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Ein Komet fält vom Himmel

Ein Komet fält vom Himmel

Titel: Ein Komet fält vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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riesige Teleskop aufgestellt war, jenes Wunderwerk der Technik, mit dem man Millionen Lichtjahre weit ins All blicken konnte. Entfernungen, deren Zahlen ein normaler Mensch überhaupt nicht begreift, und bei denen er nur den Kopf schüttelt, wenn man von Trilliarden spricht und ihm eine Zahl mit zig Nullen vorlegt.
    Mortonson setzte sich hinter den kleinen Schirm, auf dem elektronisch projiziert der Abschnitt des Himmels wiederkehrte, den das Spiegelauge des Mount Hillary einfing. Mortonsons Kollegen, die in dem Kuppelsaal saßen oder standen, beobachteten ihren Chef stumm und bedrückt.
    Der Komet Kohatek war – für einen Astronomen – bereits ›greifbar‹ geworden. Deutlich sah man ihn, ihn, der sich heller von den anderen Sternen abhob; hinter ihm war schwach der Nebel seines 60 Millionen km langen Feuerschweifes zu erfassen. Ein Tod in faszinierender Gestalt.
    Mortonson schob sich von dem Beobachtungsstuhl und schritt die paar Stufen vom Teleskop hinunter. Er ging nach vorn gebeugt, in ein paar Tagen zum Greis geworden.
    »Haben wir Nachricht von Sotow?« fragte er in die Mauer seiner Assistenten hinein.
    »Nein. Nowo Kjusnow antwortet nicht mehr. Es kommt einfach keine Telefonverbindung mehr zustande. Es scheint, als habe man Professor Sotow völlig isoliert.«
    »Natürlich hat man das.« Mortonson wischte sich über das Gesicht, die Geste eines Mannes, der aufgegeben hat. »Und Gustafsen?«
    »Bestreitet weiter unsere Berechnung, Herr Professor.«
    »Dr. Pohle?«
    »Ist verreist, sagte man uns aus St. Agatha.«
    »Cobernet in Paris?«
    »Tobt und nennt uns alle Idioten! Er wird morgen in der französischen Presse einen Artikel veröffentlichen. Er will aus dem Kometen ein ›Volksschauspiel‹ machen, die Menschen sollen ihn fotografieren. Für das beste Amateurfoto setzt sein Institut 10.000 Francs aus.«
    »Irrsinn! Alles Irrsinn!« schrie Mortonson. »Die Menschen werden auf der Straße stehen oder auf den Dächern hocken, die Kamera in der Hand, und werden verbrennen oder vergast werden.«
    »Prof. Cobernet bleibt dabei, daß Kohatek 250 Millionen km entfernt an uns vorbeizieht.«
    »Ist er denn blind?!« rief Mortonson. »Was er da publiziert, ist ein Verbrechen.«
    »Vielleicht nicht.« Einer der Assistenten senkte den Kopf, als Mortonson ihn starr anblickte. »Die Franzosen werden mit der Freude, Bilder zu knipsen, sterben. Ihre Panik wird nur ein paar Minuten dauern. Die anderen Menschen dagegen … Ich halte Cobernet für einen großen Psychologen, und der französische Staat spielt mit. Das ist bewundernswert.«
    Mortonson antwortete nicht. Er sah seine Mitarbeiter der Reihe nach kurz an und nahm so stumm von ihnen Abschied. Dann wandte er sich schroff ab, ging in sein kleines Privatzimmer zurück und setzte sich wieder vor die gefüllte Injektionsspritze. Er krempelte das Hemd am linken Arm hoch, betrachtete seine Vene in der Armbeuge, die gut sichtbar war, und griff dann nach der Spritze.
    Man fand Prof. Mortonson erst am Morgen, als die Putzfrauen durch die Zimmer gingen.
    Er saß in seinem Sessel, den Kopf zur Seite, als schlafe er. Nur sein bleiches, von bläulichen Flecken durchsetztes Gesicht zeigte an, daß hier ein Toter saß.
    Ohne viele Worte wurde Mortonson weggeschafft. Und da er keine Hinterbliebenen hatte, wurde er sofort nach der Obduktion eingeäschert. Das völlige Stillschweigen begleitete ihn auch auf dem letzten Weg.
    Er war der erste, der durch den Kometen Kohatek starb.
    Die Kommandozentralen der mit Atomsprengköpfen ausgerüsteten Raketenbatterien hatten Alarm bekommen. Aus den unterirdischen Verstecken, den Bunkern mit den meterdicken Mauern und Decken aus Spezialbeton mit Strahlenschutz, wurden die Wasserstoffbombenköpfe hervorgeholt und zu den Abschußrampen gebracht. Sowohl in Rußland wie in den USA wunderten sich die Raketenfachleute über diese sinnlos scheinende Feuerbereitschaft. Die zuständigen Minister standen in dauernder Telefonverbindung, die Kommandeure der Raketenbatterien hatten zu jeder Minute greifbar zu sein … in Washington und in Moskau wurde rund um die Uhr gearbeitet … und gewartet.
    Im Weltraumzentrum von Houston wurde gerechnet. Die Computer surrten, klickten und brummten. Man rechnete die günstigste Abschußzeit aus. Es war die einzige und größte Chance, die Erde zu retten … den Kometen Kohatek in sicherer Entfernung mit Atomraketen zu zersprengen. Es gab dann immer noch einen feurigen Regen, vielleicht würden Millionen Menschen

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