Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
giftig. »Da ist jetzt niemand, und man hat Liegemöglichkeiten genug.«
    »Wir werden darüber noch miteinander reden!« meinte Abukow ruhig, faßte Novella fester um die Hüften und zog sie mit sich fort zum Hospital. Nach einigen Metern schien er es sich anders zu überlegen, schwenkte seitlich ab und schleppte sie hinüber zum Zentralmagazin des fetten Gribow.
    Mit zusammengezogenen Augen blickte Larissa Dawidowna ihnen nach, trat dann mit den Stiefelspitzen in den Boden, wirbelte den gelben Staub auf und benahm sich wie ein angebundenes Pferd, das ausbrechen will. Dann warf sie sich mit einem Ruck herum, stapfte zum Lagertor und blickte über den Appellplatz. Die letzten noch stehenden Sträflinge hatten sich weggeschleppt, aber noch über zweihundert Ohnmächtige lagen verkrümmt am Boden in der Glut der Sonne. Härtere Gemüter als Novella konnten da von Ekel und Entsetzen geschüttelt werden.
    Die Tschakowskaja stand fast eine Minute regungslos am Lagertor. Drei Offiziere gesellten sich zu ihr, sprachen sie an, redeten auf sie ein – aber sie schien kein Wort zu verstehen und reagierte nicht. Plötzlich löste sie sich aus der Erstarrung und ging zurück.
    Vor dem Hospital traf sie auf Chefingenieur Morosow. Er rauchte nervös eine Papyrossi und hatte der Hitze und der Erregung wegen sein Hemd bis zum Gürtel aufgeknöpft.
    »Sind Sie der Chefarzt hier?« fragte er, als die Tschakowskaja an ihm vorbeigehen wollte.
    »Ja!« Sie blieb stehen und betrachtete seine breite, haarige nackte Brust. Ein verrückter Gedanke sprang sie an: Paß auf, Victor Juwanowitsch Abukow! Mach die Augen auf! Wäre es dir wirklich gleichgültig, wenn ich vor Morosow mein Bett aufdecke? Könntest du zusehen, wie ich ihn mit meinen Armen zu mir ziehe? Und zusehen wirst du, warte es nur ab!
    Sie lächelte Morosow an, ihre schrägen Augen blitzten.
    »Wann … wann sind die Männer wieder einsatzfähig?« fragte der Ingenieur.
    »Ich weiß es nicht, Genosse.«
    »Der Kommandant sagt: übermorgen.«
    »Rassul Sulejmanowitsch ist ein witziger Mensch!«
    »Er meinte es ernst.«
    »Dann ist er ein Heiliger, der Wunder vollbringen kann. Ich rufe ihn gleich an und werde ihn auffordern, sofort damit zu beginnen.« Sie warf den Kopf in den Nacken, zeigte ihre schönen Zähne und wölbte die Brust heraus. »Kommen Sie mit zu mir, Genosse?«
    »Ich bin Chefingenieur Wladimir Alexejewitsch Morosow …«
    »Das weiß man doch.« Sie lachte wieder mit einem girrenden Ton. »Was hat man nicht schon alles von Ihnen gehört! Stammt von Ihnen nicht die Idee der ›Unterwassermethode‹, nach der Sie die Pipeline als eine Art riesigen Gummischlauch unter den großen Flüssen hindurchführen wollen?«
    »Nein, das ist der Plan von Wladimir Pelepenko.«
    »Ich wußte es doch – es war ein Wladimir.« Die Tschakowskaja legte den Arm um Morosows Schulter. Eine herrliche Genugtuung war es ihr, daß gerade jetzt, am Eingang zum Zentralmagazin, Abukow sich noch einmal umdrehte und zu ihr hinblickte. Novellas Kopf lag an seiner Schulter, sie schien das Abschleppen zu genießen. O du Hurenaas, dachte Larissa. Begreif trotz aller Dummheit, wie gefährlich es werden kann, mich zur Feindin zu haben. Du ahnst nicht, was dich erwartet …
    »Kommen Sie herein, Wladimir Alexejewitsch!« sagte sie und lachte völlig sinnlos. »Wir wollen gemeinsam überlegen, was getan werden kann.«
    In ihrem Untersuchungszimmer angekommen, rief sie sofort Rassim an. Morosow stand am Fenster und sah zu, wie die Wachkompanie aus dem Lager marschierte. Die Aktion war beendet – sie hatte über tausend Menschen gepeinigt, aber nicht den Mörder gebracht.
    »Der Genosse Chefingenieur ist bei mir«, sagte Larissa Dawidowna ins Telefon und knöpfte dabei ihren Uniformrock auf. Morosow trat sofort hinter sie und streifte ihn von ihren Schultern. »Er will seine Arbeitsbrigaden wiederhaben. Was soll ich ihm sagen?«
    »Er soll Sie am Arsch lecken, meine Süße!« knurrte Rassim in den Hörer.
    »Das ist nicht mein Geschmack, Rassim. Darf ich ihn zu Ihnen hinüberschicken?«
    »Vielleicht hilft Dshuban Kasbekowitsch aus?« brüllte Rassim. »Welch ein Aufhebens! Übermorgen hat er seine Kolonnen.«
    »Dann beantrage ich die Lieferung von dreihundert Handkarren oder fünfzig Lastwagen.«
    Einen kurzen Augenblick schwieg Rassim. Es war so, als schüttele er sich und starre entgeistert gegen die Zimmerdecke. Nein, so etwas – die Tschakowskaja hat sich betrunken!
    »Endlich!« sagte er dann

Weitere Kostenlose Bücher