Kuß, doch ihre Lippen waren vor Entsetzen wie aus Eis.
Zehn Minuten später klingelte es an der Tür. Dr. Wendpfahl kam in die Wohnung und sah schon von der Diele aus, daß Peter Pohle im Wohnzimmer wie ein gefangenes Raubtier herumlief.
»Das haben wir gleich«, flüsterte er Erika zu, die plötzlich zu weinen anfing … die Kraft, ruhig zu sein, hatte sie verlassen. »Eine typische Überarbeitung. Die Nerven beginnen, Revolution zu spielen. Ich werde ihm eine sedierende Injektion geben, und morgen sieht die Welt schon ganz anders aus …«
Dr. Wendpfahl ahnte nicht, wie genau er damit den Nagel auf den Kopf traf. Am nächsten Morgen war der Komet Kohatek der Erde schon wieder 1.160.000 Kilometer näher.
Peter Pohle sah Dr. Wendpfahl mit einem Kopfschütteln entgegen. Erika hatte weinend die Tür hinter ihm geschlossen und ließ den Arzt mit ihrem Mann allein.
»Lassen Sie Ihre Tasche zu, Herr Wendpfahl«, sagte Pohle. »Ich bin nicht verrückt.«
»Das hat auch niemand behauptet.« Dr. Wendpfahl setzte sich auf die Couch. Pohle sieht miserabel aus, dachte er. Daß Sterngucken so anstrengend sein kann … »Sie sollten ausspannen, Herr Pohle. Sich immer nur mit den Spiralnebeln oder was sonst im Weltall herumschlagen, das muß ja einmal an die Nerven gehen.« Er lehnte sich zurück. Pohle lief vor ihm auf und ab wie ein hungriger Tiger. »Warum ausgerechnet Australien?«
»Ich darf es Ihnen ebensowenig erklären wie Erika.« Pohle blieb mit einem Ruck stehen. »In vierzehn Tagen werden Sie es verstehen … was sage ich … in zehn Tagen! Es gibt da Gründe, Herr Wendpfahl, Gründe auf Leben oder Tod …«
»Natürlich.« Dr. Wendpfahl öffnete seine Arzttasche, holte eine Spritze hervor, köpfte eine Ampulle und zog die Flüssigkeit in den Glaskolben. »Herr Pohle, vertrauen Sie mir, geben Sie mir Ihren Arm oder lassen Sie kurz die Hose runter. Sie werden ruhiger werden …«
»Herr Wendpfahl.« Pohle riß die Spritze aus der Hand des verblüfften Arztes und warf sie hinter sich an die Wand. »Das mag jetzt alles verrückt aussehen und klingen …«
»Allerdings –«
»… aber es ist nur Verzweiflung. Ein Kampf gegen die Zeit. Erika und die Kinder müssen nach Australien. Freitag mag das letzte Flugzeug starten, das sie noch hinbringen kann. Herr Wendpfahl, helfen Sie mir, Erika und die Kinder wegzubringen.«
Pohle hob flehend beide Arme. Dr. Wendpfahl nickte, sichtlich erschüttert, erhob sich, nickte Pohle zu und verließ das Zimmer.
In der Diele wartete Erika auf ihn.
»Ich muß es Ihnen sagen, Erika«, sagte der Arzt stockend. »Ihr Mann steckt in einer uns noch nicht faßbaren Psychose. Ich … ich schlage eine Beobachtung in einer Spezialklinik vor. Hier kann ich nichts mehr tun.«
Gegen elf Uhr abends wurde der Wissenschaftler und Astronom Dr. Peter Pohle von zwei kräftigen Männern in weißen Kitteln zu einem Krankenwagen gebracht. Man mußte ihn tragen, denn er war an Händen und Beinen gefesselt, steckte in einer Art Zwangsjacke und schrie immerfort: »Erika! Flieg nach Australien! Nach Australien! Ich flehe dich an … flieg Freitag nach Australien –«
Da er um sich trat, wurde er von den starken Männern gepackt und wie ein Paket in den Krankenwagen geworfen. Entsetzt starrten die Nachbarn dem sich schnell entfernenden Auto nach. Es war, als halle des Astronomen Schrei noch durch die kleine Straße: Nach Australien –
Es gibt einen einfachen, aber sehr wirksamen Trick, um aus einer Zwangsjacke wieder herauszukommen. Peter Pohle, der kein Profi darin war, gab die Not diesen Gedanken ein: Man spiele einen Erstickungs- und Herzanfall.
Die Fahrt zur Klinik dauert – das rechnete er schnell aus – eine halbe Stunde … dreißig Minuten Zeit also, die letzte Möglichkeit, sich aus der völligen Isolierung zu befreien. Denn eines war Pohle klar: Saß er erst einmal in einem der Zimmer, die man nur von außen öffnen konnte, gab es keinen Weg mehr ins Freie.
So fiel er plötzlich in sich zusammen, rang nach Atem, riß den
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