Ein Komet fält vom Himmel
koch mir einen starken Kaffee. Und einen Schuß Whisky vorher in die Tasse … sei lieb, Blondie …«
Lil Abbot sah Herp noch einmal lange an. Sie strich mit beiden Händen über seine Schultern, streichelte seinen Nacken und blieb mit den Fingern an seinen Halsseiten liegen. Plötzlich drückte sie zu, genau auf beide Halsschlagadern … es war ein gemeiner Griff, und Lil, die einmal eine Jiu-Jitsu-Ausbildung absolviert hatte, wußte genau, wie und wo man kräftig zudrücken mußte, um eine plötzliche Blutleere im Gehirn zu erzeugen.
Herp Masters saß zuerst wie erstarrt und begriff nicht, was sein Schäfchen da mit ihm machte. Dann merkte er, wie ihm schwindelig wurde, aber da war es schon zu spät, sich zu wehren. Lils Hände lagen wie Schraubstöcke an seinen Halsschlagadern, Herp schlug um sich, traf ins Leere, seine Augen trübten sich, er trat aus, wollte hochspringen, aber das Gehirn reagierte schon nicht mehr voll. Noch ein fester Druck, links ein Schlag mit der Handkante gegen den Hals … Herp Masters' Kopf sank nach vorn und prallte mit der Stirn in den Kinderdruckkasten, auf das Stempelkissen mit der roten Farbe.
Als Lil ihn wieder aufrichtete, sah es aus, als habe man Herp in die Stirn geschossen.
Gleich danach warf Lil den Druckkasten in den Müllschlucker, den man im Flur von Hack's Hotel nachträglich eingebaut hatte … der einzige moderne Komfort, aber auch nur, weil man kaum Personal hatte und Mrs. Hack zu faul war, die Abfallsäcke aus den Zimmern wegzutragen. Dann rannte Lil zurück ins Zimmer, löste fünf Schlaftabletten auf und flößte sie Herp mühsam ein. Sie zwang ihn zu Schluckbewegungen, und es gelang ihr, einen großen Teil des milchigen Wassers in ihn hineinzubringen.
Da Herp für sie zu schwer war, sie ihn also nicht ins Bett schleifen konnte, ließ sie ihn vom Stuhl auf den Fußboden gleiten und dort liegen.
Dann saß sie wieder am Fenster, starrte auf die belebte schmutzige Straße, sah den Kindern im dreckigen Schnee zu und kam sich gemein und hinterhältig vor.
Doch das wurde bald von der Angst verdrängt, die in sie hineinkroch, diese wahnsinnige Angst vor dem Tode. Eine Angst, die alle Nerven vibrieren ließ.
Ich halte nicht durch bis zum 4. Januar, dachte sie. Mein Gott, ich habe diese Kraft nicht. Ich werde Herp und mich früher töten müssen, bevor ich wirklich wahnsinnig werde …
In seinem kleinen Zimmer auf dem Mount Hillary saß Prof. Mortonson vor seinem Tagebuch. Er war aus Washington zurückgekommen, wo er in einem Geheimgespräch erneut Präsident Garrison und Außenminister Messanger über den neuesten Berechnungsstand unterrichtet hatte.
Der Komet spielte verrückt. Er benahm sich im Weltall wie ein Betrunkener. Aber die Richtung behielt er bei … direkt auf die Erde zu. Nur wagte jetzt niemand mehr zu sagen, wo er die Erde treffen und aufreißen würde … ob in Zentraleuropa, im asiatischen Rußland einschließlich China oder sogar in den USA mit Kanada. Im Endeffekt war es ja auch gleichgültig … alles Leben auf der Erde wurde vernichtet.
Mortonson schrieb ein paar Zeilen und griff dann in die Schreibtischschublade. Er holte einen kleinen verchromten Kasten hervor, wie ihn Ärzte zum Transport von Injektionsspritzen gebrauchen, öffnete ihn, holte eine Spritze heraus, setzte eine dünne Nadel ein und legte sie aufzugsfertig auf das mit Alkohol getränkte Wattebett des kleinen Kastens. In einer Ausbuchtung lagen zwei Ampullen mit einer bräunlichen Flüssigkeit.
»Ich habe nicht die Kraft, die Richtigkeit meiner Berechnungen zu erleben und in dieser Sekunde der Gewißheit zu sterben«, schrieb Mortonson in sein Tagebuch, von dem niemand erfahren würde. »Ich bin ein schwacher, feiger Mensch, der jetzt, die Wahrheit vor Augen, kapituliert. Ich kann nicht anders … wenn es einen Gott gibt, dann weiß ich jetzt, daß er Rache nimmt für mehrere Jahrtausende menschlicher Gemeinheit. Aus einer Naturkatastrophe geht sie jetzt unter … das ist absolute Logik. Aber ich kann sie nicht mehr ertragen …«
Er schloß sein Tagebuch, lehnte sich zurück und starrte an die Decke.
Mortonson wartete, bis die Nacht gekommen war. Er hatte zwar die Spritze mit der bräunlichen Flüssigkeit aufgezogen, aber ihm fehlte jetzt der Mut zu dem letzten Schritt. So ausweglos seine eigene und die Situation der gesamten Menschheit war, ein winziger Hauch von Lebensoptimismus hielt ihn noch über dem Abgrund fest.
Er ging hinüber zu dem großen Kuppelsaal, in dem das
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