Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Komet fält vom Himmel

Ein Komet fält vom Himmel

Titel: Ein Komet fält vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
nachschrien, schien er nicht mehr zu hören … doch jeder Abdruck seiner Schuhe im Schnee färbte sich rot.
    Als er hinter sich die Schritte der Verfolger hörte, begann er zu rennen und spürte nicht, wie aus seinen beiden aufgeschlitzten Beinen das Blut spritzte …
    Sie holten ihn erst vor dem großen Ausfahrtstor ein, und auch nur deshalb, weil der Blutverlust zu groß war.
    Er lag auf dem Rücken, die Beine angezogen, und schlug um sich, als sie ihn hochheben wollten.
    »Ich will zu meiner Frau!« schrie er mit letzter Kraft. »Ich will bei ihr sein, wenn es passiert … loslassen! Loslassen!«
    Der Pförtner starrte entsetzt auf den 2. Oberarzt, der sich im blutigen Schnee wälzte. Dann wurde er abgedrängt, andere Ärzte bemühten sich um ihren Kollegen, banden ihm mit Ledergürteln, die sie rasch von ihren Hosen abmachten, beide Beine ab und trugen ihn in die Glaskabine des Pförtners. Von dort riefen sie in der chirurgischen Klinik an, der Krankenwagen der Psychiatrischen Klinik fuhr vor, man schnallte den noch immer um sich schlagenden Oberarzt fest, gab ihm eine Spritze und brachte ihn in rasender Fahrt weg.
    An beiden Beinen waren die Arterien zerschnitten, das Gesicht sah aus, als sei es in einen Mixer geraten.
    »Wie konnte er bloß noch diese Strecke laufen …«, sagte der Chefarzt leise, als man langsam zum Ärztekasino zurückging. »Mit diesen Wunden! Welche Verzweiflung, meine Herren!« Er stockte, blickte zurück auf die blutigen Fußspuren und senkte dann den Kopf. »Ich könnte es ihm nachmachen. Warum läßt man uns nicht zu unseren Familien?«
    »Sie kennen den Geheimhaltungsbefehl.« Der Regierungsrat vom Bundesverfassungsschutz hakte sich bei dem Chefarzt unter. Es sollte freundschaftlich sein, aber es war gleichzeitig eine Sicherung. Jeder begriff das.
    »Und wenn wir einen Eid ablegen, daß wir die Wahrheit verschweigen?«
    »Kann man diesen Eid überhaupt halten? Sie sehen Ihre Frau an, Ihre Kinder und wissen, daß vielleicht übermorgen … können Sie da noch schweigen?«
    »Nein!« sagte der Chefarzt ehrlich. »Nein! Das übersteigt jede menschliche Kraft. Gehen wir, meine Herren. Warten wir den 5. Januar ab.«
    Er senkte wieder den Kopf. In den Himmel zu blicken erforderte jetzt schon übermenschliche Kraft. Der Schweif des Kometen überzog das nächtliche Gewölbe wie ein zerfasertes goldenes Band …
    5. Januar.
    Im Weißen Haus hatte sich alles versammelt, was zu Garrisons nächster Umgebung gehörte. Auch seine Frau, seine Kinder und Schwiegersöhne waren da, die Generäle hatten ihre Gala-Uniform mit allen Orden angelegt. Es war null Uhr, die Glocken auf dem ganzen Kontinent begannen zu läuten. Auf Amerikas Straßen tobte das völlige Chaos.
    In Moskau, dort war jetzt Tag, saßen der Ministerrat und das Parteigremium betreten um den langen ovalen Tisch. Sonst lief das Leben in Rußland und in Europa ahnungslos weiter.
    Voroucov hatte Garrison zuerst angerufen, als die Niederlage offenkundig geworden war. Der Atomfeuerschlag der Menschheit gegen den Kometen Kohatek war eine Farce gewesen. Ein Witz, über den die Naturgewalten, die dort oben zu einem Klumpen von eintausend Milliarden Tonnen geballt worden waren, zu lachen schienen.
    Die Beobachtungsstellen hatten nicht einmal ein Aufblitzen gesehen … es war, als habe der Komet die Atomsprengköpfe in sich aufgesogen.
    Dem aber war nicht so. Es war nur passiert, was Sotow schon damals vorhergesagt hatte. Die ungeheure Kraft des Magnetfeldes, das den Kometen wie eine Aura umgab, hatte die Atomraketen zerplatzen lassen, noch bevor sie überhaupt in den inneren Bereich des Kohatek eindringen konnten. Unbeirrt zog der Komet seine Bahn – im Augenblick 100 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.
    Das hört sich gewaltig an, aber an den Verhältnissen im Weltall gemessen war es nur noch ein Schritt.
    »Wir haben alles getan, was Menschen tun konnten«, sagte Garrison zu Voroucov. »Jetzt können wir nur noch warten … und ich werde beten.«
    »Ich rufe Sie morgen wieder an, Herr Präsident«, sagte Voroucov.
    »Tun Sie das bitte. Ich würde mich freuen …«
    Garrison legte auf. Dann sah er Messanger an, der mit dem zweiten Hörer mitgehört hatte.
    »Sein Optimismus ist ansteckend«, sagte Messanger. »Ich schließe mich ihm an. Ich habe Appetit auf einen guten Whisky.«
    Das Läuten der Glocken drang herein. Und die Glocken bewirkten, woran niemand gedacht hatte. Das Morden auf den Straßen hörte auf. Die Menschen fielen auf

Weitere Kostenlose Bücher